Einsatz in Kreuzberg: CDU: Video soll Polizei verunglimpfen
Seit zwei Tagen wird im Internet über einen Polizeieinsatz in der Görlitzer Straße diskutiert. Im Netz kursiert ein Video. Der Generalsekretär der Berliner CDU, Kai Wegner, sprach jetzt von einem Propagandafilm, der die Polizei verunglimpfen soll.
"Das Video des Polizeieinsatzes ist offensichtlich ein Propagandafilm, der in verleumderischer Absicht zusammenmontiert wurde", erklärte am Dienstag der Generalsekretär der Berliner CDU, Kai Wegner. Er sprach von einem "durchsichtigen Manöver aus der extrem linken Ecke, um das gesellschaftliche Klima zu vergiften und die Polizeikräfte verächtlich zu machen". Wegner nannte es "unverantwortlich, wenn Politiker der Linkspartei in dieselbe Kerbe hauen und versuchen, Vorurteile gegen Polizistinnen und Polizisten zu schüren". Linke Aktivisten sprechen indes von "massiver Polizeigewalt", die durch das Video dokumentiert wird.
Ausgelöst wurde die Diskussion durch einen Einsatz am Sonnabend. Am späten Nachmittag war die Polizei zum Görlitzer Park gerufen worden. Dort hatten sich zuvor etwa 20 Personen eine Massenschlägerei geliefert. Ein 25-Jähriger war dabei am Ohr verletzt worden und trug eine stark blutende Wunde davon. Nach Angaben eines Polizeisprechers war das Ohr "halb abgetrennt" worden. Als die Beamten zum Vorfall ermitteln wollten, mischten sich laut Polizei mehrere Personen ein, die zuvor an der Demonstration "Bleiberecht für alle Flüchtlinge" teilgenommen hatten. Auch andere Anwohner und Passanten beteiligten sich.
Besonders ein 22-Jähriger tat sich dabei nach Darstellung der Polizei negativ hervor. Demnach stellte er sich den Beamten mehrfach in den Weg und behinderte sie bei der Arbeit. "Er verhinderte, dass die Beteiligten der Schlägerei ermittelt werden konnten", erklärte die Polizei. Demnach sei der junge Mann mehrfach des Platzes verwiesen worden, habe dies aber ignoriert. Daraufhin führten ihn die Beamten zur Ecke Görlitzer Straße/Falckensteinstraße, um ihn einer Identitätsüberprüfung zu unterziehen. Anschließend sollte ein "qualifizierter Platzverweis" erteilt werden.
Video zeigt harten körperlichen Einsatz von Polizisten
Im Internet tauchte dann ein Video auf, dass die nun folgenden Ereignisse dokumentiert. Darauf ist zu sehen, wie der junge Mann nach der Aufforderung "Ausweis her!" beiseite gedrängt und nach einem kurzen Handgemenge von drei Polizisten überwältigt wird. Nach Darstellung der Polizei hatte der 22-Jährige versucht, sich der Ausweiskontrolle durch Flucht zu entziehen - daher habe man ihn zu Boden gebracht. Der junge Mann versucht noch mehrfach, sich wieder aufzurappeln. Die Beamten bekommen daraufhin Hilfe von einem vierten Polizisten. Gemeinsam pressen sie ihn mit ihrem Körpergewicht auf den Boden und drücken ihm das Knie in den Nacken, bis sich der 22-Jährige kaum noch bewegen kann.
Als der junge Mann am Boden liegt, mischen sich mehrere andere Passanten in die Auseinandersetzung ein. Laut Polizei sollen daran bis zu 60 Personen beteiligt gewesen sein. Auf dem Video ist zu sehen, wie Passanten lautstark auf die Beamten einreden und versuchen, zu dem am Boden liegenden Mann zu gelangen und ihm zu helfen. Beamte in Zivil und in Uniform schirmen den Mann ab; sie haben ihr Pfefferspray einsatzbereit in der Hand. Erst als Beamte einer Einsatzhundertschaft auf den Plan treten, beruhigt sich die Lage wieder.
Polizei: Beamte wurden mit Reizgas attackiert
Nach Angaben der Polizei wurden während der Aktion zwei Fahrräder auf die Beamten geworfen, ein Polizist wurde am Kopf getroffen und trug eine Gehirnerschütterung davon. Außerdem seien die Beamten mit Reizgas attackiert worden; auch sei einem Polizisten in den Finger gebissen worden. Die Beamten selbst hätten kein Pfefferspray eingesetzt, erklärte ein Sprecher. Außerdem würde das Video nur einen "Ausschnitt der Ereignisse" zeigen: "Sowohl während der veröffentlichten Videosequenz als auch danach kam es zu gewalttätigen Angriffen gegen die Polizisten, die in dem Filmausschnitt nicht zu sehen sind", teilte die Polizei mit.
Kritik an "massiver Polizeigewalt" - bisher keine Anzeige gegen beteiligte Beamte
Die Veröffentlicher des Videos kritisieren hingegen die "massive Polizeigewalt" und "Körperverletzung diverser Zivilisten" während des Einsatzes. Ein Polizeisprecher nahm seine Kollegen in Schutz: "Der Mann hat hartnäckig die Ermittlungen zu einer schweren Straftat gestört. Er hat versucht, sich einer Identitätsfeststellung zu entziehen – und da sind die Beamten befugt, unmittelbaren Zwang einzusetzen." Eine endgültige Bewertung des Vorfalls könne aber erst nach Auswertung aller Aussagen erfolgen. Der Sprecher betonte, dass bisher keine Anzeige gegen die beteiligten Polizisten gestellt worden sei.
GdP-Landesvorsitzende ist "erschüttert" über Vorfälle
Kerstin Philipp, Landesbezirksvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), zeigte sich "erschüttert" über die Vorfälle. "Immer häufiger eskalieren die normalsten Situationen wie jetzt die Aufnahme von Personalien und werden zur Gefahr für die eingesetzten Beamtinnen und Beamten“, sagte Philipp, "es muss ein Umdenken in den Köpfen, also in der Gesellschaft passieren."
Ermittlungen wegen schweren Landfriedensbruchs und versuchter Gefangenenbefreiung
Gegen den 22-Jährigen, einen anderen Mann im Alter von 46 Jahren sowie eine 23-jährige Frau wird nun wegen gefährlicher Körperverletzung, versuchter Gefangenenbefreiung und schweren Landfriedensbruchs ermittelt. Insgesamt wurden sechs Polizisten bei dem Einsatz verletzt. Über weitere Verletzte wurde zunächst nichts bekannt.