Vatertag in Berlin: 120 Platzverweise wegen des Bierkastenrennens
Die Polizei zeigte massive Präsenz, auch Bezirksamt, Bahn und Forstverwaltung sandten ihre Leute aus. Der Zehlendorf Blog des Tagesspiegels war dabei, als am Vatertag der Bierkastenlauf um den Schlachtensee genauso machtvoll wie akribisch unterbunden wurde.
Das rund 90 Mann starke Aufgebot der Ordnungshüter hat sein Ziel fest vor Augen: Der Bierkastenlauf findet in diesem Jahr nicht statt. Nicht am Vatertag, nicht am Schlachtensee, wo das schräge Event sich zuletzt fast schon zur Tradition entwickelt hatte. Prompt rücken wieder einige durchaus junge Väter mit Bierkasten an, um den See zu umrunden.
Doch da läuft diesmal nichts. An 64 Hundertschaftlern, 21 Abschnitts- und Bundespolizisten, sechs Ordnungsämtlern und zwei Deutsche-Bahn-Aufpassern kommt keiner vorbei. Zumal die Forstverwaltung und das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf in aller Vorsicht auch noch Personal aussandten. Sie alle umzingeln den See und passen auf, dass sich kein Biertrinker an ihnen vorbei schleicht. Eine akribische Arbeit, denn viele Wege führen zur fünf Kilometer langen Laufstrecke rund um das Gewässer. Aber die Polizei ist gut aufgestellt. Und: Zusammen mit dem Ordnungsamt stellt sie insgesamt 120 Platzverweise aus.
Der Bezirk hatte ein für allemal genug von dem väterlichen Treiben. "Dieses Rennen ist zu einer Großveranstaltung mutiert, die nie genehmigt worden ist", sagt Monika Osteresch vom Grünflachenamt Steglitz-Zehlendorf. Es hindere die anderen Erholungssuchenden, die zum Beispiel Federball spielen möchten, an der dessen Ausübung. Federballschläger sind an diesem Tag zwar kaum welche zu sehen. Aber womöglich tut das poltrige Laufen den vielen kleinen Pflänzchen am Wegesrande nicht gut.
Weil die Vatertagsläufer von sich aus nicht hören wollten, hat der Bezirk die Polizei um Hilfe gebeten. Eindringliche Hilfe, wie das große Aufgebot seit 9 Uhr in der Früh beweist. Ein etwas irritierender Anblick, da sich bei der regnerischen Wetterlage sowieso nur echte Naturfans und Profijogger an den See wagten. Doch spätestens nach dem Aufeinandertreffen mit dem zweiten Schäferhund mit Polizeiplakette verkürzten auch sie ihre Laufrunde. Die 90-Mann-Truppe brachte insgesamt sechs ausgebildete Hunde mit - Bier lässt sich wohl am besten riechen.
Für die Hunde allerdings ein unbefriedigender Tag, Bier gab es an diesem Vatertag wenig. Zumindest am Schlachtensee. Die Läufer kamen erst gar nicht runter zum Wasser. Schon auf dem S-Bahnsteig lauerten die ersten Ordnungshüter den Herren auf. Ausschlaggebend war das Equipment - der Bierkasten - der den Tragenden zum Verhängnis wurde. "Entweder Stehenlassen oder auf die nächste Bahn warten", lautete die Ansage der Polizei. "Eine Veranstaltung wie ein Bierkistenrennen findet heute hier nicht statt." Eine unmissverständliche Aufforderung, der Folge zu leisten war - der Anblick des knurrenden Hundes wirkte unterstützend.
Um 12.24 Uhr stiegen die beiden Studenten Sascha und Tim am Schlachtensee aus, die einzigen mit Bierkasten, dem verräterischen Utensil, in diesem Zug. Erst bekamen sie böse Blicke der DB-Mitarbeiter, dann passte sie am Ausgang die Dame von der Polizei ab. Hier heute nicht. "Sie können sich gerne im Regen auf die Bank setzen, allerdings ohne Bier." Auf keinen Fall. "Dann fahren wir eben zum Tempelhofer Feld", beschließt einer der 22-Jährigen. Viel diskutiert wird heute nicht.
Auch nicht darüber, was eigentlich genau erlaubt ist und was nicht. Denn selbst ein junger Mann mit einem Sechserpack Heineken darf nicht durch - obwohl hier offensichtlich der Kasten als Beweismittel fehlt. Ermessensache, sagt einer der Polizisten. Ein Alkoholverbot am Park ist nicht durchzusetzen. Wohl aber das Aus für den ungenehmigten Bierkastenlauf, der verboten bleiben soll. "Man könnte zwar einen Antrag stellen, aber Erfolgsaussichten hat der wohl eher nicht", sagt Osteresch. Sie selbst müsste genehmigen.
Es scheint aber, als ob die Männer sich schon eine Alternative gesucht hätten: Bis 15 Uhr wurden rund um den Schlachtensee nur etwa 100 Leute nach Hause geschickt. Im letzten Jahr waren es 2000. Dafür waren dieses Jahr viele Ordnungshüter da. Sie durften vor allem den Seeblick genießen. Finanziert vom Steuerzahler.
Der Text erscheint im Zehlendorf Blog, dem neuen hyperlokalen Online-Magazin des Tagesspiegels.