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Ampelmännersache. An drei Kreuzungen in der Stadt blinkt jetzt das rote Licht, wenn die Fußgänger die Fahrbahn verlassen sollen. Weitere Modellprojekte folgen.
© dapd

Verkehrssicherheit: Berlin testet blinkende Fußgängerampeln

Mit mehreren Modellprojekten will der Senat Fußgängern den Weg durch die Stadt erleichtern: Ampeln mit Blinklicht und Countdown gehören ebenso dazu wie "Begegnungszonen" mit Tempo 20 in mindestens zwei Bezirken.

Wo präsentiert man eine neuartige Fußgängerampel? Im Rotlichtviertel. Am Donnerstag nahm Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) am Stuttgarter Platz in Charlottenburg die erste von zunächst sechs Ampeln in Betrieb, die Fußgängern helfen sollen, Straßen sicherer und komfortabler als bisher zu überqueren. Weitere Ampeln mit neuartigen Schaltungen sollen demnächst folgen. Außerdem werden mindestens zwei Straßen modellhaft zu „Begegnungszonen“ umgestaltet, in denen Autos zum Langsamfahren gezwungen werden sollen. Alle Vorhaben sollen zunächst exemplarisch getestet werden. Ob sie ausgeweitet werden, wird erst später entschieden.

Mit den Modellprojekten wird die 2011 vom rot-roten Vorgängersenat beschlossene „Fußverkehrsstrategie“ umgesetzt, mit der die umweltfreundlichste und billigste Art der Fortbewegung erleichtert, aber auch die Alterung der Bevölkerung berücksichtigt werden sollen.

Die Ampel an der Kreuzung von Lewishamstraße, Kaiser-Friedrich-Straße und Stuttgarter Platz ist eine von dreien, an denen mit dem Ende der Grünphase das rote Licht für Fußgänger zunächst einige Sekunden lang blinkt. Es signalisiert Fußgängern, die Fahrbahn zu verlassen und nicht mehr zu starten. Ebensolche Schaltungen wurden an der Französischen / Charlottenstraße in Mitte und der Lietzenburger / Joachimstaler Straße in Wilmersdorf aktiviert. Sie sollen Fußgängern das ungute Gefühl beim Laufen über die schon rot zeigende Ampel nehmen – und Autofahrern zeigen, dass die Fußgänger noch zu Recht auf der Fahrbahn sind. Bernd Herzog-Schlagk vom Fachverband FUSS e. V. lobt das Pilotprojekt, weil es eine Art „Gelbphase“ für Fußgänger schafft: Schließlich würde es umgekehrt „keinem Fußgänger im Traum einfallen, Autofahrern zu drohen, wenn diese noch bei Gelb die Kreuzung verlassen“.

Als Alternative testet der Senat ab Anfang Dezember an drei Kreuzungen grün blinkende Fußgängerampeln. Die Botschaft: Gleich wird es Rot, so dass nur schnelle Fußgänger noch losgehen sollten. Diese Variante ist beispielsweise in den USA und Österreich längst üblich. In Berlin wird sie an dem Knoten am Bahnhof Jannowitzbrücke, an der Lüneburger / Paulstraße in Moabit und der Straße des 17. Juni / Yitzhak-Rabin-Straße erprobt. Dass der rein zufällige Premierenfußgänger am Stuttgarter Platz am Donnerstag beim Blinken des roten Ampelmannes zu rennen begannen, war nicht vorgesehen. Im Gegenteil: Die sogenannte Räumzeit – also der Puffer, bis der Querverkehr Grün bekommt – soll bei neu programmierten Ampeln verlängert werden: Während der „Norm-Fußgänger“ bisher bei mindestens 1,2 Meter pro Sekunde (4,3 km/h) rechtzeitig das rettende Ufer erreicht, sollen künftig 1,0 Meter pro Sekunde (3,6 km/h) genügen.

Als weitere Neuerung werden im nächsten Jahr Ampeln mit einem dritten Feld installiert: Bevor die Fußgänger Rot bekommen, verschwinden nacheinander die Leuchtbalken eines stilisierten Zebrastreifens. Dass diese mutmaßlich erklärungsbedürftige Variante gewählt wurde und kein klassischer Countdown wie anderswo auf der Welt, begründete ein Verkehrsplaner mit den in Berlin üblichen Vorrangschaltungen für die BVG: Ein nahender Bus oder eine Tram könnte mit seiner Grün-Anforderung per Funk die bereits laufenden Sekundenzähler für die Fußgänger durcheinanderbringen.

Die ebenfalls seit 2011 geplanten „Begegnungszonen“ lassen allerdings noch auf sich warten: Wahrscheinlich 2014 sollen solche Bereiche in der Bergmannstraße (Kreuzberg) und der Maaßenstraße (Schöneberg) eingerichtet werden. Hauptbestandteil ist ein Tempolimit von 20 km/h, das durch Engstellen in der Fahrbahn auch durchgesetzt werden soll. Außerdem sind Parkverbote und/oder Mittelstreifen geplant, damit Fußgänger gefahrlos herumlaufen können. An Details wird noch gearbeitet. „Man muss sich auch mal ehrlich machen“, sagte Müller mit Blick auf das Vorhaben, das nur in Bereichen erprobt werden soll, in denen Fußgänger ohnehin längst in der Mehrheit sind.

Stefan Jacobs

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