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Berlin wird älter. 2030 wird die Zahl der über 80-Jährigen in der Stadt fast eine Viertelmillion betragen.
© Kitty Kleist-Heinrich

Berlin 2030: Betreutes Altern

In der eigenen Wohnung leben, mobil bleiben: Forschung und Wirtschaft tüfteln an Strategien für Senioren

Die Zahlen klingen alarmierend: Im Jahr 2030 wird sich die Zahl der mehr als Achtzigjährigen in Berlin fast verdoppelt haben: auf fast eine Viertelmillion Menschen. Auch die Zahl der Rentner in der Stadt steigt: von heute 630 000 werden nach Berechnungen des Senats in 20 Jahren schon 819 000 über 65 sein. Gleichzeitig sinkt die Zahl der Erwerbstätigen. Auf 100 Erwachsene kommen dann 46 Rentner, ähnlich wie in anderen Stadtstaaten. Im Bundesdurchschnitt sind es 53.

Die Rentner teilen sich nach Ansicht der Demografen in zwei Gruppen auf: die „jungen Alten“ zwischen 60 und 80 Jahren, geistig und körperlich fit und in der Lage, ihre Freizeit aktiv zu gestalten. Etwa 560 000 sollen es 2030 sein, 40 000 mehr als heute, viele von ihnen allein lebend und kinderlos. Die andere Gruppe ist die der „Hochbetagten“ ab 80 Jahre. Herzerkrankungen, Osteoporose und Demenzkrankheiten nehmen laut Experten in dieser Gruppe zu. Die Senatsverwaltung für Soziales schätzt, dass die Zahl der Pflegebedürftigen um 80 Prozent auf 170 000 steigen wird. Hinzu kommen pflegebedingte Sozialleistungen für 40 000 Menschen, zwei Drittel mehr als heute.

Eine der Antworten aus der Prognos-Studie „Eine Zukunft für Berlin“ heißt Ambient Assisted Living (AAL). Der Begriff bezeichnet Technologien und unterstützende Maßnahmen, die Älteren ein selbstständiges Leben in den eigenen vier Wänden ermöglichen sollen. Besonders Präventionsmaßnahmen spielten hierbei ein Rolle, sagt Elisabeth Steinhagen-Thiessen, ärztliche Direktorin des Evangelischen Geriatriezentrums und Charité-Professorin. Dort werden im Rahmen des Projekts „Smartsenior“ neue Strategien erforscht, etwa wie Stürzen mit Verletzungsfolge vorgebeugt werden kann. „Ein Viertel der Stürze endet mit einem Bruch, oft mit der Einlieferung ins Pflegeheim“, sagt Steinhagen-Thiessen. Die Betroffenen sollen zu Hause via Bildschirm mit zielgerichteter Gymnastik angeleitet werden.

Letztendlich geht es natürlich auch darum, Kosten zu sparen. „Die persönliche Rundumbetreuung wird zu teuer, wir wollen Maßnahmen, die sich für alle Bürger eignen.“ Neben Firmen wie Siemens und BMW seien auch Krankenkassen in das Projekt eingebunden. Derzeit wird der Einsatz der smarten Technologien an Klinikpatienten getestet. Das Projekt umfasse auch Überwachungssysteme für Notfälle. Das können Autofahrhilfen für zwar mobile, aber doch betagte Senioren sein, die den Wagen automatisch bremsen. Ein Beispiel: Wenn der Fahrer einnickt, bremst das System den Wagen automatisch. Auch Rehamaßnahmen über Webcam werden für die Senioren der Zukunft getestet.

Dass ein hohes Alter künftig nicht automatisch die Einlieferung ins Pflegeheim bedeuten muss, glaubt auch Thomas Klie, Professor für öffentliches Recht an der Evangelischen Fachhochschule Freiburg und Mitglied im Kuratorium Deutsche Altenhilfe. Das Zusammenspiel von Familie, den Profis der Gesundheitsberufe und Haushaltshilfen müsse einfach verbessert werden, sagt er.

Die Prognos-Studie sieht auch Potenzial im Bestand von 270 000 Wohnungen, die sich in städtischer Hand befinden. In einer „konzertierten Aktion“ könnte sich Berlin zur Modellstadt der alternden Gesellschaft“ entwickeln, heißt es. Der Verband der Berlin-Brandenburgischen Wohnungsunternehmen BBU, der auch die landeseigenen Gesellschaften vertritt, gibt an, zehn bis 15 Prozent der Investitionen würden kontinuierlich in den altersgerechten Umbau von Wohnungen gesteckt.

Auch im Stadtverkehr plant man auf lange Sicht. Die BVG rüstet nach und nach ihre U-Bahnhöfe mit Aufzügen aus, und bis 2017 sollen alle Trambahnen barrierefrei fahren.

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