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Letzte Chance. Am Sonntag war es an vielen sonst stark besuchten Orten in der Stadt deutlich leerer, so auch am Brandenburger Tor.
© Vivien Krüger

Restaurants und Cafés größtenteils geschlossen: Berlinerinnen und Berliner verhalten sich vorbildlich

Die Stadt war am Sonntag trotz sonnigen Wetters vielerorts gespenstisch leer. Dennoch beschloss der Senat am Abend strikte Ausgangsbeschränkungen.

Vom Bahnhof Friedrichstraße sieht es über das Wasser hinweg so aus, als ob drei Menschen auf den Außensitzplätzen der Ständigen Vertretung säßen - trotz Verbots. Sie trinken Kaffee in der Sonne. Hat das Restaurant also doch noch geöffnet?

Auf der anderen Seite angekommen, sind die Gäste plötzlich weg. Auch die Tassen stehen nicht mehr da. Die Tür ist verschlossen. Durch die Fenster ist niemand zu erkennen. Ein Zettel hängt am Fenster: „Aufgrund der aktuellen Situation haben sich unsere Öffnungszeiten geändert.“ Einen Hinweis, dass die Kneipe aufgrund der aktuellen Lage geschlossen ist, gibt es nicht. Bei einigen Gaststätten scheint der Senatsbeschluss erst nach und nach durchzusickern.

So auch in Charlottenburg: Am Vormittag wies eine Kundin die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer Bäckerei am Kurfürstendamm auf die neue Beschlusslage hin. Bis zum Mittag konnten Gäste noch auf den Außen- und Innensitzplätzen frühstücken. Dann kam der Anruf vom Chef am Mittag: Das Personal darf die Backwaren nur noch außer Haus verkaufen.

Vor einem Restaurant am Hohenzollerndamm in Wilmersdorf sind noch Gäste zu sehen, die draußen in der Sonne sitzen und ihren Kaffee oder ein Bier trinken. Auch vor der Dönerbude nebenan sitzen noch zwei Personen.

Die meisten Restaurants und Cafés in der Stadt sind jedoch dem Senatsbeschluss vom Samstagnachmittag gefolgt und haben ihr Geschäft am Sonntag geschlossen. Es ist sehr ruhig auf den Straßen. Ab und zu rauscht ein Auto vorbei, die leere Straßenbahn bimmelt oder eine Joggerin läuft an der Spree entlang. Rund um die Friedrichstraße hängen Zettel in den Schaufenstern, auf denen steht: „Liebe Gäste, leider können wir Sie aufgrund der Anordnung des Senats zum Coronavirus nicht begrüßen“.

Es fühlt sich an wie in einer Geisterstadt: Trotz des sonnigen, aber kalten Wetters ist so gut wie niemand unterwegs. Auch für einen Sonntag, an dem in Berlin, gerade im Bezirk Mitte, sonst deutlich mehr los ist. Dabei gibt es ja noch gar keine Ausgangsbeschränkungen in Berlin. Es scheint, als hätten die Menschen nun doch ein Einsehen und zu große Angst vor einer Maßnahme, die so tief in ihre Freiheit eingreifen würde.

Stattdessen: Lieferung oder Abholung

Viele Gaststätten haben sich bereits vor diesem Sonntag auf den Verkauf via Abholung oder Lieferung umgestellt. Mit der veränderten Verordnung des Senats vom Samstag folgten dem Beispiel nun auch andere Betriebe, die ansonsten gar keinen Umsatz mehr machen würden.

Einige Cafés wie das „What do you Fancy Love?“ in Charlottenburg türmten ihre Restbestände samt Kuchen, Bagels, Eiern, Ingwer, Äpfeln oder Orangen kunstvoll vor der Tür auf und verkauften von dort aus, bevor sie für unbestimmte Zeit schließen. Andere erlaubten es ihren Kundinnen und Kunden weiter, das Geschäft zu betreten und Speisen und Getränke zum Mitnehmen zu bestellen. Wieder andere boten ihre normale Karte an, ließen die Gerichte aber abholen oder lieferten sie aus.

Das Café „What Do you Fancy Love?“ in der Knesebeckstraße in Charlottenburg bietet die Restbestände vor der Ladentür an.
Das Café „What Do you Fancy Love?“ in der Knesebeckstraße in Charlottenburg bietet die Restbestände vor der Ladentür an.
© Vivien Krüger

Das Franchise-Burgerrestaurant „Peter Pane“ an der Friedrichstraße verkauft ab Sonntag nur noch außer Haus. An einer kleinen hölzernen Theke, die den Eingang versperrt, kann bestellt werden, hier werden auch die Speisen ausgegeben. Plastikaufsteller erklären, wie Burgerliebhaber trotzdem in den Genuss kommen können: Entweder über die Bestellung im Online-Shop oder direkt vor Ort. Noch steht dort aber niemand an.

Polizei vorsichtig optimistisch: Berliner hätten Ernst der Lage begriffen

Die Polizei zeigte sich am Sonntag vorsichtig optimistisch, dass die Berliner den Ernst der Lage begriffen haben. In der Nacht zu Sonntag wurden nur noch 20 Verstöße festgestellt, gegenüber 26 in der Nacht davor und 90 in der Nacht davor. Es wurden 29 „objektbezogene“ Kontrollen gemacht, also etwa in Gaststätten und Imbissbuden, und 17 Kontrollen im Freien. Zwei Nächte vorher waren es noch 200 Kontrollen.

Das teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit. Dabei ist die Polizei immer mit derselben Personalmenge im gesamten Stadtgebiet unterwegs. Die gesunkene Zahl der Kontrollen bedeutet also nicht, dass weniger kontrolliert wurde, sondern, dass weniger Anlässe zum Einschreiten bestanden. Am Sonntagmorgen twitterte die Polizei auch bereits dankbar: „Unglaublich viele Menschen in #Berlin haben den Ernst der Lage offenbar erkannt. Es sind merklich weniger Menschen in der Stadt unterwegs. Wer dennoch angesprochen werden muss, reagiert meist verständnisvoll - #Danke!“

Auch viele Supermärkte und Drogerien geschlossen

Auch die meisten Supermärkte haben am Sonntag geschlossen. Die Rewe-Filiale in den Potsdamer Platz Arkaden war am Sonntag nicht mehr geöffnet, auch der Drogeriemarkt dm war geschlossen. Im Edeka-Supermarkt im Bahnhof Friedrichstraße konnten die Menschen weiterhin einkaufen. Voll war es jedoch nicht. Die Mindestabstände an den Kassen wurden zum Teil nicht eingehalten.

Die Rewe-Filiale in den Potsdamer Platz Arkaden war am Sonntag geschlossen.
Die Rewe-Filiale in den Potsdamer Platz Arkaden war am Sonntag geschlossen.
© Vivien Krüger

Am Brandenburger Tor waren sehr wenige Menschen unterwegs - die meisten zu Fuß oder mit dem Rad und größtenteils allein oder zu zweit. Auch hier haben die anliegenden Cafés und Restaurants geschlossen. Eine kleine Schlange bildete sich lediglich vor einer Bäckerei.

Auch der Potsdamer Platz wirkte am Sonntagnachmittag wie ausgestorben. Vereinzelt liefen Fußgänger in Richtung S-Bahn, ein Mann machte Selfies vor den mit Graffiti besprühten Resten der Berliner Mauer. Die S-Bahn-Waggons waren fast komplett leer, die Busse fuhren meist ohne Fahrgäste.

Die ganze Hauptstadt: ungewohnt verlassen. Aus Solidarität und Rücksichtnahme auf die Älteren und Schwächeren in der Gesellschaft? Dass diese Anstrengungen nicht gereicht haben, entschied der Berliner Senat noch am selben Abend.

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