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"We love German": Auch Bewohner der zur Flüchtlingsunterkunft umfunktionierten Turnhalle nahmen an der Demonstration teil.
© Fatina Keilani

Demos vor Flüchtlingsunterkunft in Berlin-Lichterfelde: 500 gegen 12

Ein breites Bündnis protestierte gegen eine "Anhörung" der rechtsextremen "Pro Deutschland" vor einer Flüchtlings-Notunterkunft in Lichterfelde. Die Stimmung blieb friedlich.

Die Situation war eindeutig: 500 Menschen protestierten am Sonnabendnachmittag in der Lippstädter Straße in Lichterfelde gegen die Demonstration von „Pro Deutschland“, an der je nach Zählweise sechs bis zwölf Menschen teilnahmen. Die Rechtsextremisten wollten ab 15 Uhr mit einer angeblichen „Bürgeranhörung“ ihren Unmut über „Scheinasylanten“ und „Wirtschaftsflüchtlinge“ äußern. Eine Frau hielt dort ein Schild hoch: „Das Leben mit Muslimen ist unser Untergang.“ Sie trafen sich an der Ecke Lippstädter Straße/Ostpreußendamm. Mehrere vorbeifahrende Autofahrer, die ihren Unmut durch Hupen bekundeten, wurden von der Polizei herausgewinkt und bekamen ein Bußgeld aufgedrückt. Hupen darf man nämlich nur bei Gefahr.

Etwa 50 Meter entfernt vor der Flüchtlings-Notunterkunft in einer Turnhalle hatte sich schon eine Stunde zuvor die Gegendemonstration organisiert: Vertreter verschiedener Parteien, Bürger und Bewohner der Turnhalle waren einem gemeinsamen Aufruf des Netzwerks Integration Südwest (NIS) und des Willkommensbündnisses für Flüchtlinge in Steglitz-Zehlendorf gefolgt. „Wir als reicher Bezirk können viel geben, dadurch haben wir keine Wurstscheibe weniger auf dem Brot“, sagte Günther Schulze vom Willkommensbündnis für Flüchtlinge Steglitz-Zehlendorf. „Wir sind ein weltoffener Bezirk der sich solidarisiert mit denen, die hier Zuflucht gefunden haben.“

Die Stimmung blieb friedlich, die Polizei verteilte Bußgelder

Auch viele ältere Bürger beteiligten sich an der Kundgebung, beispielsweise die 70-jährige Edda B. aus Lichterfelde West. Sie trug ein Schild um den Hals: „Morgen kannst Du ein Flüchtling sein – wie möchtest Du empfangen werden?“ Sie sagte: „Ich weiß noch, wie es nach 1945 war: Damals wurden Flüchtlinge bei den Menschen einquartiert, und sie waren oft nicht willkommen, obwohl es die eigenen Landsleute waren.“ Unter den Gegendemonstranten waren auch der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Klaus-Uwe Benneter sowie die SPD-Abgeordnete Ina Czyborra sowie Vertreter von Grünen und Piraten.

Etwa 100 Polizisten waren im Einsatz und trennten die beiden Gruppen voneinander. Die Stimmung blieb die ganze Zeit über friedlich; gelegentlich wurde gepfiffen. Um kurz nach vier, eine Stunde, nachdem sie begonnen hatte, packten die „Pro-Deutschland“-Demonstranten ihre zwei Deutschlandfahnen und den Verstärker wieder ein und beendeten die Versammlung.

Dieser Artikel erscheint in Tagesspiegel Zehlendorf, dem Online-Portal der Zeitung aus dem Südwesten.

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