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Der Ball ist nicht rund... Ein geplantes Rugby-Stadion an der Wilma-Rudolph-Schule empört die Gemüter vor allem der Anwohner.
© Michael G. Notbohm

Berlin-Zehlendorf: Proteste wegen Rugby-Stadion: Anwohner fühlen sich vom Bezirk hintergangen

Heftiger Streit zwischen Bürgern und Bezirk in Zehlendorf. An der Wilma-Rudolph-Schule soll ein Rugby-Stadion für den Berliner RC entstehen - doch die Anwohner haben Angst vor dem Lärm und sind empört. Stadträtin Cerstin Richter-Kotowski scheiterte beim ersten Infoabend mit Erklärversuchen.

Eigentlich sollte es ein Informationsabend zu der vom Bezirk vorgeschlagenen Umgestaltung des Sportplatzes der Wilma-Rudolph-Oberschule werden. Doch dann wäre die Veranstaltung beinahe eskaliert. Das lag vor allem an den mageren Ausführungen der Bezirksstadträtin für Bildung und Sport, Cerstin Richter-Kotowski (CDU). Dabei hatte sie selbst, auch unter dem Druck der Anwohner, zu diesem Abend eingeladen. Rund 400 Interessierte kamen schließlich, obwohl eine Ausschilderung für den Weg in die Mensa fehlte. Ältere Menschen, teilweise gehbehindert oder im Rollstuhl – aber auch junge Familien mit Kindern waren da und staunten über das, was sich ihnen bot.

Worum es geht? Der Berliner Rugby Club, ein seit Jahren in Steglitz-Zehlendorf ansässiger Verein mit herausragenden Erfolgen auf nationaler Ebene und in Not um eine für Kinder und Jugendliche erreichbare Trainings-, Wettkampf- und Klub-Location, hatte sich an den Bezirk gewandt, um eine geeignete Fläche für ein Rugbyfeld (80 x 120 Meter) im Bezirk zu finden – notfalls auch mit dem Invest eines Eigenanteils von rund 1,4 Millionen Euro.

Rugby hat im Bezirk eine überraschend lange Tradition und die Erfolge dieser Randsportart geben den engagierten Trainern und Vorstand Recht: Hier sollte eine sinnvolle Unterstützung stattfinden. Die Kombination aus Umgestaltung der Sportaußenanlagen und Ansiedlung eines kleinen Vereins, der bereits seit Jahren auf dem Rasen trainiert, scheint – für die Schule (wegen maroder Sportanlagen) und den Bezirk (in Anbetracht leerer Kassen) – eine günstige Alternative.

Doch für die Anwohner auch?

Schnell wurde bei den Ausführungen von Cerstin Richter-Kotowski klar, dass dieser Termin offenbar eine eilig anberaumte Feuerlöschübung war, anberaumt, um dem entstandenen politischen Druck der Betroffenen aus dem Umfeld zu begegnen. Ein ganzheitliches und plausibles Konzept hatten sich die Anwohner und anderen Anwesenden allerdings anders vorgestellt. Ein Lageplan der neuen Flächennutzung – als PDF an die Wand gebeamt – konnte die zaghaften Ausführungen Richter-Kotowskis jedenfalls nicht zufriedenstellend beantworten. Es wurde gepfiffen und gebuht, und wenn es donnernden Applaus gab, dann für Redner, die gegen die Stadträtin argumentierten. Zwischenzeitlich drohte eine Eskalation, auch, weil einige Bürger der CDU-Politikerin "Lüge" vorwarfen. Vor allem aber war Richter-Kotowski einfach nicht sicher in den Fakten.

"Hier werden keine alkoholisierten Horden auflaufen"

Auch die detaillierteren Ausführungen des BRC-Managers Stefan Hansen, seiner Jugendtrainer und einiger anwesender Mitglieder konnten den sich entwickelnden Proteststurm nicht bändigen. Er führte aus, dass der Verein in den verschiedenen Ligen cirka 60 Spiele bestreite – die Hälfte davon auswärts, bzw. die „großen“ mit mehr als 1000 Zuschauern im Olympiastadion. Die wöchentlichen Trainingszeiten für die Jugendmannschaften liegen nachmittags – die Herren trainieren zweimal wöchentlich bis 21 Uhr.

Cerstin Richter-Kotowski von der CDU hatte als verantwortliche Stadträtin einen schweren Stand beim Infoabend in der Mensa der Wilma-Rudolph-Oberschule.
Cerstin Richter-Kotowski von der CDU hatte als verantwortliche Stadträtin einen schweren Stand beim Infoabend in der Mensa der Wilma-Rudolph-Oberschule.
© Anett Kirchner

„Rugby ist nicht wie Fußball. Hier werden keine randalierenden oder alkoholisierten Horden auflaufen“, sagte Hansen. „In unserem geplanten Vereinsheim soll es zwar eine Gastronomie – ausschließlich für Mitglieder geben – Alkohol wird auf dem Schulgelände nicht ausgeschenkt und nach 22 Uhr sind wir eh nicht mehr dort."

Die Anwohner fürchten Ruhestörungen – sowohl im Trainings- als auch Turnierbetrieb, eine drastische Verschärfung der Parkplatzsituation bei Spielen (bereits Berlins Hundehalter streben in das angrenzende Hundeauslaufgebiet), Lichtkegel durch die Flutlichtanlage (deren Wirkungsgrad der planende Architekt noch nicht abschließend zerstreuen konnte), Lärm durch Lautsprechereinrichtungen (die laut Vereinsmanager Hansen gar nicht geplant seien), Optische Beeinflussung durch einen acht Meter hohen Fangzaun in der Endzone und das Abholzen vieler Bäume. Zumindest die Bäume scheinen sicher, waren sie doch nur im Lageplan nicht verzeichnet.

Rund 400 Gäste, Anwohner und Interessierte, fanden sich in der Mensa der Wilma-Rudolph-Schule zur Informationsveranstaltung ein.
Rund 400 Gäste, Anwohner und Interessierte, fanden sich in der Mensa der Wilma-Rudolph-Schule zur Informationsveranstaltung ein.
© Michael G. Notbohm

Die Anwohner sind verängstigt und wütend. Sie fühlen sich vom Bezirk - vor allem von Cerstin Richter-Kotowski, der nachgesagt wird, dass sie Bürgermeisterin werden wolle - hintergangen. „No news is good news“? In diesem Fall hätte sich etwas mehr Vorbereitung gelohnt, denn zum Ende der Veranstaltung wurden bereits juristische Schritte durch Anwohner und ein Störfeuer gegen die Planungsverfahren angekündigt.

Bleibt zu hoffen, dass zum nächsten angekündigten Informationstermin vom Architekten ein paar mehr Ansichten oder Modelle gezeigt werden, der Manager sein Konzept abrundend erläutert und so das „Kickoff“ der Sportsfreunde den Namen verdient haben wird. Abzuwarten bleibt auch, ob eine auf Fakten beruhende Planung besprochen werden kann und sich somit ein geeigneter Platz für den Verein findet. Die Stadträtin könnte diesen Abend, ihr Waterloo, bestenfalls auch als Übung verstehen.

Der Autor lebt in Zehlendorf. Der Text erscheint auf dem Tagesspiegel Zehlendorf, dem Online-Portal der Zeitung aus dem Berliner Südwesten.

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