Mietendeckel nichtig: Berlins Wohnsenator Scheel verspricht Staatshilfen für Mieter in Not
Der Berliner Senat will in Härtefällen Mieter unterstützen, die nach dem Kippen des Mietendeckels in Not geraten. Das sei „eine Frage von politischem Anstand“.
Nach dem Kippen des Mietendeckels durch das Bundesverfassungsgericht hat Berlins Senator für Stadtentwicklung und Wohnen, Sebastian Scheel (Linke), Staatshilfen für Mieter in Aussicht gestellt, die dadurch in Not geraten.
Scheel sprach von einem „schweren Tag für die Mieter in Berlin“. Dass der Senat „Neuland betreten“ habe mit der Einführung des Mietendeckels, sei allen bewusst gewesen. Dennoch habe es „gute Gründe“ für eine Regelungskompetenz Berlins gegeben.
Niederschmetternd sei das Urteil deshalb, weil die Verfassungswidrigkeit sich rückwirkend auswirke und die Mieter nun gesparte Mieten erstatten müssen. „Wir werden keinen Mieter, der in Not geraten ist, im Stich lassen“, sagte Scheel dem Tagesspiegel. Das sei „eine Frage von politischem Anstand und nicht einer möglichen Staatshaftung“. Dass Berlin Hilfen für Mieter in Not bereitstellen werde, darüber sei er sich einig mit dem Regierenden Bürgermeister von Berlin, Michael Müller (SPD).
Alle Mieter werden allerdings nicht in den Genuss kommen, sondern nur bei Härten, „wenn man sich die Miete vom Kühlschrank absparen muss“, sagte Scheel.
Trotz des Tiefschlags für den Senat hält Scheel den Berliner Mietendeckel für den richtigen Vorstoß: „Wir haben Neuland betreten und es war richtig, weil wir damit die Debatte über wirksame Maßnahmen gegen die steigenden Mieten angestoßen haben“. Nun gebe es ein „Instrument, das wirksam sein kann – und der Bund ist gefragt, es einzusetzen“.
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Hier sieht Scheel mehrere Möglichkeiten, beispielsweise dass der Bund „Öffnungsklauseln“ für die Länder schaffe, ähnlich wie er das zur Scharfstellung der Mietpreisbremse getan habe. Dort gibt der Bund den Rahmen für die Mietbegrenzungen vor, innerhalb dessen die Länder dann Mieten regulieren können.
Grüne: Bund soll Ländern Mietendeckel ermöglichen
Ähnlich äußerte sich die Fraktionsvorsitzende der Berliner Grünen im Abgeordnetenhaus, Antje Kapek. "Wir fordern den Bund auf, es den Ländern gesetzlich zu ermöglichen, Mietendeckel einzuführen, um den unterschiedlichen Wohnungsmarktlagen endlich gerecht zu werden."
Die Grünen hielten Regulierung von Mietpreisen weiter für richtig und kämpften dafür. Mit dem Mietendeckel habe Berlin versucht, "die Blockade der Bundesregierung in Sachen soziale Wohnungspolitik" zu durchbrechen. Rot-Rot-Grün sei angetreten, "alles dafür zu tun, die Verdrängung von Menschen durch explodierende Mieten endlich zu beenden", sagte Kapek.
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Auch die Berliner CDU will Mieter in wirtschaftlichen Schwierigkeiten nicht im Stich lassen. Sie sprach sich für einen Härtefall-Fonds für diejenigen Mieterinnen und Mieter aus, die durch das Kippen des Mietendeckels in Not geraten. „Viele Menschen haben sich auf die Behauptungen des Senats verlassen. Es darf nicht sein, dass sie dafür die Rechnungen zahlen sollen“, sagte der Landesvorsitzende Kai Wegner.
Der Berliner CDU-Bundestagsabgeordnete und rechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Marco Luczak, der die Verfassungsklage initiiert hatte, forderte einen „Sicher-Wohnen-Fonds“ für Härtefälle. Kein Mieter dürfe seine Wohnung verlieren, wegen der „ideologischen Wohnungspolitik von Rot-Rot-Grün“.
Er erwarte aber auch von der Wohnungswirtschaft, dass diese ihre „soziale Verantwortung gegenüber dem Mieter“ erfülle, sagte Luczak weiter. Er brauche „sozial abgefederte Lösungen“. Zur Lösung der Wohnungsnot sei ein „Bündnis für bezahlbare Wohnungen“ mit allen Akteuren erforderlich.