Hartz-IV-Empfänger: Berlin testet ab Juli das "Solidarische Grundeinkommen"
In Kitas, Schulen, Heimen oder Parks: Der Regierende Bürgermeister Michael Müller will 1000 erwerbslose Berliner für soziale Dienstleistungen einsetzen.
Berlins Senat will in diesem Sommer das „Solidarische Grundeinkommen“ testen lassen. Bürgermeister Michael Müller (SPD) möchte ab Juli 1000 erwerbslose Berliner in staatlichen und öffentlich geförderten Einrichtungen einsetzen. Das bestätigte seine Sprecherin am Sonntag.
So sollen Hartz-IV-Empfänger als Helfer in Schulen, Heimen, Nachbarschaftstreffen, Parks und Kitas arbeiten. Der dortige, öffentliche Lohn der einstigen Erwerbslosen solle sich an den Tarifen dieser Arbeitsstätten „orientieren“, wie es in einer internen Vorlage des Senats heißt. Gelte kein Tarif erhielten die Männer und Frauen den Landesmindestlohn von 10,50 Euro Stundenbrutto. Für die meisten der Neubeschäftigten dürften sich die Einkommen um die 2000 Euro Vollzeitmonatsbrutto bewegen.
Senatschef Müller hatte im Herbst 2017 erstmals die Idee eines Solidarischen Grundeinkommens in der SPD diskutieren lassen; 2018 sprach sich auch Parteichefin Andrea Nahles dafür aus, das Hartz-IV-System zu verändern. Details zum Berliner Grundeinkommen-Projekt sind noch nicht bekannt.
Mitte Februar treffen sich Müller, Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) und Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke), um Genaueres festzulegen. Die Projektteilnehmer müssen sich bewerben, die Jobcenter kümmern sich um das Prozedere. Bislang soll das Projekt fünf Jahre dauern – die Teilnehmer dann am besten vom Arbeitgeber regulär angestellt werden.
Mit der Förderung der 1000 Arbeitsplätze möchte Rot-Rot-Grün ermitteln, welche Probleme auftreten und ob andere Länder der Idee folgen. Forscher begleiten das Projekt. Unklar ist, ob Berlin dafür Bundesmittel erhält. Über den Bundesrat versucht der Senat durchzusetzen, dass der Bund rund 80 Prozent der Kosten übernimmt. Schließlich, so die Debatte, profitiere von den Erkenntnissen das ganze Land.
Gewerkschaft: Formulierung zum Lohn "noch zu schwammig"
Bei den monatelangen Treffen der Projektgruppe im Senat waren Vertreter von Wohnungsbaugesellschaften, sozialen Trägern, Gewerkschaften, Bezirks- und Landesverwaltungen dabei. Es gehe, teilte die Senatskanzlei mit, nicht um die Verdrängung ausgebildeten Personals, sondern um Entlastung der Fachkräfte vor Ort. So klagen Pfleger und Erzieher, dass zusätzliche Verwaltungsaufgaben dazu führen, weniger Zeit für Patienten und Kinder zu haben.
In der Planungsrunde gab es auch Kritik. „Alles, was hilft, Hartz IV zu überwinden, begrüße ich erstmal“, sagte Susanne Stumpenhusen, Landeschefin der Gewerkschaft Verdi, dem Tagesspiegel: „Die Erwerbslosen müssen an ihren Einsatzorten den vollen Tariflohn bekommen. Das ist derzeit noch zu schwammig formuliert.“
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