Vergesellschaftung großer Wohnungsfirmen: Berliner Enteignungs-Volksbegehren meldet zweite Stufe an
In vier Wochen beginnt die Sammlung von 170.000 Unterschriften. Gelingt das, entscheiden Berliner im Wahltag über Enteignungen. Die CDU sieht einen „Tabubruch“.
Wohnungen enteignen im Kampf gegen den "Mietenwahnsinn" oder nicht? Darüber sollen alle Berliner am selben Tag entscheiden wie über die politischen Kräfteverhältnisse im Abgeordnetenhaus sowie im Bundestag: am 26. September 2021. Dieses Ziel verfolgt die Volksinitiative "Deutsche Wohnen & Co. enteignen" und hat nach der erfolgreich genommenen ersten Hürde nun bei der Senatsverwaltung für Inneres den Antrag zur "Durchführung der zweiten Stufe des Volksbegehrens" gestellt.
In vier Wochen soll dann die entscheidende Sammlung von 170.000 Unterschriften starten. Gelingt das, kann berlinweit am Wahltag im September über die Enteignung abgestimmt werden.
"Sollen Immobilienkonzerne mit Beständen über 3.000 Einheiten in Berlin vergesellschaftet und in Gemeingut überführt werden?" – diese Frage würden die Berliner voraussichtlich beantworten dürfen am Tag der Berlin- und Bundestagswahl. Vorausgesetzt, die Aktivisten sammeln binnen vier Monaten 170.000 Unterschriften. Nach der aktuellen Planung würde diese Frist am 26. Juni enden.
Mitten in der Pandemie soll es gelingen so viele Menschen zu erreichen? "Wir werden ein sicheres Sammeln vor dem Hintergrund von Corona ermöglichen", sagt Aktivist Mark Schrolle. Einfach sei es natürlich nicht: Dass die Bedingungen für ein erfolgreiches Volksbegehren und die Schwelle für die berlinweite Abstimmung nicht erleichtert wurden, zeige, "dass es direkte Demokratie in Berlin immer noch schwer hat".
Unterschriften sollen an Ständen in der Stadt gesammelt werden und in den Bürgerämtern. Ab Ende Februar sollen Berliner die Bögen auch selbst ausdrucken, unterschreiben und an die Sammelstelle der Initiative senden können.
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Für die Sprecherin der Initiative, Jenny Stupka, entscheiden die Berliner mit der Vergesellschaftung zugleich auch darüber, ob "Wohnraum als Gemeingut mit leistbaren Mieten" in der Stadt durchgesetzt wird – "oder als Spekulationsobjekt". Die Eigentümer der großen Bestandshalter wie die Deutsche Wohnen oder Vonovia sollen entschädigt werden. Dafür hat die Initiative einen Wert auf Basis "fairer Mieten" ermittelt. Dadurch seien die Milliarden für den Zwangsankauf der Wohnungen auch finanzierbar für das Land Berlin.
CDU: Annäherung von Linken, Grünen und SPD an Initiative ist "Tabubruch"
"Der Kuschelkurs von Senat und Koalition mit Enteignungsaktivisten ist unerträglich", sagt der wohnungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Christian Gräff. Statt endlich die Weichen für mehr Neubau zu stellen, betrieben SPD, Linke und Grüne in der Mietenpolitik "ernsthaft die Idee eines Sozialismus nach Berliner Art".
Auch Jan-Marco Luczak, rechtspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Vorsitzende der Landesgruppe der Berliner CDU im Bundestag, nannte die "Annäherung" von SPD, Grünen und Linken an die Enteignungs-Initiative einen "Tabubruch". Sie sei Ausdruck einer "von Ideologie und Populismus getriebenen Politik, die keinem einzigen Mieter hilft".