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Doppeldecker. CDU-Chef Florian Graf hat den FDP-Kurs eingeschlagen.
© Kai-Uwe Heinrich

Flughafen Berlin: Berlins CDU fliegt jetzt auf Tegel

Bislang kämpfte die FDP allein für Tegel. Doch nun fordert CDU-Fraktionschef Florian Graf, den Airport offen zu halten, für Regierungs- und Geschäftsflieger. Berlins rot-rot-grüner Senat bleibt beim Nein.

Das Nein aus dem Roten Rathaus kommt prompt. „Herr Graf scheint nicht zu wissen, was er tut. Auch in der Opposition sollte man seriös argumentieren“, sagte Engelbert Lütke Daldrup, Berlins alter neuer Flughafen-Staatssekretär, am Dienstag dem Tagesspiegel. Anlass ist ein überraschender Tegel-Vorstoß der Berliner CDU. Deren Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, Florian Graf, hat sich jetzt dafür ausgesprochen, den Flughafen im Norden Berlins wenigstens für Regierungsflieger und Business-Jets offenzuhalten. Dagegen verwies Lütke Daldrup auf die Nachnutzung von Tegel, die Urban Tech Republik mit der Beuth Hochschule, was mit weiterem Flugbetrieb nicht vereinbar sei.

Es ist ein Einwand, der erwartbar war. „Warum prüft man nicht ernsthaft, ob beides möglich ist?“, sagte Graf - und begründet gegenüber dem Tagessspiegel seinen Vorstoß so: „Die Diskussionsgrundlage hat sich doch verändert.“ Und zwar zum einen, weil „Rot-Rot-Grün die Entwicklung am BER bremst.“ Stichworte seien angestrebte Einschränkungen bei Nachtflügen, aber auch das Nein zu einer dritten Startbahn in Schönefeld. Im Koalitionsvertrag haben SPD, Linke und Grüne festgelegt, dass Tegel in dieser Legislatur geschlossen wird, wie es auch die Linie des SPD/CDU-Senats war.

BER könnte entlastet werden

Graf verweist vor allem auf das rasante Passagierwachstum an den Berliner Flughäfen, das zu neuem Nachdenken zwinge. „In Schönefeld entsteht ein Flughafen, der die Kapazitäten nicht bewältigen kann“, sagte Graf. Genau das ist tatsächlich ein Problem, für das weder Flughafenchef Karsten Mühlenfeld, noch der vom Regierenden Michael Müller (SPD) geführte Aufsichtsrat eine Lösung haben. Für 2016 erwartet Mühlenfeld bereits 33 Millionen Passagieren in Tegel und Schönefeld, 29,5 waren es 2015. Setzt sich das Tempo unvermindert fort, müssten 2018 - dem nach Tagesspiegel-Recherchen realistischen BER-Startjahr - Schönefeld bereits über 38 Millionen Passagiere schaffen, 2020 womöglich schon 40 Millionen. Abfertigungskapazitäten dafür sind nicht vorhanden, und in so kurzer Zeit kaum zu bauen.

Der BER selbst bewältigt anfangs 23 Millionen Passagiere, sei ja „ein Ersatz für Tegel“, wie Mühlenfeld jüngst sagte. Hinzu kommt zwar das alte, inzwischen renovierte Schönefelder Terminal aus DDR-Zeiten, durch das 11, 12 Millionen Passagiere geschleust werden. Aber auch das nicht mehr lange. Mit dem Baubeginn für den neuen Regierungsflughafen fallen Abstellplätze für Flugzeuge weg, dann werden es noch 6 Millionen Passagiere sein. Zwar soll neben dem BER-Nordpier ein Abfertigungsterminal für Billigflieger, ausgelegt für 8 Millionen Passagiere, gebaut werden. Doch all das wird schon um 2020 nicht reichen. Und weitere BER-Erweiterungen sind im bislang beschlossenen provisorischen Ausbauprogramm bis 2024 weder geplant, noch finanziert.

Vor diesem Hintergrund könnte ein Verbleib des Regierungsflughafens in Tegel - der unter Militärrecht fällt und nicht mit dem BER-Planfeststellungsbeschluss kollidiert - die Lage am BER zumindest entlasten. „Man spart das Geld für das provisorische Regierungsterminal“, sagte Graf. Wie berichtet, soll das nur sechs Jahre benötigte Interim inzwischen 80 Millionen Euro kosten. Zudem behielte man, argumentiert Graf, für Notfälle eine dritte Start- und Landbahn in Tegel. Die Anwohner würden bei einer Weiternutzung lediglich für Regierungs- und Geschäftsflieger trotzdem „unheimlich entlastet“, so Graf. „Das wäre ein vernünftiger Kompromiss.“

Debatte nimmt an Fahrt auf

Allerdings lehnt die Bundesregierung das ab, wie das Bundesbauministerium erst jüngst bekräftigte. „Die Variante, die Flugbereitschaft länger am Standort Tegel zu belassen, kommt aufgrund bestandskräftiger Schließungsbeschlüsse für Tegel nicht in Betracht“, sagte Sprecher Andreas Kübler. „Die Bundesregierung sieht nach Prüfung der bestehenden Rechtslage keine Möglichkeit, davon abzuweichen.“

Und trotzdem nimmt die Tegel-Debatte an Fahrt auf. Mit dem Graf-Vorstoß ist die Berliner FDP, die für das Offenhalten von Tegel eintritt, nicht mehr allein. Allerdings geht die Union bisher nicht so weit wie die Liberalen, die mit dem laufenden Volksbegehren Tegel auch für Linienflüge offenhalten wollen.

FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja begrüßte gleichwohl den Schwenk. „Die Christdemokraten scheinen endlich gemerkt und verstanden zu haben, dass ohne Tegel ein Verkehrschaos auf die Hauptstadt zukommen und der Wirtschaftsstandort Berlin massiv geschwächt wird“, sagte er. Dennoch werde „nur ein Flughafen, der Geschäfts-, Regierungs- und Verkehrsflieger abfertigen kann, am Ende für die Stadt von Nutzen sein.“ Dafür sprach sich auch Christoph Brzezinski, Landeschef der Jungen Union, aus. „Am besten für Linienflüge auf der Kurzstrecke, mindestens aber für den Regierungs- und Geschäftsfliegerbetrieb.“

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