Machtkampf in Berliner CDU: Aufstand der Seilschaft alter Männer
Die Entscheidung in der Berliner CDU zwischen Kai Wegner und Monika Grütters ist Systemfrage: Soll die Partei sich öffnen oder zurück in alte Muster verfallen?
Es ist der Tag nach dem großen Wirbel in der CDU um Kai Wegner: "Bye Grütters, bye liberale Großstadtpartei, bye ernsthafte Konkurrenz für R2G“ – so drückt es ein Grüner aus Senatskreisen aus.
Bei den Grünen ist die Freude über die Kampfkandidatur von Kai Wegner für den CDU-Landesvorstand groß – zumindest in machtpolitischer Hinsicht. Wegner würde vermutlich zwar härtere Oppositionsarbeit machen als die moderate und überparteilich angesehene Monika Grütters, aber wenn die „sympathische und liberale Politikerin“ als Spitzenkandidatin für die nächste Berlin-Wahl 2021 wegfällt, rechnen sich die Grünen, in den Umfragen mit der CDU ungefähr gleichauf, noch bessere Chancen aus. Und selbst wenn Grütters Spitzenkandidatin wird: Sie würde nach einer Niederlage gegen Wegner nur noch als Marionette der Strippenzieher gesehen.
Aber wer soll es sonst machen? Wegner selbst will nicht Spitzenkandidat werden, und Burkard Dregger gilt gemeinhin als zu konservativ für den Posten des Regierenden Bürgermeisters der eher linken Hauptstadt. Macht deutlich: Von diesem „Kai aus der Kiste“ (ein Namenswitz, ausnahmsweise!) profitiert in der CDU niemand – außer vielleicht Wegner selbst.
Auf persönlicher Ebene solidarisiert sich Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek aber mit Grütters. „Go Fight, Girl!“, schrieb sie am Abend auf Twitter, und reagierte damit auf Grütters Ankündigung, um den Landesvorsitz kämpfen zu wollen.
Denn beim aktuellen Machtkampf in der Berliner CDU geht es nicht um bloße Personalien. Es geht um eine Systemfrage. Hier die Seilschaften der „alten Männer“ in der CDU, wie es eine christdemokratische Parteifreundin ausdrückt. Da die von Grütters eingeleitete Öffnung, die nun schneller als erwartet wieder vorbei sein könnte.
Die progressiven Kräfte in der CDU drängen deshalb auf eine Verschiebung des Parteitags, der eigentlich am 18. Mai, also kurz vor der EU-Wahl stattfinden soll. Grütters Forderung nach einem Mitgliederentscheid über die Frage geht in dieselbe Richtung. Aber so oder so: Das Ergebnis des Machtkampfs würde nur verzögert, abgeblasen wird er nicht mehr, die Partei, und damit vor allem die von Grütters gepushte Überraschungsspitzenkandidatin Hildegard Bentele, muss schwer beschädigt in den Europawahlkampf ziehen. Das „Rollback“ nach der Ära Merkel macht also auch vor Berlin nicht halt.
Grütters hat ihre Chance gehabt und ist farblos geblieben, den netten aber belanglosen Posten der Kulturstaatsministerin zu bekleiden reicht eben nicht. Dass es die regierende Koalition in Berlin schön kuschelig und bequem mit ihr hatte spricht eher nicht für ein weiter so.
schreibt NutzerIn maxost
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- Der Kommentar von Tagesspiegel-Chefredakteur Lorenz Maroldt: Wie Kai aus der Kiste. Den Kommentar finden Sie unter diesem Tagesspiegel-Link.
- Die CDU Berlin - ein Krimi: Die Kandidatur von Kai Wegner für den CDU-Landesvorsitz ist eine Kampfansage an Monika Grütters. Doch der Konflikt reicht weit zurück. Hier unser Tagesspiegel-Podcast.
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