Beschluss auf Landesparteitag: Berliner SPD will 500 Millionen jährlich mehr für Soziales
Die Maßnahmen sollen noch vor der nächsten Wahl greifen. Finanzsenator Kollatz hatte offenbar Bedenken gegen die Pläne, stimmt aber zu.
Die Berliner SPD hat am Sonnabend ein sozialpolitisches Paket beschlossen, das den Landeshaushalt mit jährlich 500 Millionen Euro belastet. Der Regierende Bürgermeister und SPD-Landeschef Michael Müller verteidigte den einstimmigen Beschluss, dem er zunächst aus finanzpolitischen Gründen skeptisch gegenüberstand. Es gehe hier nicht "um Sozialismus, indem jedem Berliner Geld in die Hand gedrückt wird". Die SPD wolle mit ihrem neuen Konzept "sozialstaatlich vorankommen".
Kern des Beschlusses ist ein "Mindestlohn auf einem armutsfesten Niveau". Derzeit wären 12,63 Euro erforderlich, um eine Rente unter der Grundsicherung zu vermeiden. Die SPD will den Mindestlohn auf Landesebene im nächsten Jahr auf 11 Euro erhöhen und ab 2021 auf einen dynamisierten Betrag, der Armut im Alter verhindert.
Außerdem sollen die Einkommen der Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst noch in dieser Wahlperiode nicht nur auf den Durchschnitt der Bundesländer angehoben, sondern allen Bediensteten eine Zulage von 150 Euro monatlich gewährt werden.
Elternbeitrag beim Kita- und Schulessen soll gestrichen werden
Beschlossen wurde auch eine "strukturelle Verbesserung bei der Eingruppierung der Beschäftigten im mittleren und unteren Dienst", etwa für Polizisten und Feuerwehrleute, Erzieherinnen oder Pflegekräfte. Bei den Landesunternehmen sollen tariflose und befristete Beschäftigungen der Vergangenheit angehören und die Gleichbezahlung von Frauen und Männern durchgesetzt werden.
Vorgeschlagen wird auch die Gebührenfreiheit im Hort über die 2. Klasse hinaus. Der Elternbeitrag beim Kita- und Schulessen soll gestrichen werden. Die Haushaltsexperten der Berliner SPD haben dem Vernehmen nach ausgerechnet, dass eine Modellfamilie mit zwei Kindern vom gesamten sozialdemokratischen Sozialpaket um monatlich 600 bis 850 Euro entlastet wird.
Der Beschluss soll, wenn es nach den Sozialdemokraten geht, in den nächsten Doppelhaushalt für 2020/21 eingearbeitet werden. So ließen sich noch vor der nächsten Abgeordnetenhauswahl im Herbst 2021 Tatsachen schaffen, die die Bürger überzeugen, verlautete am Sonnabend parteiintern.
Saleh: Es geht um "mehr Geld in den Taschen der normalen Leute"
Es gehe um "mehr Geld in den Taschen der normalen Leute", sagte der SPD-Fraktionschef Raed Saleh in der Parteitagsdebatte. Die SPD wolle Berlin bezahlbarer machen und den Grundsatz der gebührenfreien Bildung vollständig durchsetzen. Mit diesem Beschluss werde bei der „Umverteilung von oben nach unten“ begonnen.
Finanzsenator Matthias Kollatz hatte SPD-intern starke Bedenken gegen das teure Konzept zur Entlastung der Bürger geäußert, sich letztlich aber der Parteiräson gefügt. Der Beschluss sei "eine Parteinahme für die unteren Einkommen", sagte er auf dem Parteitag. Finanziell sei das Paket verkraftbar, das gelte auch für den engen Zeitplan. Andererseits forderte Kollatz, die Verschuldung Berlins langfristig auf 50 Milliarden Euro zu senken, "um manövrierfähig zu bleiben". Zurzeit sind es 58 Milliarden Euro.