Elektro-Transporter für Gastronomie und Charité: Berliner Start-up entwickelt E-Fahrzeuge für Betriebe
Das Start-up Levcon setzt auf Nutzfahrzeuge mit E-Antrieb. Besonders der Mittelstand könnte profitieren. Was kostet das?
Leise surrt das ungewöhnliche Gefährt über das Werksgelände in der Siemensstadt in Spandau. Das dreirädrige E-TecTrike fährt mit Elektromotor und sieht aus wie eine Mischung aus E-Tretroller und Lastenrad. Am Lenker steht Gennadij Vaisman.
„Man kommt damit einfach schnell von einem Gebäude ins andere“, sagt der Marketingstratege des Berliner Start-ups Levcon, das die TecTrikes produziert – vor allem für Firmenkunden. Mit dem TecTrike könnten Mitarbeiter zum Beispiel kleine Transporte auf dem Betriebsgelände machen oder im Warenlager Lieferungen zusammenstellen, erklärt Vaismann.
Ein TecTrike fährt maximal 25 Stundenkilometer schnell. Es ist sogar für den Straßenverkehr zugelassen. Auf seiner Ladefläche können laut Hersteller bis zu 50 Kilogramm Nutzlast befördert werden. Das Fahrzeug kostet 3480 Euro. Es basiert auf dem sehr ähnlichen „Kicktrike“, das 2016 von einer Vorgängerfirma vorgestellt wurde.
Dieses Modell wurde noch komplett in Deutschland gefertigt. Doch die Produktionskosten seien zu hoch gewesen, sagt Vaisman. Deshalb habe man sich 2017 für ein neues Konzept entschieden. Seither wird das Basisprodukt in China hergestellt – mit Erfolg.
„Das Qualitätsmanagement machen wir in Deutschland“, sagt Vaisman. Ein Team von acht Mitarbeitenden in Berlin veredelt die importierten Fahrzeuge entsprechend individueller Kundenaufträge. Das TecTrike kann etwa mit einem Kühlschrank ausgestattet und dann in der Gastronomie eingesetzt werden. Auf Messegeländen würden Stände damit beliefert, sagt Portfoliomanager Henning Schubert. „Manche Betreiber erlauben sogar, dass sie im Publikumsverkehr fahren. Das hat bisher kein Fahrzeughersteller geschafft.
Außerdem können ein Sitz oder ein Anhänger hinzugefügt werden. Viele TecTrike-Käufer seien Dienstleister aus dem Bereich Facility Management, sagt Vaisman. Hausmeister oder Reinigungskräfte transportieren ihre Arbeitsgeräte mit dem Dreirad. Aber auch Krankenhäuser nutzen die Trikes. Für die Charité zum Beispiel hat Levcon Spezialmodelle im blauem Corporate Design hergestellt.
Bald sollen auch E-Lkw im Sortiment sein
Nach eigenen Angaben finanziert sich die Levcon UG ausschließlich aus Eigenkapital und wirtschaftet seit ihrer Gründung leicht positiv. Dennoch konnte das Portfolio in den letzten Monaten erheblich ausgebaut werden. Denn neben der Eigenentwicklung TecTrike vertreibt das junge Unternehmen mittlerweile auch Fahrzeuge anderer Hersteller.
„Wenn es ein Produkt schon gibt, warum sollen wir es dann von null entwickeln?“, sagt Schubert. So gehören unter anderem Mopeds von Vässla aus Schweden zum Sortiment. Die meisten Fahrzeuge kommen jedoch aus Asien. Im kommenden Jahr sollen unterschiedlichste Produkte aus dem Bereich E-Mobilität, vom dreirädrigen E-Quad bis zum E-Sattelschlepper, mitsamt Ersatz- und Bauteilen sowie den dazugehörigen Ladestationen, über den Levcon-Webshop in Deutschland erhältlich sein.
Besonders große Hoffnungen setzen die Jungunternehmer in den Maxus EV80. Dieser Kleintransporter wird von SAIC hergestellt, einem der vier größten chinesischen Autobauer. Levcon zufolge erreicht er eine Geschwindigkeit von 100 Kilometern pro Stunde und verfügt über eine Batteriekapazität von 56 kWh. Die maximale Reichweite soll bei etwa 170 Kilometern liegen. Der Maxus kann eine Nutzlast von bis zu 950 Kilogramm zuladen und soll für 46 500 Euro netto verkauft werden.
Das Modell lohne sich besonders für den Mittelstand, sagt Schubert: „Die Fuhrparks von Unternehmen sind genau kalkuliert.“ Fest steht, dass die Berliner Gründer auf eine ernst zu nehmende und erfahrene Konkurrenz treffen. Seit Jahren erfolgreich im Segment der E-Nutzfahrzeuge ist der Streetscooter.
Das Fahrzeug wird seit 2016 von einem Tochterunternehmen der Deutschen Post produziert. Zuerst kam es bei DHL zum Einsatz, mittlerweile ist es aber für alle Kunden erhältlich. Die Kastenwagen-Variante „Work L“ ist vergleichbar mit dem Maxus EV80. Laut Hersteller bietet sie eine Batterie mit 40 Kilowatt Leistung und eine Reichweite von 187 Kilometern. Der Streetscooter kann 905 Kilogramm zuladen. Damit ist er zwar kleiner als der Maxus, kostet mit 45 450 Euro aber etwas weniger.
4000 Euro Umweltbonus
Auch Mercedes drängt mit neuen Modellen in den wachsenden Markt für E-Transporter. Der elektrische Transporter eVito wird seit Mitte 2019 verkauft. Laut Preisliste kostet das Fahrzeug in der Basisversion 44.990 Euro. Die Elektrovariante des Sprinters, der dem eCrafter von Volkswagen Konkurrenz machen soll, wird nach Herstellerangaben im ersten Quartal dieses Jahres auf den Markt kommen
Inzwischen hat VW den Preis des eCrafters auf 53 900 Euro gesenkt, sodass die Käufer staatliche Förderungen erhalten können. Auch andere Hersteller haben für das kommende Jahr neue Elektro-Nutzfahrzeuge angekündigt.
Grundsätzlich ist der vergleichsweise hohe Kaufpreis immer noch das größte Hemmnis bei der Umstellung auf Elektrofahrzeuge. Deshalb bemüht sich die Politik darum, finanzielle Anreize zu schaffen. Davon können Unternehmer profitieren. Wer ein Elektrofahrzeug kauft, egal ob privat oder gewerblich, kann eine Förderung vom Bundeswirtschaftsministerium beantragen.
Dieser „Umweltbonus“ beträgt insgesamt 4000 Euro, die Hälfte davon ist ein Rabatt, den die Hersteller inzwischen bereits in die Preise einkalkulieren. Firmen erhalten zudem eine steuerliche Förderung in Form einer Sonderabschreibung von 50 Prozent im Jahr der Anschaffung.
Berliner Unternehmen können, wie berichtet, zusätzlich beim Senat noch Zuschüsse aus dem Welmo-Programm (Wirtschaftsnahe Elektromobilität), das wegen seines großen Erfolges kürzlich verlängert wurde, beantragen. Für Elektro-Transporter gibt es hier pro Gefährt mit Batterie- oder Brennstoffzellenantrieb 8000 Euro, bei Plug-In-Hybriden 4000 Euro.
Allerdings gilt die Förderung nur für Fahrzeuge mit Straßenzulassung – also zum Beispiel Kleintransporter. Das TecTrike ist nicht in der notwendigen Kategorie zugelassen und fällt somit heraus. Henning Schubert von Levcon wünscht sich, dass diese Richtlinien geändert werden.