Arbeitnehmerrechte: Berliner AfD will bei Beschäftigten punkten
Im Wahlkampf war die Berliner AfD noch gegen den Mindestlohn, jetzt gründet sich eine AfD-Arbeitnehmergruppe in Berlin. Zum Auftakt kommt ein Ex-SPD-Mann aus dem Ruhrpott.
Lange hatten sie innerhalb der Berliner AfD darüber gestritten, aber im Programm zur Abgeordnetenhauswahl stand es schließlich schwarz auf weiß: „Keine Lohnfestsetzung durch den Staat in der privaten Wirtschaft“. Eine Absage an den Mindestlohn. Das wurde der Partei im Wahlkampf vorgehalten, wenn es darum ging, was sie eigentlich wirklich für den „kleinen Mann“ tue.
Doch damit soll nun Schluss sein. Zumindest, wenn es nach denen geht, die am Freitagabend eine Arbeitnehmerorganisation in der Berliner AfD gründen wollen. „Unser Programm ist im Hinblick auf Arbeitnehmerrechte nicht hundertprozentig ausgereift“, formuliert es Gunnar Lindemann, Mitglied im Abgeordnetenhaus, vorsichtig. Er ist für eine Erhöhung des Mindestlohns, keine Abschaffung.
Die Idee ist nicht neu
Lindemann ist als Direktkandidat aus Marzahn-Hellersdorf ins Landesparlament eingezogen. „Hier leben viele von Sozialleistungen – unter anderem Hartz-IV-Aufstocker, die von ihrem Gehalt nicht leben können“, sagt er. Lindemann weiß, dass seine Forderungen im Bezirk gut ankommen werden. Gemeinsam mit Olaf Kappelt, Mitglied im Ver.di-Landesbezirksvorstand, organisierten Lindemann und die Abgeordnete Jeannette Auricht die Gründungsveranstaltung. Etwa 30 AfD-Mitglieder haben sich angekündigt.
Die Idee einer Arbeitnehmerorganisation in der AfD ist nicht neu. Es gibt die Alternative Vereinigung der Arbeitnehmer (AVA) und die Gruppe Arbeitnehmer in der AfD (AidA). Erstere ist vor allem in Nordrhein-Westfalen aktiv. In Berlin hält man es für Unsinn, zwei Organisationen zu haben – und will der erste Landesverband einer Zusammenlegung aus AVA und AidA sein. Das Ziel: die eigenen Forderungen im AfD-Bundestagswahlprogramm unterzubringen.
Einst Vorzeige-Sozi, jetzt AfDler
Für die Gründungsveranstaltung haben die Berliner einen prominenten Gast geladen: den AVA-Vorsitzenden aus NRW, Guido Reil. Einst war der ein Vorzeige-Sozialdemokrat. Bergmann, Gewerkschafter, Ratsherr in Essen für die SPD. Bis ihm die Flüchtlingspolitik der Partei gezeigt habe, dass die Partei „keinen Blick für die Realität“ mehr habe. Schließlich wechselte er in die AfD und engagierte sich in der AVA. Diese soll durchgesetzt haben, dass die Bundes-AfD in ihrem Grundsatzprogramm für den Mindestlohn ist. Reil fordert zudem, Leiharbeit zu bekämpfen, indem sie extrem verteuert wird.
Auch in anderen Parteien gibt es solche Arbeitnehmerorganisationen. Die Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft Deutschlands (CDA) ist etwa ein Pendant in der CDU. Deren Vorsitzende in Berlin, Dagmar König, gibt sich im Hinblick auf die Neugründung gelassen. „Ich glaube nicht, dass das der AfD neue Wähler bringen wird“, sagte sie dem Tagesspiegel. Angesichts der aktuellen Positionen der AfD seien Arbeitnehmer dort nicht gut aufgehoben.