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Berlins Ärztekammer-Präsident Bobbert soll helfen, in bestimmten Fällen zu klären, ob es sich um Notfälle handelt.
© imago; promo MB/Montage: Tsp
Update

Das gab's noch nie bei einem Pflegestreik: Berlins Ärztepräsident soll im Streit um Notversorgung vermitteln

Pflegekräfte von Charité und Vivantes sagen, Klinikleiter drängten darauf, trotz des Streiks nicht nur Notfälle zu behandeln. Nun ist Ärztekammer-Chef Bobbert gefragt.

Der Präsident der Ärztekammer Berlin soll im Pflegestreik an Berlins landeseigenen Kliniken vermitteln. Das erfuhr der Tagesspiegel am Dienstag. Dabei geht es nicht um Tariffragen, sondern um eine medizinische Einschätzung zu möglichen Notfällen.

Peter Bobbert, Internist und seit Jahresbeginn der Chef der mächtigen Ärztekammer Berlin, ist vom Vivantes-Vorstand darum gebeten worden. Einem internen Schreiben zufolge, das dem Tagesspiegel vorliegt, hat Bobbert seine Bereitschaft erklärt. Der Vorstand der Vivantes-Kliniken dankt ihm dafür, in mit Verdi "nicht zu klärenden Fällen", bei denen man die "medizinische Versorgung" von Patienten gefährdet sehe, zur Verfügung zu stehen.

Dem Brief an Bobbert zufolge, den die drei Vivantes-Vorstandsmitglieder am 14. September unterzeichnet haben, geht es den Ärzten der Klinikkette vor allem um onkologische Behandlungen, also Tumorpatienten. Bobbert bekäme die aktuellen Diagnosen und nötigen Daten der Patienten anonymisiert. Sein Einsatz wäre der erste dieser Art in einem Pflegestreik in Berlin.

Keine Notdienstvereinbarung zwischen Verdi und Kliniken

Gewerkschaft und Klinikspitzen haben sich seit Wochen nicht auf eine der sonst üblichen Notdienstvereinbarungen einigen können. Verdi kündigte an, alle Akutfälle wie gewohnt versorgen zu lassen. Die Krankenhausleitungen wollen möglichst viele Patienten als nicht zu verschiebende Notfälle einstufen, die Verdi-Verhandler fürchten um die Wirksamkeit ihres Arbeitskampfes. Die Gewerkschaft will, dass ganze Teams streiken, also Stationen gesperrt werden – sonst spüre den Streik kaum jemand.

Vivantes-Ärzte warfen den Streikenden vor, die Notfall-Versorgung zumindest zu gefährden. Verdi-Verhandlungsführerin Meike Jäger wies das zurück. Die Personalnot im Stationsalltag gefährde die Kranken, nicht der Ausstand.

"Meine Station in Neukölln läuft fast genauso wie vor dem Streik"

Am Mittwoch berichteten Verdi-Aktive aus Charité- und Vivantes-Stationen, dass während der nun sechs Streiktage leitende Ärzte oft darauf gedrängt hätten, auch jene Patienten zu behandeln, deren Termine hätten verschoben werden können. Anneliese Pötzsch, Intensivpflegerin im Vivantes-Haus Neukölln, sagte: "Meine Station läuft fast genauso wie vor dem Streik." Die bundesweit geltende Quote von einer Intensiv-Pflegekraft für zwei Patienten würde ständig unterlaufen, oft versorge ein Beschäftigter drei oder vier Fälle.

Der Vorstand habe den Streikenden mit "Regressforderungen" gedroht, berichtet Thomas Pottgießer aus dem Kreuzberger Urban-Krankenhaus, falls Patienten zu Schaden kämen. Krankenpfleger Pottgießer, der in der für solche Fragen zuständigen Verdi-Vivantes-Clearingstelle sitzt, sprach von einer "Kampagne" durch leitende Ärzte und Klinikmanager. Übermäßig viele Patienten als Notfälle zu bezeichnen, um insbesondere größere Operationen durchführen zu können, habe offenbar Methode. Der Vivantes-Vorstand weist das zurück.

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Meist eindeutig ist die Lage nach schweren Unfällen, Vergiftungen, Infarkten: Solche Patienten werden in den Rettungsstellen auch während eines Streiks umgehend versorgt. Strittig sind dagegen Fälle von Patienten, deren Leiden seit Langem andauern: Die Vivantes-Chefärzte fordern von den Streikenden insbesondere die zeitnahe Behandlung von Tumorpatienten. Geschwulste bestimmter Krebsarten wuchern innerhalb weniger Tage.

Wie berichtet fordert Verdi einen "Entlastungstarifvertrag"; also eine einklagbare Personalquote für mehr Pflegekräfte in den Vivantes-Krankenhäusern und der Charité. Seit Donnerstag haben jeden Tag bis zu 1000 Pflegekräfte in den Vivantes-Krankenhäusern und der Universitätsklinik die Arbeit niedergelegt. Tausende planbare Eingriffe wurden seitdem verschoben, zuletzt bis zu 1200 von fast 9000 Betten der Landeskliniken für Patienten gesperrt.

Ärztechef Bobbert hatte dem Tagesspiegel zur Personalnot in den Kliniken gesagt: "Wenn man jahrelang den falschen Weg gegangen ist, lässt sich das nicht in wenigen Wochen korrigieren. Die Arbeitsbedingungen – nicht nur, aber gerade – in der Pflege sind oft schlecht. Den Pflegekräften gilt unsere volle Solidarität."

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