Liberale wollen zurück in die Zukunft: Berliner FDP stellt Kampagne zur Berlin-Wahl vor
„Holen wir uns die Zukunft“ heißt der Slogan, mit dem die Liberalen in den Wahlkampf gehen. Vor allem die Themen Bauen und Digitalisierung sollen Wähler ziehen.
Kennt man das Plakat der FDP nicht schon? „Riskieren wir, dass etwas funktionieren könnte“, stand am Mittwoch groß auf dem Poster auf einer Brache in Schöneberg. Tatsächlich stammt es bereits von der Abgeordnetenhauswahl 2016. Nun will die Berliner FDP kein Plakat-Recycling betreiben.
Vielmehr wollen die Liberalen zeigen, dass sich aus ihrer Sicht nicht allzu viel gebessert hat. „Diese Aussage ist nach wie vor relevant für Berlin“, sagte Sebastian Czaja, Fraktionsvorsitzender im Abgeordnetenhaus und Spitzenkandidat seiner Partei für die Berlinwahl.
Dies zeigten schon die rund 250.000 Termine, die sich in den Berliner Bürgerämtern angestaut haben sollen. Auch ansonsten habe die rot-rot-grüne Koalition eher einen Fokus aufs Riskieren gelegt, etwa beim gescheiterten Mietendeckel, nicht jedoch aufs Funktionieren, kritisierte Czaja.
„Wir haben den Fokus auf das nächste Jahrzehnt gelegt. Es muss Schluss sein damit, dass wir nur den Status quo verwalten“, erklärte der Spitzenkandidat. „Wir setzen darauf, dass wir in Berlin die Zukunft zurückholen.“ Genau mit diesem Slogan ziehen die Liberalen auch in den Wahlkampf: „Holen wir uns die Zukunft.“
Wie die aussehen solle, machte Czaja in Grundzügen klar. In der Verkehrspolitik etwa solle es „Angebote statt Verbote“ geben. Darunter stellt sich die FDP einen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs insbesondere am Stadtrand vor.
Digitalisierung in den Schulen und der Verwaltung
Gemünzt auf die vollen Berliner Straßen heißt das aber auch, dass der Autoverkehr nicht zugunsten von Radspuren eingeschränkt werden soll. Radwege sollten stattdessen auch aus Sicherheitsgründen abseits der Straße geführt werden, sagte Czaja.
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Die Schulen will der Fraktionsvorsitzende „raus aus der Kreidezeit“ holen. In den Klassen solle die Digitalisierung endlich richtig Einzug erhalten. Gleiches fordert er für die Verwaltung. Auch diese solle modernisiert und digitalisiert werden.
Die Liberalen wollen dazu vor allem die Zuständigkeiten verschlanken und zwischen Land und Bezirken neu aufteilen. „Vier Berliner Verwaltungen sind dafür zuständig, ein Schulklo zu sanieren. Das lähmt“, sagte Czaja.
Wohnungsbau als Top-Thema
Ganz oben auf ihre Prioritätenliste setzt die FDP allerdings den Bau neuer Wohnungen. „Er kam, sah und baute“, heißt es markig auf einem der Plakatentwürfe über Czaja, der die fehlenden Wohnungen in Berlin zur „sozialen Frage unserer Zeit“ erklärte.
Nicht zufällig habe man den Termin auf jener Brache an der Schöneberger Hauptstraße, Ecke Willmanndamm abgehalten, sagte der Spitzenkandidat. Dort plane ein Investor seit Jahren den Bau von 150 Studentenwohnungen, scheitere damit bislang aber auch an der Berliner Verwaltung.
[„Wir wollen 200.000 neue Wohnungen in Berlin“: Lesen Sie das Interview mit FDP-Spitzenkandidat Sebastian Czaja auf Tagesspiegel Plus.]
Czaja versprach in diesen Punkten Besserung. Unter anderem wollen die Liberalen die Landesbauordnung aufräumen. Es solle Typengenehmigungen geben und der Dachgeschossausbau ohne behördliche Genehmigung erlaubt sein. Allein letzter Punkt verspreche ein Potenzial von 70.000 Wohnungen, sagte Czaja. Zudem brauche es ein Flächenkataster, um die freien Grundstücke in der Stadt besser vor Augen zu haben.
Zuletzt neun Prozent in Umfragen für die FDP
In den Umfragen steht die FDP damit aktuell recht gut dar. Zuletzt kamen sie in einer Erhebung von infratest dimap für RBB und „Berliner Morgenpost“ auf neun Prozent. „Wir sind im Aufwind“, sagte der Landesvorsitzende Christoph Meyer. Bis zur Wahl im Herbst wolle man zudem die Zahl von 4000 Mitgliedern knacken.
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Nach der Wahl will man so auch mitregieren, sagte Czaja, der die Abgeordentenhauswahl zur „Richtungswahl“ erklärte: „Die Berliner entscheiden, wo geht es hin im nächsten Jahrzehnt.“ Die FDP wolle dies in einer „Koalition der Mitte“ mitgestalten, erklärte der Fraktionschef.
Eine Zusammenarbeit mit AfD und Linke schließe man aus. Auf ein konkretes Bündnis wollte sich Czaja nicht festlegen. In einer „Deutschland-Koalition“ aus SPD, CDU und FDP dürften sich die Liberalen allerdings wohl am wohlsten fühlen.