Technik fürs Homeoffice fehlt: Berliner Verwaltung unzureichend auf erneuten Lockdown vorbereitet
Der Verwaltung fehlen Tausende mobile Endgeräte und sichere Internetverbindungen. Zudem droht eine Wiederholung „kreativer Lösungen“ im Umgang mit dem Mangel.
Was, wenn im Herbst die Zahl der Corona-Infektionen deutlich ansteigt, das gesellschaftliche Leben erneut eingefroren, die gerade wieder in Gang kommenden Behörden ins Homeoffice versetzt werden müssen? Knapp sechs Monate nach dem ersten Corona-Lockdown scheint klar, dass die Senatsverwaltungen nur höchst unzureichend auf einen erneuten Zusammenbruch des Normalbetriebes im Präsenzmodus vorbereitet sind.
Noch immer fehlen Tausende mobile Endgeräte und die dazugehörigen sicheren Internetverbindungen, um eine relevante Zahl der Mitarbeiter auch vom heimischen Schreibtisch aus arbeitsfähig zu halten. Ein erneuter Zusammenbruch der Berliner Verwaltung wäre die Folge, inklusive der Konsequenzen, die sich bis heute daraus ergeben.
Zudem droht die Wiederholung „kreativer Lösungen“ im Umgang mit dem Mangel, die IT-Experten und Datenschützer zu Recht mit Sorge betrachten. Öffentlich gemacht hat das Tobias Schulze, stellvertretender Vorsitzender der Linksfraktion sowie deren Sprecher für digitale Verwaltung.
Seinen ausführlichen Fragenkatalog beantwortete IT- Staatssekretärin Sabine Smentek (SPD) mit detaillierter Zuarbeit der einzelnen Senatsverwaltungen. Besonders augenscheinlich dabei ist der Mangel an mobilen Endgeräten – sprich Laptops, Smartphones oder Tablets.
Nahezu alle Senatsverwaltungen inklusive Senatskanzlei gaben an, teilweise massiven Bedarf an Geräten zu haben, mit denen Mitarbeiter außerhalb des Büros ihre Dienstaufgaben erledigen können.
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Im Bereich der Bildung, der Finanzverwaltung, der Innenverwaltung sowie der Behörden für Stadtentwicklung und Umwelt wurden jeweils mehrere Hundert offene Posten angegeben, die es für eine adäquate und damit Homeoffice-fähige Ausstattung der Behörde bräuchte.
Allein die Umweltverwaltung beziffert den Bedarf auf 830 zusätzliche mobile Endgeräte, die Bildungsverwaltung benötigt 710 mobile Arbeitsplätze – allein im „ministeriellen Bereich“ und bei „stark steigender Tendenz“ zur Heimarbeit. Der „schulische Bereich“, sprich die rund 365.000 Schüler und Lehrkräfte, ist da längst nicht eingerechnet.
Lehrkräfte unzureichend ausgestattet
Überhaupt wurde „die technische Ausstattung der Lehrkräfte im Zuge der Pandemie nicht verbessert“, erklärt die Bildungsverwaltung. Kein gutes Zeichen angesichts der massiven Kritik von Gewerkschaft und Lehrern sowie der Ankündigung der Bildungsverwaltung, im Fall steigender Infektionszahlen an Schulen schneller zu einer Mischung aus analogem und digitalem Lernen und Lehren zu kommen.
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Negativer Ausreißer unter den Senatsverwaltungen, die die Zahl ihrer mobilen Arbeitsplätze in den vergangenen sechs Monaten jeweils meist verdoppelt, einige sogar vervielfacht haben, ist die Senatsverwaltung für Justiz. Bereits im März mit nur acht sogenannten Mobilarbeitsplätzen ausgestattet, die einen Zugang zu internen Fachverfahren von außerhalb ermöglichten, liegt ihre Zahl aktuell bei zwölf.
Erklärungen dazu, warum ausgerechnet in dem zuletzt durch den folgenschweren Hackerangriff auf das Kammergericht vermeintlich sensibilisierten Justizbereich die Digitalisierung einfach nicht vorankommt, gibt es nicht.
Stattdessen lautet die Antwort auf die Frage nach dem Bedarf an zusätzlicher Hardware für das mobile Arbeiten und die Heimarbeit: „Der Bedarf konnte somit grundsätzlich abgedeckt werden.“
Immerhin 12.500 sichere Verbindungen für die Einwahl in das Landesnetz
Kaum besser die sicher auch von der Berliner Datenschutzbeauftragten zur Kenntnis genommene Antwort verschiedener Verwaltungen auf die Frage nach privaten Mailadressen im dienstlichen Gebrauch: In der Sozial-, der Stadtentwicklungs-, der Umwelt- und wohl auch der Gesundheitsverwaltung wurden private Mailadressen zum Versenden dienstlicher und damit mutmaßlich auch personenbezogener Daten genutzt.
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Inwieweit die interne Vorgabe der Sozialverwaltung, nur Nachrichten ohne personenbezogene Daten, ohne dienstlich schützende Informationen und ohne Elemente wie „senias“, „integration“, „arbeit“ und „soziales“ zu versenden, Folge geleistet wurde, ist fraglich. Zur Klarstellung versah Smentek diesen Teil der Anfrage mit dem Satz: „Die Nutzung privater E-Mail-Adressen ist aus Gründen des Datenschutzes nicht gestattet.“ Auch sie wird wissen: Not macht erfinderisch.
Überrascht reagierten Schulze und andere auf die Feststellung Smenteks, dass von den mittlerweile immerhin 12.500 sicheren Verbindungen für die Einwahl in das Landesnetz aktuell täglich nur wenige Hundert tatsächlich genutzt werden. Für die Hintergründe dafür interessiert sich nun auch der IT-Lenkungsrat des Landes Berlin. Tagesspiegel-Informationen zufolge forderte er sämtliche Senatsverwaltungen auf, ihren tatsächlichen Bedarf zu prüfen und zu melden.
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