Monika Grütters beim Kirchenkreis Teltow-Zehlendorf: Appell für die Nachnutzung der Dahlemer Museen
Ein junger Syrer, seine bewegende Rede und die Staatsministerin für Kultur und Medien zu Gast - der Neujahrsempfang des Evangelischen Kirchenkreises Teltow-Zehlendorf bot viele Gelegenheiten zum nachdenklichen Gedankenaustausch. Auch über die Dahlemer Museen.
Weil er an Jesus Christus glaubt, hat er seine Heimat verloren, sagt der junge Syrer H., der seinen Namen nicht öffentlich lesen will. Er konnte nicht mehr in die Kirche gehen, weil er Angst hatte. Es gab keinen Strom, keine Lebensmittel, keine Medikamente. Fast die Hälfte der syrischen Bevölkerung ist derzeit auf der Flucht. So wie H. Mit seiner Frau hat er jetzt in Steglitz-Zehlendorf ein neues Zuhause gefunden; auf Zeit. „Wir danken dem deutschen Volk, dass es uns hilft!“ Seine Worte hallten in der gut besuchten Kirche Nikolassee lange nach. Dabei war es stiller als sonst. Bedrückend. Beschämend. Jeder machte sich seine eigenen Gedanken.
Der Evangelische Kirchenkreis Teltow-Zehlendorf hatte am Montagabend zu seinem Neujahrsempfang in den Gemeindesaal der Kirchengemeinde Nikolassee eingeladen. Zuvor sprach H. im Gottesdienst, und das war wohl der bewegendste Moment an diesem Abend. Viele Gäste hatten hinterher das Bedürfnis, auf den jungen Syrer zu zugehen, mit ihm zu reden, Fragen zu stellen oder ihm einfach nur die Hand zu reichen. Auch der Superintendent Johannes Krug verdeutlichte in seiner Predigt, wie wichtig es sei, das Fremde anzunehmen. „Die christliche Kirche war am Anfang ebenfalls vielfarbig“, sagte er. Das zeige, dass es schon immer so sein sollte.
Bewegend in dem einen Moment, fast jubelnd in dem anderen: auch der Neujahrsempfang war auf seine Weise vielfarbig. Spontan viel Beifall bekam die Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters (CDU), als sie in einem kleinen Vortrag unter anderem sagte: „Der Glaube handelt von Wahrheiten, die nicht abstimmungsfähig sind. Die Politik handelt von Interessen, die nicht wahrheitsfähig sind.“ Und sie ergänzte die häufig gestellte Frage, wie viel Religion eine Demokratie vertrage. Als Politikerin werde sie zur weltanschaulichen Neutralität angehalten. Glauben sei Privatsache, ja, aber vielleicht nicht immer, denn Politik und Religion könnten durchaus fruchtbar füreinander sein. Im christlichen Weltbild finde sie selbst großen Halt.
Obwohl Monika Grütters in Wilmersdorf wohnt, hat sie eine besondere Verbundenheit nach Steglitz-Zehlendorf, wie sie dem Tagesspiegel erzählte. Zum einen jogge sie regelmäßig morgens in der Nähe des Hüttenweges durch den Grunewald, zum anderen ist sie Honorarprofessorin an der Freien Universität (FU) in Dahlem. Seit 24 Jahren doziert sie hier jeweils dienstagabends im Bereich Kommunikation und Medienmanagement. Trotz ihres sonst gut gefüllten Terminkalenders habe sie eine geringe Fehlquote. Es bereite ihr Freude, jungen Menschen Wissen zu vermitteln. „So bleibe ich an der Stimmung der nächsten Generation dran“, erklärte die Staatsministerin.
Und was ihr hier außerdem wichtig ist: die Nachnutzung der Gebäude der Dahlemer Museen, wenn die Sammlungen absehbar in das Humboldt-Forum nach Mitte ziehen. „Im kulturaffinen, bürgerlichen Zehlendorf muss es gelingen, die Gebäude zu erhalten“, sagte Grütters. Als Vorsitzende des Stiftungsrates der Stiftung Preußischer Kulturbesitz befasse sie sich intensiv mit dem Thema. Sie wisse, dass beispielsweise die FU an den Gebäuden Interesse habe und appellierte auch an den Bezirk, sich für den kulturellen Erhalt des Standortes stark zu machen.
Dass Kultur das politische Thema von Monika Grütters ist, war deutlich zu spüren. So sagte sie unter anderem, dass man den Zustand einer Gesellschaft daran erkennen könne, wie diese mit ihrer Kultur umgehe.
Als sie jedoch wieder die Verbindung von Kultur zur Kirche zog, flossen persönliche Momente und Eindrücke in ihre Ausführungen ein. „Kirche schafft seit 2000 Jahren kulturelle Identität, wie es weltweit nie einer anderen Institution gelungen ist.“ Ohne Kirche sei das kulturelle Abendland ärmer. Aber das Verhältnis zwischen Kirche und Kultur sei vielfach auch spannungsvoll gewesen. „Es gab Zeiten, da wurde Kunst zur Dienstmagd der Theologie degradiert“, sagte die gläubige Katholikin.
Aber sie beobachte auch, dass bis heute Konflikte zwischen Kunst und Kirche existierten. Könnte aber ein abstraktes Bild nicht beispielsweise ein Angebot für etwas sein, was nicht zu benennen ist, gab Grütters zu Bedenken. „Vieles in der Religion kann man nicht erklären und ist unaussprechlich."
Die Autorin Anett Kirchner ist freie Journalistin, wohnt in Steglitz-Zehlendorf, und schreibt als lokale Reporterin regelmäßig für den Zehlendorf Blog des Tagesspiegels. Folgen Sie Anett Kirchner auch auf Twitter.