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In mehreren Städten gibt es Initiativen für die Rekommunalisierung der Schulreinigung (Archivbild).
© Fabian Strauch/dpa

Bezirke sollen Modellprojekte starten: Berliner Gewerkschaften fordern Rekommunalisierung der Schulreinigung

Ein Vierer-Bündnis plädiert für eine Anstellung der Reinigungskräfte bei den Bezirken statt bei Privatfirmen. Sechs Bezirke haben bereits zugestimmt.

Stinkende Schulklos, zu wenig Waschbecken und fehlende Papierhandtücher. In Berliner Schulen ist es oft dreckig. Geputzt wird zu selten und nicht gründlich genug. Die Corona-Pandemie und die erhöhten Hygiene-Anforderungen haben die Situation noch verschärft. Das Bündnis aus Schule in Not und den drei Gewerkschaften GEW, verdi und IG BAU fordern die schnelle Rekommunalisierung der Schulreinigung. 

Bis zum kommenden Schuljahr 2021 sollten in einem Modellprojekt 10 Prozent der allgemeinbildenden Schulen ihre Reinigung in Eigenregie organisieren.

Der Verein „Schule in Not“ startete Anfang 2019 im Bezirk Neukölln die Kampagne „Saubere Schulen“ zur Rekommunalisierung der Schulreinigung. „Seit Jahren sind eklatante Zustände in diesem Bereich bekannt“, sagt Anne Zetsche von Schule in Not, die selbst Mutter eines Grundschulkindes ist. Im Rahmen von Bürgerbegehren hatte der Verein über 25.000 Unterschriften von Berliner Bürgern gesammelt.

Konkret fordert die Initiative, dass die Schulen eine zusätzliche, bezirklich angestellte Reinigungskraft erhalten und dass mittelfristig alle Reinigungskräfte an Schulen wieder bei den Bezirken angestellt werden.

Sechs Bezirke haben bereits zugestimmt: Charlottenburg-Wilmersdorf, Friedrichshain-Kreuzberg, Pankow, Tempelhof-Schöneberg, Neukölln und Steglitz-Zehlendorf. „Diesen Beschlüssen müssen nun Taten folgen“, sagt Zetsche. Seit Sparbeschlüssen des Senats von 1993 wurden die Bezirke dazu angehalten, die Reinigung der Schulen Privatfirmen zu überlassen.

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„Corona hat wie unter einem Brennglas gezeigt, wie schwierig die Situation in den Schulen ist“, sagt Doreen Siebernick, Vorsitzende der GEW Berlin. Lehrer müssten teilweise selbst kontrollieren, ob die Tische geputzt und Papierhandtücher nachgefüllt werden. „Diese zusätzlichen Aufgaben sind nicht leistbar“, so Siebernick. Neben mehr Ressourcen für die Schulreinigung müssten die Reinigungskräfte im Alltag der Schüler sichtbarer werden: „Das ist unerlässlich für ein respektvolles Miteinander.“

Private Firmen seien ein Teil des Problems

Ein Grund für die schmutzigen Berliner Schulen sei „der Umgang von privaten Reinigungsfirmen mit Tarifabschlüssen“, sagt Jens Korsten von der IG BAU. Die Firmen würden die Arbeitszeit verkürzen und die Putzflächen vergrößern. „Wenn man acht Minuten pro Klassenzimmer hat, dann geht das de facto nicht“, so Korsten. Private Firmen seien ein Teil des Problems und nicht die Lösung. „Die Kombination aus Rekommunalisierung und tageszeitlicher Reinigung garantiert gute Arbeitsbedingungen und löst somit das Problem der mangelnden Sauberkeit an Schulen.“

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Das gemeinsame Bündnis widerspricht der Auffassung, dass die Tagesreinigung eine Alternative zur öffentlichen Eigenreinigung sei. Das Putzen des Schulgebäudes im laufenden Schulbetrieb führe zu einer deutlichen Verbesserung der Sauberkeit in den Schulen. „Wir gehen aber davon aus, dass eine effiziente Reinigung am besten funktioniert, wenn die Reinigungskräfte sich mit ihrer Schule identifizieren, weil sie dazu gehören“, heißt es in der gemeinsamen Erklärung des Bündnisses.

Modellprojekt soll aus Mitteln des Doppelhaushalts finanziert werden

Der Finanzierung der Modellprojekte in diesem Schuljahr sieht das Bündnis gelassen entgegen. Der Vorschlag: Im Doppelhaushalt 2020/2021 wurden die Mittel für die Schulreinigung bereits um 16 Millionen Euro aufgestockt. Die Gelder werden überwiegend für zusätzliche Reinigungsmaßnahmen im Zuge der Corona-Pandemie ausgegeben. Diese Reinigungsausgaben sollten deshalb aus einem Corona-Nachtragshaushalt finanziert werden, so der Vorschlag. Dann würden zusätzliche Mittel frei für den Einstieg in die Rekommunalisierung, sagt Anne Zetsche von "Schulen in Not".

Unterstützung bekam das Bündnis von der grünen Bildungsexpertin Marianne Burkert-Eulitz. Die Vorschläge für die Verbesserung der Schulreinigung seien bereits vom Runden Tisch der Koalition zur Schulreinigung aufgegriffen worden. Auch wenn die Forderungen der Initiative „sehr ambitioniert“ seien, wollen sie die Pilotprojekte zur Rekommunalisierung der Schulreinigung ermöglichen. Die Grünen fordern deshalb „den Senat und die Bezirke auf, die verwaltungstechnischen Voraussetzungen zu entwickeln“. Faire Löhne und gute Arbeitsbedingungen müssten im Übrigen sowohl bei kommunalen wie auch bei privaten Reinigungsfirmen gegeben sein und von Senat und Bezirken garantiert werden“.

Einige Schulleiter warnen vor Rekommunalisierung

Die Interessenvertretung der Berliner Schulleiter (IBS) lehnt hingegen die Rekommunalisierung komplett ab – aufgrund der Erfahrung, die man mit der öffentlich organisierten Schulreinigung gemacht habe, bevor sie outgesourct wurde. Es habe damals im Krankheitsfall keinen Ersatz gegeben, erinnert sich die Vorsitzende Astrid-Sabine Busse. Sie empfiehlt stattdessen, die erweiterte Schulreinigung, die es seit Corona gebe, beizubehalten. Zudem müsse es bei den privaten Putzdiensten Vorarbeiter geben, die den Beruf gelernt hätten.

Auch andere Schulleiter warnen vor der Rekommunalisierung, weil sie sich noch an hohe Krankenstände erinnern, die es gegeben habe, solange die Reinigung noch in der öffentlichen Hand war. Ralf Treptow vom Verband der Oberstudiendirektoren sagte zur Frage nach der Organisation der Schulreinigung: „Beides ist möglich, es kommt auf die Rahmenverträge an“.

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