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Wertvolle Wirtschaftsimpulse - Hellersdorfer Großsiedlung, die dem landeseigenen Wohnungsunternehmen Stadt und Land gehört.
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Update

Fast drei Milliarden Gesamtausgaben: Berlins landeseigene Wohnungsfirmen sind auf Expansionskurs

Die städtischen Wohnungsfirmen sind „Motor der Berliner Konjunktur“. Streit gibt es über die Grenzen der Belastbarkeit als Wohnungskäufer und Bauherr.

An die 5100 Wohnungen haben die sechs städtischen Wohnungsunternehmen in Berlin laut Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) im vergangenen Jahr gebaut. Das wären 1100 mehr als im vorangegangenen Jahr.

Von allen Beteiligungsunternehmen des Berliner Senats sind die sechs Wohnungsfirmen auch jene mit der größten Wertschöpfung: Fast drei von den 5,1 Milliarden Euro Gesamtausgaben aller Landesfirmen gingen auf deren Konto. "Motor der Berliner Konjunktur" nennt der Sprecher des Sextetts, Jörg Franzen, seine Firmen deshalb auch. Und: "Wir wollen, wir können – und hoffen, dass es so weitergeht".

Anlass der guten Laune war die Vorstellung eines Forschungsberichts vom Pestel-Institut zu dem, was die sechs Firmen eigentlich so leisten für die Berliner Wirtschaft. Das unterlegte Forscherin Karin Janssen mit reichlich Zahlen. 325.000 Wohnungen, 3927 direkt beschäftigte Mitarbeitende und rund 2,9 Milliarden Euro Gesamtausgaben – die sechs landeseigenen Wohnungsunternehmen expandieren. Der "wirtschaftliche Gesamtimpuls" der Unternehmen sei um 70 Prozent innerhalb von nur drei Jahren gestiegen, von 2016 bis 2019.

Gut für die Region außerdem: 80 Prozent der knapp drei Milliarden Euro Ausgaben bleiben in Berlin. Zählt man Brandenburg dazu, sind es sogar 90 Prozent. Kurzum, nur zehn Prozent der Ausgaben fließen in den Rest der Republik ab.

Als Bauherren und Verwalter von Wohnungen geben die sechs Firmen Aufträge an Maurer, Zimmerer, Straßenbauer, Gartenpfleger, sie kaufen PCs und Datentechnik ein, also eine breite Vielfalt von Aufträgen an fremde Unternehmen in der Region. Die Mitarbeiter der Städtischen lassen einen Teil ihrer Löhne in den Läden (Konsumausgaben). Außerdem zahlen die sechs Firmen Steuern und Sozialabgaben. So haben die sechs Unternehmen laut Forscherin Janssen vom Pestel-Institut in der Region sogar 26.767 Arbeitsplätze gesichert.

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"Wir sehen einen deutlichen und soliden Aufwärtstrend bei den landeseigenen Unternehmen", sagte Berlins Finanzsenator Kollatz. In den Zahlen drücke sich der "Einstieg in den Neubau von Wohnungen in der wachsenden Stadt" aus. Auch in diesem Jahr werde sich diese Entwicklung fortsetzen.

Finanzsenator fordert Flasche Wein ein

Die Flasche Wein, die Kollatz mit Franzen zur Vorstellung des ersten Berichts vor drei Jahren eingesetzt hatte, forderte der Finanzsenator nun deshalb auch ein. Doch Franzen will noch nichts von einer verlorenen Wette wissen.

Im Kern geht es darum, dass der Sprecher der Landesfirmen bereits seinerzeit die Grenzen des Wachstums und der Belastbarkeit der Unternehmen für erreicht hielt. Hintergrund: Die Unternehmen kaufen auf Drängen des Senats zehntausende Mietwohnungen zurück zu teils hohen Preisen. Außerdem bauen sie Tausende von Wohnungen. Und das alles müssen sie mit sinkenden Einnahmen bewältigen, weil der Mietendeckel sie zu Mietsenkungen zwingt und dazu noch die schärferen Sozialregeln des Senats.

"Sie gehören zu den Guten"

"Sie gehören ganz deutlich zu den Guten", sagte Kollatz deshalb. Es werde nicht nur investiert, was an sich schon gut sei, sondern auch "für etwas Gutes investiert".

Zur Debatte über die Belastbarkeit der Unternehmen sagte der Finanzsenator: "Die städtischen Firmen stehen etwas besser da als am Anfang der Legislaturperiode erwartet". Noch finde ein "Eigenkapitalaufbau" statt – also nicht wie befürchtet ein Rückgang. Die geringen Zinsen am Kapitalmarkt hätten das möglich gemacht. Und der Ankauf von Wohnungen erfolge "auf Basis des Ertragswertes", bezahlt werde gleichsam nur so viel, wie durch die Mieten finanzierbar sei. "Und damit können die Firmen solide wirtschaften". Und das mache größere Zukäufe weiterer Bestandswohnungen möglich, wie zuletzt erst geschehen.

Der Sprecher der landeseigenen Wohnungsunternehmen Franzen widersprach nur schwach: Der Mietendeckel habe "Einschnitte gebracht". Sorgen bereiten ihm außerdem die Neuauflage der "Kooperationsvereinbarung" mit dem Senat. Wie berichtet sieht diese weitere finanzielle Belastungen durch stärkere Sozialauflagen vor. Noch liefen die Verhandlungen jedoch.

FDP: "Leistungen des Senats beim Neubau sind ein Armutszeugnis"

Für die Opposition ist sind Ergebnis und Ausrichtung der städtischen Wohnungsbaugesellschaften "erfreulich", aber dafür bezahle die Stadt einen hohen Preis. Stefan Förster, Sprecher für Bauen und Wohnen der FDP-Fraktion weiter: "Die bisherige Leistung des Berliner Senats im Bereich Bauen und Wohnen ist und bleibt ein Armutszeugnis für diese Regierung". Die Ziele im Wohnungsneubau würden verfehlt. Berlin hänge beim Angebot von bezahlbaren Wohnraum weit dem Bedarf hinterher. Und die finanzielle Belastung durch den Mietendeckel sei groß und schränke den Spielraum für Investitionen ein.

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