Hundeverbot am Schlachtensee: "Ausgrenzung von Hundehaltern: Diskriminierend und unsozial"
Nach Bündnis 90/Die Grünen äußert sich nun der Fraktionsvorsitzende der SPD in Steglitz-Zehlendorf, Norbert Buchta, zum geplanten Hundeverbot an Schlachtensee und Krummer Lanke. Er fordert in seinem Beitrag für den Tagesspiegel Zehlendorf unter anderem zunächst eine verlässliche Rechtsgrundlage.
In vier Wochen soll das Hundeverbot an Schlachtensee und Krumme Lanke umgesetzt werden. Das kompromisslose Durchdrücken dieses Verbots seitens der grünen Umweltstadträtin Markl-Vieto ist undemokratisch, fußt teilweise auf sachlich falschen Begründungen und wird diesem sehr sensiblen Thema nicht gerecht.
Die SPD-Fraktion hat diesen Beschluss des Bezirksamts Mitte Januar 2015 öffentlich gemacht und die Diskussion angestoßen.
Zu keinem Zeitpunkt sind wir Partei einer der Interessengruppen. Wir kritisieren den politischen Umgang mit dem Hundeauslaufgebiet, formale und inhaltliche Fehler der Kenntnisnahme, die fehlende Bürgerbeteiligung sowie die fehlende Einbeziehung der politischen Gremien. Wir kämpfen für einen fairen Interessenausgleich ALLER Nutzer des Naherholungsgebietes von Schlachtensee und Krumme Lanke.
Rücksichtnahme, Toleranz und Verständnis
Schlachtensee und Krumme Lanke sind stark frequentierte Naherholungsgebiete im Südwesten Berlins. Seit Jahren bestehen hier ungelöste Konflikte. Spaziergänger mit und ohne Hund, Badegäste, Jogger und Radfahrer bevölkern den Uferweg, der in den letzten Jahren mit EFRE-Mitteln saniert (EFRE: Europäischer Fonds für Regionale Entwicklung, Anm. der Red.) und ausgebaut wurde.
Rücksichtlose Nutzer vermüllen Badestellen und Uferbereiche. Rücksichtslose Nutzer haben ihre Hunde nicht im Griff. Rücksichtslose Nutzer radeln unbeeindruckt durch die Menschenmenge. Keine Nutzergruppe kann von sich aus behaupten, sie machen alles richtig und „es seien immer die Anderen“. Zur Wahrheit gehört auch, dass sich nur ein geringer Teil der Nutzer grob falsch und uneinsichtig verhalten. Der überwiegende Teil der Besucher beider Seen verhält sich rücksichtsvoll und wird nun abgestraft.
Wir wollen, dass Rücksichtnahme, Toleranz und Verständnis für den Anderen wieder im Fokus steht. Dies würde die Situation an den beiden Seen schon jetzt spürbar entspannen.
Wir sind der Ansicht, dass die Naherholung an den Uferbereichen allen Nutzergruppen zu ermöglichen ist. Die Ausgrenzung einer Nutzergruppe ist diskriminierend, unsozial und fördert weiter Unzufriedenheit sowie Ressentiments. Es ist uns bewusst, dass es hierzu einiger Regeln bedarf, die notfalls mit Kontrollen des Ordnungsamts rechtskonform durchgesetzt werden müssen.
Eingedenk dieser Tatsache hat sich die SPD-Fraktion bereits seit Jahren dafür eingesetzt, Möglichkeiten für ein Miteinander auszuloten. Wir haben einige Vorschläge in die Bezirksverordnetenversammlung eingebracht, die leider oftmals durch eine bürgerliche schwarz-grüne Mehrheit abgelehnt wurden.
Der Beschluss des Bezirksamts vom Januar 2015 ist aber keine Grundlage für ein faires Miteinander und steht rechtlich auf wackligen Füßen. Eine Bürgerinitiative bereitet bereits eine Klage vor, die wohl große Aussicht auf Erfolg zu scheinen hat.
EU-Badegewässer und Grünanlagengesetz
Was bedeutet eigentlich EU-Badegewässer? Die Badegewässerordnung dient damit dem Schutz der Umwelt und der Gesundheit des Menschen. Diese Verordnung bestimmt die Anforderungen an die Überwachung und Einstufung der Qualität von Badegewässern, die Bewirtschaftung der Badegewässer hinsichtlich ihrer Qualität und die Information der Öffentlichkeit über die Badegewässerqualität. Eine Regelung von Badestellen ist dort nicht enthalten.
Schlachtensee und Krumme Lanke erhalten seit Jahren Bestnoten bei der Qualität des Wassers. Es gibt keine Erkenntnis darüber, dass sich dies ändern sollte. Glaubt man der grünen Umweltstadträtin und ihrer Begründung, sind beide Seen kurz vor dem biologischen Kollaps. Uferbereiche werden durch Maßnahmen der Berliner Forsten geschützt. Die Vegetation hat sich vielerorts gut entwickelt. Es gibt nur wenige Bereiche, an denen man als Badegast frei ans Wasser gehen kann.
Die Vorschriften über das Halten und Führen von Hunden richten sich nach dem Grünanlagengesetz. Es besagt, dass öffentliche Grün- und Erholungsanlagen nur so benutzt werden dürfen, wie es sich aus der Natur der einzelnen Anlage und ihrer Zweckbestimmung ergibt. Die Benutzung muss schonend erfolgen, so dass Anpflanzungen und Ausstattungen nicht beschädigt, verschmutzt oder anderweitig beeinträchtigt und andere Anlagenbesucher nicht gefährdet oder unzumutbar gestört werden. Es bedarf keiner Änderung der bestehenden Rechtslage, sondern nur der Umsetzung bestehendes Rechts.
Dieses gilt für alle Nutzergruppen! Zerstörung, Vermüllung und Grillen sind nach der Verordnung jetzt schon verboten. Radfahrer haben sich unterzuordnen. Nach der Verordnung ist es verboten, u. a. Hunde oder andere Haustiere, mit Ausnahme von Blindenführ- und Behindertenbegleithunden, frei laufen zu lassen, sie auf Kinder-, Ballspielplätze und Liegewiesen mitzunehmen oder in Gewässern baden zu lassen.
Im Übrigen ist der Uferweg ein Verkehrsweg und keine Badestelle, da er für den Radverkehr freigegeben ist. Sollte dies eine Badestelle sein, so dürfte dort kein Fahrrad mitgeführt werden.
Die Initiativen der SPD-Fraktion umfassten u. a., das Bezirksamt zu bitten, mit den Nutzern in einen Dialog zu treten, um eine dauerhaft tragbare Lösung zu erarbeiten. Leider fehlte jeglicher Dialog und jegliche Bürgerbeteiligung. Auch die bezirklichen Gremien wurden nicht beteiligt. Die grüne Umweltstadträtin setzt ermessensfrei ihre Ansicht durch, verkündet, dass es mit ihr keine Kompromisse geben wird und lässt sich zitieren „lieber frei im Wald als angeleint am Ufer“. Aber: der Kompromiss ist ein Grundpfeiler von Demokratie und Parlamentarismus.
Hundeauslaufgebiet und Hundefreilauffläche
Das Hundeauslaufgebiet gilt es zu erhalten und zu entlasten. Eine Verschiebung des Gebietes in Richtung AVUS (oberer Weg), wo der Hund dann frei laufen darf, ist für alle nachzuvollziehen und einsichtig. Aber es ist nicht zu verstehen, warum der Hund vom Uferweg verbannt werden soll. Könnten dann auch die Fahrradfahrer verbannt werden? Oder die Familien mit Kinderwagen? Ich glaube, dass will niemand ernsthaft. Was ist mit gehbehinderten Hundebesitzern, die den unebenen oberen Weg im Hundeauslaufgebiet nicht nutzen können? (z.B. Rollator, Rollstuhl, Krankenfahrstuhl, etc.) Wie sollen sich Familien mit Kindern und Hunden verhalten?
Eine Entlastung des Gebietes wird nur dadurch erreicht, dass in anderen Ortsteilen wie Lankwitz oder Lichterfelde so genannte Hundefreilaufflächen geschaffen werden. Das sind umzäunte Bereiche im Park, in denen sich der Hund ohne Leine frei bewegen kann. So etwas fordert der Senat, und es gibt solche Bereiche schon in anderen Bezirken. Diese entlasten den Druck auf das Auslaufgebiet und ermöglichen mehr freie Bewegung für das Tier, weil diese sich in unmittelbare Nähe des Wohnorts der Hundehalter befinden. Leider werden Hundefreilaufflächen von der grünen Umweltstadträtin als „Unsinn“ abgelehnt.
Forderung und Kontrolle
Nun erwartet jede Nutzergruppe, dass das Ordnungsamt Recht und Gesetz vor Ort durchsetzt. Doch was ist Recht und Gesetz? Derzeit gibt es keine Rechtslage, die eindeutig und gerichtsfest ist. Es gibt unterschiedliche Beschilderungen und auch Interpretationsmöglichkeiten. Vielerorts fehlen Beschilderungen der Badestellen, die aber zwingend notwendig sind. Daher muss VOR einer Veränderung, eine verlässliche Rechtsgrundlage geschaffen werden.
Im Einzelnen fordert die SPD-Fraktion:
- Bürgerbeteiligung
- Keine Ausgrenzung einer Nutzergruppe
- Aussetzung der Umsetzung des Hundeverbots
- Ausweisung von Liegewiesen und Badestellen
- Mitnahmeverbot von Hunden an Badestellen und Liegewiesen
- Leinenzwang für Hunde auf dem Uferweg
- Badeverbot für Hunde
- Aufstellen von Müllbehältern
- Aufstellen von Toilettenanlagen
- Erstellen eines Naherholungsnutzungskonzepts für Schlachtensee und Krumme Lanke
- Schaffung von Hundefreilaufflächen in Stadtparks
- Evaluation umgesetzter Maßnahmen
Die Akzeptanz einer grundlegenden Änderung im Naherholungsgebiet Schlachtensee und Krumme Lanke kann nur gemeinsam von Politik und Fachleuten der verschiedenen Nutzergruppen und den Bürgerinnen und Bürger gelingen.
Norbert Buchta ist seit 2012 Fraktionsvorsitzender der SPD im Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf.
Am Mittwoch, 15. April 2015, lädt die Grünen-Stadträtin Christa Markl-Vieto zusammen mit Umweltstaatsekretär Christian Gaebler (SPD) zum Bürgergespräch. 19 Uhr bis 21.30 Uhr. Ort: Freie Universität, Henry-Ford-Bau, Hörsaal A, Garystraße 35, 14195 Berlin.
Norbert Buchta