Landesliste gewählt: Berliner Linke zieht mit Petra Pau in den Bundestagswahlkampf
Rund sechseinhalb Monate vor der Bundestagswahl hat die Berliner Linke ihre Spitzenkandidatin gewählt. Dabei gab es keine Überraschung – aber bei Listenplatz 2.
Petra Pau ist erneut die Spitzenkandidatin, mit der die Berliner Linke in den Bundestagswahlkampf zieht. Die 57-jährige Bundestags-Vizepräsidentin wurde am Samstag auf einer Vertreterversammlung in Neukölln auf Platz 1 der Landesliste gewählt.
Sie erhielt 125 Ja-Stimmen bei 10 Nein-Stimmen und 5 Enthaltungen. Das entspricht einer Zustimmung von 89,3 Prozent. Pau war bereits 2017 Spitzenkandidatin ihrer Partei, die Delegierten hatten sie damals mit 83,9 Prozent der Stimmen gewählt.
Die Linke-Politikerin ist seit 1998 Mitglied des Bundestags und seit 2006 Vizepräsidentin des Parlaments. Ihren Wahlkreis Marzahn-Hellersdorf hat sie seit 2002 fünf Mal in Folge direkt gewonnen.
Die Berliner Linke-Vorsitzende Katina Schubert stimmte die Partei auf einen harten Wahlkampf ein. Das Ziel sei eine progressive Regierung im Bund wie im Land. „Dafür braucht es eine starke Linke“, sagte Schubert. „Dazu haben wir als Berliner Landesverband eine besondere Verantwortung.“
Bei der Bundestagswahl 2017 erreichte die Linke in Berlin 18,8 Prozent. „Wir sind ein starker Landesverband“, sagte Schubert. „Wir lassen AfD und CDU im Osten keinen Stich. Der Osten muss rot bleiben. Das wird ein harter Kampf.“
Meiser setzte sich auf Platz 2 gegen Udo Wolf durch
Ein unerwartetes Ergebnis gab es bei der Wahl zum Listenplatz 2: Die Linke hat sich entschieden, ihn für den Bundestagsabgeordneten Pascal Meiser (46) zu reservieren. Der Linke-Landesvorstand hatte den früheren Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, Udo Wolf (58), dafür vorgeschlagen.
[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]
Linke-Vorsitzende Schubert warb noch direkt vor der Wahl ausdrücklich für Wolf. Allerdings erhielt Meiser 73 Stimmen (51,4 Prozent), Wolf nur 66 (46,5 Prozent) bei 2 Enthaltungen und einer ungültigen Stimme. Über den Listenplatz 2 gilt der Einzug in den Bundestag als so gut wie sicher.
Meiser hatte in seiner Rede unter anderem auf sein Engagement als Gewerkschafter und Streiter für die Rechte von Mietern hingewiesen, Wolf auf seine langjährige Erfahrung. Meiser hat seinen Wahlkreis in Friedrichshain-Kreuzberg, aus dem ein halbes Dutzend Delegierte um Unterstützung für ihn warben.
Gesine Lötzsch auf Platz drei – mit besserem Ergebnis als Pau
Wolf, den viele Linke in Berlin noch als Fraktionschef kennen, hat das Amt erst vergangenes Jahr abgegeben. Nun kandidiert er für den Wahlkreis 76 in Pankow, den zuvor Stefan Liebich drei Mal hintereinander für die Linke gewonnen hatte, der nicht noch einmal antreten wollte. Auch Liebich hatte sich für Wolf stark gemacht. Der Ex-Fraktionschef bewarb sich anschließend für Listenplatz 4. Er bekam 103 Ja-Stimmen bei 26 Nein-Stimmen, 1 ungültigen und 12 Enthaltungen (72,5 Prozent).
Auf Platz drei der Landesliste steht Gesine Lötzsch (59). Sie ist seit 2002 Mitglied im Bundestag und hat seitdem das Direktmandat in Lichtenberg jedes Mal gewonnen. Sie erhielt mit 130 Ja- bei 3 Nein-Stimmen und 7 Enthaltungen (92,9 Prozent) ein noch besseres Ergebnis als Petra Pau.
[In unseren Leute-Newslettern berichten wir wöchentlich aus den zwölf Berliner Bezirken. Die Newsletter können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de]
Helin Evrim Sommer (50) steht auf Listenplatz 5. Sie sitzt für den Wahlkreis Spandau - Charlottenburg-Nord im Bundestag und ist dort entwicklungspolitische Sprecherin der Linke-Fraktion. Sie bekam 92 Ja- bei 28 Nein-Stimmen und 21 Enthaltungen (65,2 Prozent).
Gysi kandidierte nicht für die Landesliste
Der deutschlandweit bekannteste Berliner Bundestagsabgeordnete der Linke, Gregor Gysi, kandidierte nicht für die Landesliste. Er tritt erneut in seinem Wahlkreis Treptow-Köpenick an, den er beim vergangenen Mal direkt gewonnen hat.
Bei der Bundestagswahl 2017 war die Linke in der Hauptstadt mit ihren 18,8 Prozent der Zweitstimmen vor der SPD gelandet, die auf 17,9 Prozent kam. Die Linke schickte damit sechs Abgeordnete in das deutsche Parlament, zwei davon über die Landesliste, vier waren direkt gewählt.
Bei der Vertreterversammlung im Hotel „Estrel“ galten am Samstag strikte Abstands- und Hygieneregeln inklusive Maskenpflicht. Für alle Teilnehmer war außerdem ein Corona-Schnelltest vorgeschrieben. (dpa)