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Verträge für öffentliche Bauvorhaben und interne Gutachten zum Beispiel sollen online für alle einsehbar sein.
© Maurizio Gambarini/dpa

Gläserne Verwaltung: Berliner Initiative fordert Transparenzgesetz

Das Land Berlin soll künftig Verträge mit Unternehmen und Treffen des Senats mit Lobbygruppen offenlegen. Im Herbst 2021 ist ein Volksentscheid geplant.

Es geht Schlag auf Schlag. Den Volksbegehren für die Enteignung großer Immobilienkonzerne, für gut ausgestattete Krankenhäuser, für mehr Videoüberwachung und ein werbefreies Berlin folgt im Sommer eine weitere Initiative, die ihre Idee den Berlinern zur Abstimmung vorlegen will. Gefordert wird ein Transparenzgesetz, um dem Senat, dem Abgeordnetenhaus und der öffentlichen Verwaltung möglichst alle bisher gut gehüteten Geheimnisse zu entreißen.

Ein dicker Gesetzentwurf, der in einem Volksentscheid parallel zur Bundestagswahl im Herbst 2021 zur Abstimmung gestellt werden soll, liegt schon vor. Das Ziel: Künftig sollen im einem zentralen, allgemein zugänglichen Online-Register des Landes Berlin alle Beschlüsse des Senats, Verträge der öffentlichen Hand mit Unternehmen, Gutachten, Vergabeentscheidungen, Planungsunterlagen, Zuwendungsbescheide, Umweltdaten und Informationen über den Kontakt der Verwaltung mit Lobbyisten offengelegt werden. Als kostenloses Angebot, jederzeit verfügbar. Bisher muss Akteneinsicht beantragt werden – das kostet Gebühren.

Träger des Volksbegehrens ist der Verein „Mehr Demokratie“ und die „Open Knowledge Foundation Deutschland“, die unter anderem das Portal FragDenStaat.de betreibt. Zwar hat Rot-Rot-Grün im Koalitionsvertrag ein Transparenzgesetz versprochen, doch wegen koalitionsinterner Konflikte um die Innen- und Sicherheitspolitik werden zurzeit diverse Vorhaben gegenseitig blockiert. Nun soll ein Volksbegehren Abhilfe schaffen. Vorbild ist Hamburg, das ein solches Gesetz vor zwei Jahren beschlossen hat. Das Ziel: Ein frühzeitiger Einblick in das Handeln und die Entscheidungsgrundlagen von Politik und Verwaltung für jedermann. Aber auch die Möglichkeit, behördeninterne Daten zu veröffentlichen und auszuwerten.

Der Vorreiter Hamburg hat ein solches Online-Portal auf landesgesetzlicher Grundlage schon eingerichtet. Dort sind beispielsweise Gutachten, Senatsbeschlüsse und Verträge ab 100 000 Euro, die die Daseinsvorsorge betreffen, öffentlich einsehbar. Berlin begnügt sich bisher, wie die meisten Bundesländer, mit einem Informationsfreiheitsgesetz. Es verpflichtet Behörden, auf Antrag von Privatpersonen, Journalisten, Unternehmen und anderen Interessenten interne Daten herauszugeben.

Da SPD, Linke und Grüne in Berlin bisher kein Transparenzgesetz vorgelegt haben, leistet die FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus Nachhilfeunterricht. Ihr Gesetzentwurf für einen stark erweiterten Online-Zugang der Bürger zu den Unterlagen der öffentlichen Verwaltung, der im Januar ins Parlament eingebracht wurde, schmort derzeit in den Fachausschüssen des Abgeordnetenhauses. Wann er dort beraten wird, ist offen. Immerhin gab es in der Plenarsitzung am 21. Januar eine Debatte zum Thema.

Während der Linken-Abgeordnete Michael Efler den „guten Gesamteindruck“ des FDP-Entwurfs lobte und der Grünen-Abgeordnete Stefan Ziller die Bereitschaft erklärte, auch mit der Opposition über ein Transparenzgesetz zu diskutieren, blockte die SPD ab – mit dem Hinweis darauf, dass ja nicht alle Berliner über einen Internetanschluss verfügten. Ab Sommer soll das Volksbegehren in die bisher zähe und ergebnislose Diskussion über eine transparente Verwaltung und Landesregierung neuen Schwung bringen. Ulrich Zawatka-Gerlach

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