Hitze in Berlin: Berliner kämpfen mit den Wespen
Wespen plagen nicht nur Bäcker und Biergartenbesucher – die Auftragsbücher von Schädlingsbekämpfern sind voll. Was tun gegen die Unruhestifter?
Sie haben alles versucht. Doch vergebens. „Eben erst hat mich eine gestochen“, sagt Luise Böttcher. Die 27-Jährige ist Kellnerin im Biergarten Golgatha in Kreuzberg. Und tatsächlich, da kommt schon die nächste Wespe angeschwirrt und surrt erwartungsvoll um die Zapfhähne.
Um die ungeladenen Gäste von der Kundschaft fernzuhalten, hätten sie schon vieles probiert, sagt Böttcher: „Kaffee anzünden, Honig aufstellen, Elektrofallen – hilft aber alles nichts!“
Das können Fachleute bestätigen: Wespen mit Gerüchen zu vertreiben, sei nutzlos, weiß Biologin Melanie von Orlow vom Naturschutzbund Nabu. „Das wird immer wieder proklamiert. Es gibt auch findige Hersteller, die Wespennestattrappen anbieten. Das ist alles Schaumschlägerei“, sagt die zweite Vorsitzende des Naturschutzbundes. Im Biergarten in Kreuzberg gehen die Wespen besonders gerne an Säfte und Grillfleisch, aber „eigentlich sind die Viecher wirklich überall“, schaltet sich ein weiterer Kellner ein. „Das nervt beim Arbeiten.“
Bäckereien rufen Schädlingsbekämpfer
Eine Erfahrung, die er mit den Mitarbeitern der Berliner Stadtreinigung teilt. Denn auch um die Mülleimer schwirrt es zurzeit gewaltig. „Wespen sind für unsere Beschäftigten natürlich unangenehm“, sagt BSR-Sprecher Sebastian Harnisch. „Unsere Reinigungskräfte sind entsprechend vorsichtig und tragen bei der Papierkorbentleerung immer Arbeitshandschuhe.“
Auch Bäckereien kämpfen mit dem hohen Wespenaufkommen. Vor einer Filiale am Potsdamer Platz schwirren den Gästen besonders viele Tiere um die Köpfe. In der Limonadenflasche einer französischen Familie tummeln sich elf Wespen, „und wir sitzen erst seit zwanzig Minuten hier“. Die jugendliche Camille ist mit ihrer Schwester und ihrer Mutter zu einer Städtereise in Berlin. Auch drinnen tummeln sich die Tierchen. Gleich fünf Wespen bohren sich in den Zuckerguss eines Pfannkuchens. „Wir haben schon ein Nest von der Schädlingsbekämpfung entfernen lassen“, sagt der Filialleiter. Tatsächlich riefen Bäckereien häufig an, um Wespennester entfernen zu lassen, berichtet ein Berliner Schädlingsbekämpfer. Die Auftragsbücher der Unternehmen seien voll. Ansonsten könne man nicht viel tun, um die Tierchen auf ihrer Suche nach Zucker von den Backwaren fernzuhalten.
„Wir haben ein gutes Wespenjahr, eines, wie es das zuletzt gefühlt 2003 gab“
Allgemeine Richtlinien im Umgang mit Wespen gibt es nach Angaben des Zentralverbands des Deutschen Bäckerhandwerks nicht. „Ein erhöhtes Aufkommen von Wespen, vor allem in der Nähe von süßen Lebensmitteln, lässt sich im Sommer nicht vermeiden“, sagt Daniel Schneider, Geschäftsführer des Verbandes. Tatsächlich sind es diesen Sommer nach Einschätzung von Nabu-Expertin von Orlow besonders viele Wespen: „Wir haben ein gutes Wespenjahr, eines, wie es das zuletzt gefühlt 2003 gab“, sagt sie.
Im Biergarten Golgatha zumindest hält das die Gäste aber nicht davon ab, ihre Getränke im Freien zu genießen. „Unsere Gäste sind hartgesotten“, sagt Luise Böttcher. An Menschen hätten die Wespen erst einmal sowieso kein Interesse, sondern allenfalls an Lebensmitteln, die sie gerade verzehren, erklärt Melanie von Orlow. „Das heißt erst mal: Ruhe bewahren. Die Wespe sieht Sie ganz genauso wie einen Baum oder ein Möbelstück, das heißt, man muss auch nicht wedeln oder pusten. Wenn sie einen beim Essen partout stört: Leere Gläser stehen ja meist eh herum – drüberstülpen, beiseitestellen, weiteressen.“ (mit dpa)
Miriam Dahlinger
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