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Lars Ruppel trat im Dichterwettstreit gegen Leipzig für Berlin an.
© imago

Poetry Slam der Städte in Kreuzberg: Berlin gegen Hypezig

Berlin oder Leipzig? Welche Stadt ist die tollere? Ein Poetry Slam im SO36 soll Klarheit schaffen, was an "Berlin is over" und "Hypezig" stimmt.

Bierbänke im SO36, das war auf den ersten Blick eher ungewöhnlich. Dabei findet hier zweimal im Monat ein Poetry Slam statt. Am Dienstag kam es zu einer besonderen Ausgabe: Berlin gegen Leipzig. Je fünf Poeten traten pro Stadt an, verschiedene Leute aus dem Publikum wurden mit Punktetafeln ausgerüstet. Von eins, wie langweilig, bis zehn, wie atemberaubend, konnten sie die Slamer, beziehungsweise ihre Heimatstädte, bewerten.

Das studentische Publikum quetschte sich auf die Bierbänke, der Boden war bis zum Ausgang belegt. Viel Club Mate, hohe Jutebeutel-pro-Kopf-Quote. Besonders beliebt sei Rhabarber-Schorle, meint eine Barkeeperin mit Tunnel. Das Getränk kommt aus Norddeutschland und schmeckt sehr sauer, eine Flasche reicht. Berlin und Leipzig dichteten um den Hype. Beim Hinspiel in Leipzig ging es darum, welche Stadt hipper ist, wo die Club Mate am besten schmeckt und wo die Schwaben in Zukunft hinziehen werden. Leipzig konnte den Dichterwettstreit für sich entscheiden.

Rückspiel in Berlin

Nun das Rückspiel in Berlin. „Wisst ihr was Poetry Slam ist?“ fragt Sebastian Lehmann zu Beginn, der mit Poetry Slam Vater Wolf Hogekamp moderierte. Die Studenten schweigen schüchtern. Es wird als nein gedeutet. „Was macht ihr denn dann mit eurem Leben?“ Poetry Slam ist in Berlin etabliert, fast jeden Abend kann man in irgendeiner Bar auftreten oder zuhören.

Die patriotischen Moderatoren kündigten an: „Heute slamt Berlin gegen Zwickau..äh..Dresden..äh..Leipzig.“ Während in der ersten Hälfte noch nicht angegriffen wurde, machte nach einer guten Stunde dann Bleu Broode aus Leipzig den Mund auf. Er sieht aus wie McFitti ohne Schnauzer und Sonnenbrille, ansonsten Vollbart, türkises Hemd und schwarze New-York-Kappe. Statt über die Stadt macht er sich über das Aussehen der Berliner Slamer lustig: „Sarah sieht aus wie eine zweifache Mutter, aber wer will von der schon Kinder haben?“ Zehn Minuten später entschuldigt sich André Herrmann, ebenfalls aus Leipzig, für die Worte seines Kollegen.

„Berlin zu dissen ist wie auf einen Junkie einzutreten“

„Wir haben ihn exmatrikuliert“, sagt er. Anscheinend ist Leipzig doch nicht mehr als eine Studentenstadt. André Herrmann schreibt einen Blog mit dem Titel „Hypezig- Bleibt doch bitte in Berlin“, auf dem er Texte gegen das Klischee-Berlin sammelt. Er nennt seinen Text „Abgesang auf den Berlinhype“ und startet: „Berlin zu dissen ist wie auf einen Junkie einzutreten“. Für ihn besteht Berlin lediglich aus je einem Drittel Kinderwagen, Kulturstudenten und Spaniern. Nur auf dem BER werde weniger gearbeitet als in Berlin. Aber auch er spricht über die Berliner Slamer: „Wenn man in euren Klamotten durch den Kiez geht, sinken die Mieten von allein“. Dafür bekommt er das erste Mal zehn Punkte, vom Berliner Publikum.

Die Berliner drücken sich vor der Kritik an Leipzig. Was soll man auch zu Leipzig sagen? „Leipzig ist in der Aufbauphase des Hypes, hier gehört er der Vergangenheit an“, sagt Maik Martschinkowsky.

Die Texte der beiden Städte haben sich dann am Ende nicht großartig unterschieden, beide wollten gegen den Hype texten. Leipzig gegen den künftigen und Berlin gegen den vergangenen. Aber so richtig ernst war den Poeten das Städtebattle dann doch nicht. Die meisten Punkte bekam Lars Ruppel mit einem Text über einen mutwilligen alten Schweden, der für die schlechte Qualität von Ikea-Möbeln verantwortlich ist.

Am Ende gewinnt Berlin mit dreißig Punkten Vorsprung. So schlecht kann es also nicht um die Hauptstadt stehen.

Simon Grothe

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