Drogenhandel im Görlitzer Park: Anwohner kritisieren Dauerstreife als wirkungslos
Einen Monat ist die Dauerstreife von Polizei und Ordnungsamt nun schon im Görlitzer Park unterwegs. Vorsichtig ziehen die Zuständigen eine positive Zwischenbilanz. Doch den Anwohnern gehen die neuen Maßnahmen nicht weit genug.
Wie fast jeden Tag ist Leonard Empel (Name geändert) an diesem Maitag mit seiner Tochter im Görlitzer Park in Kreuzberg. Als Anfang März Kokain auf dem Piratenspielplatz gefunden wurde, sah er eine Grenze überschritten, wie viele Anwohner. Bei einer weiteren Polizei-Razzia wurde kurze Zeit später auch die synthetische Droge Crystal Meth gefunden. Die Drogenproblematik schien zu kippen, Polizei und Bezirk reagierten. Seit dem 5. Mai patrouilliert nun eine Dauerstreife bestehend aus zwei Polizisten und zwei Ordnungshütern durch den Park; werktags von sieben bis 22 Uhr, am Wochenende bis 18 Uhr.
Mit einem „schön, dass ihr da seid“ begrüßt der Lehrer die Streife auch schon mal persönlich. Viel geändert habe sich aus seiner Sicht bis jetzt nichts. Er bemängelt, dass die Vierertruppe sich abschotte, zu wenig in Kontakt trete. Seine Bilanz nach einem Monat: „Das sind zur Zeit homöopathische Dosen, das darf nur der Anfang sein.“ Und: „Es ist nur eine Verschiebung des Problems, immer mehr Dealer stehen jetzt in der Falckensteinstraße.“
Polizei zieht zögerlich Bilanz
Bei der Polizei hält man sich zurück, was eine Bilanz nach fast vier Woche angeht: „Wir setzen auf einen langfristigen Erfolg“, sagt Pressesprecher Thomas Neuendorf. „Der Zeitraum ist zu kurz, um ein Resümee zu ziehen. Wir haben noch keine umfassenden Ergebnisse.“ Vorsichtig bezeichnet Neuendorf den bisherigen Einsatz als „positiv“. Zahlen will er zu diesem Zeitpunkt noch keine nennen. Der Polizei ist klar: „Es wird nach wie vor gedealt.“ Schließlich könne die Streife nicht an allen Ecken des Parks gleichzeitig sein. Zusätzlich findet im Durchschnitt alle drei Tage eine Razzia statt. „Wir sehen uns auf dem richtigen Weg“, sagt Neuendorf.
Das Sicherheitsgefühl der Besucher und Anwohner soll gesteigert werden
Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg teilt die Einschätzung der Polizei. „Die Präsenz der Dauerstreife steigert das Sicherheitsgefühl der Anwohner und Parkbesucher“, sagt der zuständige Stadtrat Peter Beckers (SPD). Die Reaktionen auf die Dauerstreife (teilweise werden sie von Drogensuchhunden begleitet) seien größtenteils sehr positiv, hieß es. Und das, obwohl Uniformen in Kreuzberg nicht bei jedem beliebt sind. Im Fokus des Ordnungsamtes stehen derzeit Verstöße außerhalb der Dealerszene. So wurden bereits in der ersten Woche 76 Hundebesitzer ermahnt oder verwarnt, die ihre Hunde nicht angeleint hatten. Außerdem gab es mehrere Ermahnungen für Lärmbelästigung und Grillen außerhalb der gekennzeichneten Zone. In Zukunft, so Sascha Langenbach, Sprecher des Bezirksamts, sollen wieder vermehrt familienfreundliche Veranstaltungen organisiert werden. „Dann gehen die Dealer meist auf Abstand.“
Dutzende Dealer stehen nach wie vor an den Eingängen des Parks
Die Sonne scheint, in der „Kuhle“ in der Mitte des Parks, tollen Kinder herum, junge Menschen trinken Bier, drei Männer spielen sich eine Frisbeescheibe zu. Ab und zu weht auch der typische Geruch von Marihuana durch die Luft. Das Klirren der Flaschensammler ist allgegenwärtig. Auf dem Hauptweg und den Eingängen stehen Dutzende Dealer. Von der Streife ist (Montagnachmittag, 25 Grad und 16 bis 18 Uhr) nichts zu sehen.
Kinder und Dealer sind im Görlitzer Park immer nahe beieinander
Dafür präsent: Ali Keskin mit seinem mobilen Eisstand. Seit vier Jahren verkauft er nachmittags Eis und Getränke. Hier holen die Eltern ihren Kindern ein Eis, Keskin sorgt für die Extrastreusel oben drauf. Er ist froh, dass die Streife nun unterwegs ist, sieht sie regelmäßig. Auf die Dealer angesprochen, die nur wenige Meter von ihm entfernt auf Bänken sitzen und Kunden bedienen, sagt er: „Wirklich besser geworden ist es nicht. Das größte Problem ist, dass Kinder und Dealer hier so nahe beieinander sind.“
Einige hundert Meter weiter auf dem Piratenspielplatz sitzt eine junge Mutter mit ihrer kleinen Tochter, ihren Namen möchte sie nicht nennen. Das kleine Mädchen, knapp ein Jahr, spielt im Sand. „Mittlerweile stehen die Dealer schon an der Lohmühle am Landwehrkanal“, so ihre Beobachtung. Sie sieht die Politik in der Pflicht die Dealer nicht zu verdrängen, sondern sie aufzufangen. Auch ihr reichen die täglichen Patrouillen nicht. „Wenn alles nichts hilft, müsse eben eine Art „Ranger“ eingesetzt werden, die noch präsenter sind.“
Dieser Artikel erscheint im Kreuzberg Blog, dem hyperlokalen Online-Magazin des Tagesspiegels.