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Olympia als "Sommermärchen"? Die ersten der 3000 geplanten Plakate verkünden jedenfalls in der Stadt die frohe Botschaft.
© Mike Wolff

Was kostet Olympia?: Berlin plant mit Milliarden-Spielen

Auch ohne Gigantomanie steht jetzt schon fest: Das hoch verschuldete Berlin muss Milliarden für Olympia investieren. Doch rechnen sich die Spiele am Ende auch? Wir haben die geplanten Kosten mal zusammengerechnet.

Olympische und Paralympische Spiele sollen moderner, billiger und vor allem wieder attraktiver für westliche Austragungsorte werden. Das ist die Quintessenz der Reformpläne des Internationalen Olympischen Komitees. Geht es allein um die Kosten, muss das mit 60 Milliarden Euro verschuldete Land Berlin gut rechnen. Was kosten die Spiele, welche Einnahmen werden erwartet, wie unterstützt der Bund das Land Berlin?

Genaue Zahlen liegen in diesem Bewerbungsstadium noch nicht vor. Sollte sich der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) im März für Berlin als Bewerberstadt entscheiden, will das Land bis September einen Kostenplan aufstellen. Es sollen keine „gigantomanischen Spiele“ werden, wie der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) im Dezember im Gespräch mit dem Tagesspiegel betonte. Er will eine „Reform-Olympiade“.

Der für Internationale Beziehungen verantwortliche DOSB-Vorstand Bernhard Schwank prognostiziert, wie berichtet, sogar eine schwarze Null nach Durchführung der Spiele. Und Sportökonom Holger Preuß von der Universität Mainz sagt optimistisch, mit Olympia habe man „noch nie Minus gemacht“: Die indirekte Wirkung auf Image, Wirtschaft, Tourismus, das Kongressgeschäft eines Austragungsortes wie Berlin als globale City sei enorm. „Ich rate zu Olympischen Spielen. Die Stadt wäre blöd sich nicht zu bewerben“, sagte Preuß dem Tagesspiegel.

Berlin baut bei seiner Bewerbung auf den Bestand von Sportanlagen, auf ausreichende Hotelkapazitäten und eine weitgehend vorhandene Infrastruktur – bis auf einen immer noch nicht fertigen Großflughafen. Der Senat teilt die Kosten für das Budget in mehrere Blöcke ein.

Durchführung der Spiele kostet 2,5 Milliarden

Sportstaatssekretär Andreas Statzkowski (CDU) rechnet mit 2,5 Milliarden Euro. Darin enthalten sind temporäre Bauten, für die das Land eine Milliarde Euro veranschlagt. Experten gehen von einer sehr hoch angesetzten Summe aus. Aber temporäre Bauten sind deshalb auch teuer, weil nicht nur die reine Planung und der Aufbau zum Beispiel von Tribünen bezahlt werden muss, sondern auch die Erschließung mit Strom und Wasser. In diesem Kostenblock sind auch Zäune oder Sicherheitsmaßnahmen enthalten.

Für die Durchführung der Spiele gewährt das IOC den Austragungsorten Zuschüsse. So soll Rio de Janeiro, wo die Sommerspiele 2016 stattfinden werden, rund 1,5 Milliarden Dollar (rund 1,31 Milliarden Euro) erhalten. Die Erlöse aus dem Verkauf von Tickets, Marketing-Artikeln und Werberechten schätzt Statzkowski auf 1 bis 1,2 Milliarden Euro.

1,4 Milliarden Euro für Sportanlagen

In diesem Budget von 1,4 Milliarden Euro sind alle Kosten für Sanierung und Neubau von Sportanlagen oder Trainingshallen enthalten. Statzkowski geht davon aus, dass vor allem in Trainingshallen investiert werden muss, die nach den Spielen Schulen oder Vereinen zur Verfügung gestellt werden. Das Land habe eine Zusage vom Bund, dieser werde sich in „erheblichem Umfang“ finanziell beteiligen. Anlagen für Leistungssport bezahlt der Bund laut Statzkowski zu rund 50 Prozent. Hinzu kommen EU-Gelder und Investitionen aus der Wirtschaft. Der CDU-Politiker rechnet, dass das Land Berlin rund 500 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt zahlen muss.

"Sowieso-Kosten" in unbekannter Höhe

Das sind Gelder vor allem für Infrastrukturmaßnahmen, die auch ohne die Spiele hätten durchgeführt werden müssen. So sei bis 2024 oder 2028 die Barrierefreiheit bei Bussen, Bahnen und Bahnhöfen der BVG gesichert, sagt Statzkowski. Wie hoch dieser Kostenblock ist, ist völlig offen. Es hängt davon ab, wie viel Stadtentwicklungsprojekte Berlin mit den Spielen verbinden will. Sportökonom Preuß verweist auf London, wo fast ein gesamtes Stadtviertel durch Olympia umgestaltet wurde. Deshalb sei London auch auf Gesamtkosten von 11,5 Milliarden Euro gekommen.

Faustregel: Eine Milliarde für Olympische Dorf

Laut Konzept sollen 5000 Ein- bis Dreizimmer-Wohnungen im „Kurt-Schumacher-Quartier“ in Tegel entstehen. Es ist völlig offen, ob das olympische Dorf mit Geldern von städtischen Wohnungsbaugesellschaften, mit Privatinvestoren oder durch eine Mischfinanzierung gebaut wird. Als Faustregel gilt: Der Bau einer Wohnung kostet rund 200 000 Euro. Damit würde das olympische Dorf rund eine Milliarde Euro kosten.

Putin zahlte für Olympia sogar 51 Milliarden Dollar

Gäbe es Goldmedaillen für die teuersten Olympischen Spiele aller Zeiten, sie würden den Sommerspielen in Peking 2008 und den Winterspielen in Sotschi 2014 gebühren. Die Chinesen gaben inklusive der Infrastrukturmaßnahmen 40 Milliarden Dollar aus, Russlands Präsident Wladimir Putin übertrumpfte diese zweifelhafte Bestmarke im vergangenen Jahr noch und gab geschätzte 51 Milliarden Dollar für die stark umstrittenen Spiele an der Schwarzmeerküste aus.

Sparsamer gestalteten die Briten ihre Sommerspiele in London 2012, für die sie offiziell 10,4 Milliarden Dollar aufgewendet haben. Den Londonern ist das seltene Kunststück gelungen, rund 550 Millionen Dollar unterhalb des zuvor veranschlagten Budgets zu bleiben. Dabei überstiegen zwar die Kosten für die Durchführung der Spiele aufgrund der gestiegenen Sicherheitskosten die Planungen, dafür konnten die Wettkampfstätten und die Infrastruktur um 1,3 Milliarden Dollar preiswerter gebaut werden als veranschlagt.

Der Berliner Konkurrent Boston möchte für die Sommerspiele 2024 rund 4,7 Milliarden Dollar ausgeben. Dabei soll das Budget ohne öffentliche Gelder auskommen. Die Spiele in Athen 2004 kosteten übrigens rund 15 Milliarden Dollar und hoben das griechische Defizit im selben Jahr auf 5,3 Prozent. Sie sind auch ein Grund für die hohe Verschuldung der Griechen, die ganz Europa in die Krise gestürzt hat.

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