Berlin: Berliner Nachrufe: Olaf Wriedt Geb. 1960
Er war ein schöner Mann. Und er wusste es.
Er war ein schöner Mann. Und er wusste es. Das Hemd trug er gerne offen, zeigte die muskulöse Brust. "Und es waren keineswegs nur Männer, denen er gefiel", sagt Ades Zabel, der die letzten acht Jahre Lebensgefährte von Olaf Wriedt war. Auf seinen Körper war der in Kreuzberg geborene Mann stolz. Olaf Wriedt machte Kampfsport und trainierte zu Hause mit den Hanteln. Er gehörte zur Kreuzberger Szene, fing wie die meisten, die fest dazugehören, vieles an und brach fast genauso vieles wieder ab.
Er war Maurer, Hausbesetzer, Drucker, machte alle möglichen Jobs, und er war ein Partygänger. In den Clubs kannte man ihn, lange bevor er zu der Schauspieltruppe der "Teufelsberger" um Ades Zabel stieß. Die Szene, Kreuzberg, das war sein Zuhause. Weite Reisen oder ein Umzug in eine andere Stadt kamen nicht in Frage. Nur einmal brach er aus. Er ging für mehr als zwei Jahre nach Afrika, um dort eine Druckerei aufzubauen. Seinem späteren Freund Ades Zabel hat er darüber wenig erzählt. Die vielen Fotos, die an die Zeit in Afrika erinnerten, wollten sie irgendwann zusammen ansehen. Doch dazu kam es nicht mehr.
Aus Afrika brachte Olaf Wriedt eine Hepatitis-B-Infektion mit, an der er mit 39 Jahren starb. Der HIV-Virus, der den Krankheitsverlauf tödlich machte, stammte aus Berlin. "Gerade für ihn, dem sein Körper so wichtig war, war es schrecklich, krank zu sein", sagt sein Freund. Als die Gelbsucht ausbrach, lebte Olaf Wriedt streng nach Diät. Mit Disziplin bekam er die Krankheit in den Griff. Sein Körper erholte sich. "Es ging ihm so gut, dass er wieder Alkohol trank. Er mischte im Nachtleben mit und arbeitete viel", erinnert sich Ades Zabel. Die Theatergruppe rückte ins Zentrum seines Lebens. Das Duo der Putzfrau Edith (Zabel) und des ätzenden Proleten Hotte (Wriedt) wurden zum Erfolg, Hotte sein Spitzname. Doch Olaf Wriedt haderte mit der einseitigen Negativfigur des Hotte. Gemeinsam entwickelten die Freunde eine charmante Variante des Proleten.
Olaf Wriedt wollte gemocht werden. Aber er war kein Opportunist. Im Gegenteil: Er war eigen, verschlossen und machte es seinen Freunden nicht leicht. Er war einer, der schnell poltert, aber sich auch entschuldigte. Vielleicht wurde er auch deshalb zur treibenden Kraft der Theatergruppe. Er arbeitete mit Ehrgeiz und Erfolg an der Professionalisierung des Teams. Schließlich fehlte ihm auch dazu die Kraft. Erst holte ihn die Hepatitis-Infektion ein, dann stellte man fest, dass er HIV-positiv war. Etwas, dass er lange auch vor Freunden versuchte geheimzuhalten. AIDS und Hepatitis B, eine fatale Kombination: Aufgrund der Hepatitis-Infektion konnte er keine frühzeitige und erfolgversprechende Aids-Therapie beginnen. Seine Leber vertrug die Medikamente nicht. Die Ärzte machten ihm bald keine große Hoffnung mehr.
Olaf Wriedt wollte und konnte sich damit nicht abfinden. Immer wieder nahm er an den Proben teil, aber für Auftritte reichte seine Energie nicht mehr. Immer wieder musste er Premieren absagen. Obwohl es ihm im Dezember schon sehr schlecht ging, feierte er mit Freunden ins Jahr 2000 hinein. Nach der Silvesterfeier schlief er drei Tage. Ades Zabel meinte, es würde ihm gut tun.
"Am 5. Januar wurden im Nachbarzimmer - wir hatten kein gemeinsames Schlafzimmer - energisch die Vorhänge zurückgezogen. Ich dachte, es muss ihm besser gehen." Keine Stunde später kommt Ades Zabel von Einkäufen nach Hause, will mit dem Freund frühstücken. Doch der ist im begehbaren Schrank zusammengebrochen. Noch bevor der Krankenwagen kommt, ist Olaf Wriedt tot. Später wird sein Körper verbrannt.
Ades Zabel wohnt noch heute mitsamt den Erinnerungen in der gemeinsamen Wohnung. Den Schrank hat er mit Voodoo und Räucherstäbchen von den schlimmsten Erinnerungen befreit. Die guten will er behalten. In der Brieftasche trägt er Olaf Wriedts alten Ausweis. Und die Afrika-Fotos warten darauf, endlich angesehen zu werden.
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