Debatte um Flüchtlinge: Bezirk will Flüchtlinge in die Obhut der Kirche geben
Die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg möchte die Flüchtlinge vom Oranienplatz mithilfe der Diakonie unterbringen. Die Situation der Flüchtlinge war am Donnerstagnachmittag auch Thema im Abgeordnetenhaus.
Zwei Wochen ist es her, dass sich eine Lösung für die Bewohner des Flüchtlingscamps auf dem Kreuzberger Oranienplatz andeutete. Da hatten sich Sozialsenator Mario Czaja (CDU) und die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann (Grüne), darauf verständigt, dass die Flüchtlinge angesichts des nahenden Winters eine Unterkunft bekommen sollen. Aber noch immer ist nicht klar, in welche Gebäude sie ziehen werden.
Inzwischen steht fest, dass der Bezirk vom Senat im Rahmen der Kältehilfe rund 136 000 Euro zusätzlich erhält, um die Flüchtlinge unterzubringen. Sozialsenator Czaja hatte auch ein Gebäude, das von einem freien Träger unterhalten wird, angeboten. Nach Angaben der Bezirksbürgermeisterin sind die Kosten für die Unterbringung dabei aber höher als die jetzt zur Verfügung stehenden Mittel. Der Bezirk kann nach Herrmanns Angaben nicht für die Differenz aufkommen. Dafür müsste man noch eine Finanzierung finden. Ohnehin bevorzugt Herrmann eine andere Lösung. Sie möchte gerne mit einem kirchlichen Träger zusammenarbeiten.
Erst Anfang dieser Woche traf sie sich mit Vertretern der Diakonie. Bisher habe die Polizei im Umgang mit dem Camp und den Flüchtlingen Augenmaß gezeigt. Aber wer wisse, ob das so bleibe, sagt Herrmann: „Wenn es hart auf hart kommt, ist die Kirche in der Lage, einen Schutzraum zu bieten.“ Auch ein bezirkseigenes Gebäude stehe zur Verfügung, in dem allerdings eine kleinere Baumaßnahme vorgenommen werden müsse. Es fehle ein Heizkessel, er müsse noch eingebaut werden. Die Adresse gibt die Bezirksbürgermeisterin nicht bekannt. Herrmann wollte den Vorschlag an den Sozialsenator weiterleiten.
Die Bezirksbürgermeisterin möchte die Unterbringung bis Mitte November geklärt haben. Wie viele Personen sich im Flüchtlingscamp aufhalten und untergebracht werden müssen, ist nicht genau klar. Die Unterstützerin Taina Gärtner, die auch für die Grünen in der Bezirksverordnetenversammlung in Friedrichshain-Kreuzberg sitzt, spricht von 200 Flüchtlingen. Bezirksbürgermeisterin Herrmann verweist aber auch auf Zahlen der Integrationsbeauftragten Monika Lüke, die von rund 50 Flüchtlingen spricht. Die bereitstehenden Gelder reichen für rund 60 Flüchtlinge.
Ebenfalls in der Obhut der Kirche in Kreuzberg befinden sich die rund 20 Flüchtlinge, die in der vergangenen Woche am Brandenburger Tor im Hungerstreik waren. Sie campieren seit Wochenanfang in der Gemeinde Heilig Kreuz-Passion.
Rund 30 der Flüchtlinge vom Oranienplatz nahmen am Donnerstagnachmittag auch auf den Zuschauerbänken im Abgeordnetenhaus Platz. Sie trugen weiße T-Shirts mit der Aufschrift „Lampedusa in Berlin“ – so wie auch die Grünen-Politikerin Canan Bayram, die sie herzlich zur Aktuellen Stunde zur Flüchtlingsproblematik begrüßte. Aufmerksam hörten sie zu. Viel Neues, was ihre eigene Situation und die allgemeine Asylpolitik bezüglich Aufhebung der Residenzpflicht, Arbeitserlaubnis oder Anerkennung von Verfahren betrifft, erfuhren sie allerdings nicht. Die bereitstehenden Gelder reichen für rund 60 Flüchtlinge. Sie konnten jedoch hören, wie der CDU-Abgeordnete Kurt Wansner aus Kreuzberg der Bezirksbürgermeisterin und ihrem Vorgänger Franz Schulz vorwarf, unrealistische Hoffnungen bei den Flüchtlingen zu wecken und sie „für ihre eigenen politischen Forderungen zu missbrauchen“.