Pop fordert Kontingentlösungen in Deutschland: Berliner Senat berät über Aufnahme von Flüchtlingen aus Afghanistan
Angesichts der Lage in Afghanistan diskutiert der Senat über die Aufnahme von Flüchtlingen. Wirtschaftssenatorin Ramona Pop macht sich für eine schnelle Unterbringung Geflüchteter stark.
Die dramatische Situation in Afghanistan und eine mögliche Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Land beschäftigt am Dienstag auch den Berliner Senat. Nach Tagesspiegel-Informationen soll es darum gehen, wie viele Menschen Berlin aufnehmen könnte und inwiefern die Stadt unter anderem im Bereich der Unterbringung darauf vorbereitet ist.
Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) machte sich für eine schnelle Unterbringung Geflüchteter aus Afghanistan in Berlin stark. „Die Bilder aus Kabul sind erschütternd. Mich macht es fassungslos, wie die Bundesregierung tatenlos dem Vormarsch der Taliban zugeschaut hat“, sagte sie dem Tagesspiegel.
Es sei eine humanitäre Katastrophe, dass mit dem Abzug der Truppen keine Evakuierungspläne für die Ortskräfte und ihre Familien, Hilfsorganisationen, Frauen- und Menschenrechtler:innen gemacht worden seien. „Wir haben deswegen die Verpflichtung, diejenigen Menschen aufzunehmen, die nun vor den Taliban flüchten. Es braucht jetzt schnelle Kontingentlösungen in Deutschland für Geflüchtete aus Afghanistan. Berlin steht bereit, Menschen aufzunehmen“, sagte sie.
Ähnlich hatte sich am Wochenende bereits Innensenator Andreas Geisel (SPD) geäußert. Gemeinsam mit anderen Bundesländern würde die Stadt ein Kontingent von Flüchtlingen aufnehmen, „die sich in Afghanistan für den Aufbau der Demokratie eingesetzt haben“, sagte Geisel dem Tagesspiegel. „Wir brauchen dafür dringend Entscheidungen auf Bundesebene.“ Elke Breitenbach (Linke), Senatorin für Integration, forderte eine „humanitäre Hilfsaktion, an der sich Berlin selbstverständlich beteiligen wird“.
Berlin hatte in den vergangenen Wochen rund 180 Ortskräfte aus Afghanistan aufgenommen, teilte eine Sprecherin des Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) auf Anfrage mit. 60 weitere Ortskräfte würden in den kommenden Tagen erwartet.
[Wenn Sie alle Entwicklungen zu Afghanistan und anderen aktuellen Themen live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]
Allerdings handele es sich dabei nicht um Personen, die derzeit aus Kabul ausgeflogen werden sollen. Sie hätten stattdessen schon ein Visum erhalten und seien bereits zuvor in die Türkei gebracht worden. In der Hauptstadt würden sie nun in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht.
Für die nun aus Afghanistan gebrachten Personen ist eine Unterbringung in Berlin vorerst nicht vorgesehen. Wie die von Senatorin Elke Breitenbach (Linke) geführte Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales mitteilte, sei Berlin „aktuell nicht Zielort einer kurzfristigen Aufnahme“. Im LAF stehen nach Angabe der Integrationsverwaltung derzeit 1250 Plätze in den Unterkünften zur Belegung zur Verfügung.
Pop greift Giffey an
Als „besonders zynisch“ bezeichnete Ramona Pop jene Stimmen, die noch vor kurzem Abschiebungen nach Afghanistan gefordert hätten. „Entweder man hat keine Ahnung von der Welt, wenn man so etwas fordert, oder betreibt Populismus der übelsten Art - dafür sollte man sich schämen.“
Die Aussage ist ein deutlicher Seitenhieb auf SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey. Die Sozialdemokratin hatte sich erst im Juli dafür ausgesprochen, Straftäter und Extremisten aus Deutschland nach Syrien und Afghanistan abzuschieben.
[Mehr zum Thema: "Sie werden mich finden": Wie Menschen in Kabul um ihr Leben fürchten (T+)]
Giffey selbst sprach sich am Montag für die Rettung afghanischer Ortskräfte aus dem Land im Mittleren Osten aus. „Den Ortskräften & ihren Familien sind wir es schuldig, sie zu schützen“, schrieb die SPD-Politikerin auf Twitter. Berlin sei bereit seinen Teil dazu beizutragen, die von Verfolgung, Folter und Tod bedrohten Menschen aufzunehmen.
Bereits am Wochenende sprach sich die Grünen-Spitzenkandidatin für die Abgeordnetenhauswahl in Berlin, Bettina Jarasch für die schnelle Unterbringung von Afghanen in der Hauptstadt aus. „Berlin muss dem Bund ein Angebot machen, im Rahmen des deutschen Handelns ein Kontingent Flüchtlinge aufzunehmen“, sagte sie dem Tagesspiegel.