Kriminalität im Internet: Berlin plant Cyber-Staatsanwaltschaft
Verbrechen im Internet nehmen seit Jahren zu. Nun soll auch die Staatsanwaltschaft Berlin mit einer eigenen Cyber-Abteilung aufrüsten. An anderer Stelle wird allerdings gespart.
Betrug, Erpressung und Terrorismus gab es schon immer. Nur wird ein Großteil dieser Straftaten mittlerweile im Internet organisiert und sogar ausgeführt. Die Berliner Polizei unterhält schon seit Jahren ein eigenes Kommissariat für den Kampf gegen solche Delikte, nun soll die Staatsanwaltschaft nachziehen. Die Regierungskoalition aus SPD und CDU will einen entsprechenden Antrag in den Haushaltsplan für 2014/2015 einbringen, über den das Abgeordnetenhaus im November abstimmen soll.
Der Plan, der federführend vom SPD-Rechtsexperten Sven Kohlmeier erarbeitet wurde, von der CDU mitgetragen wird und auch von Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) begrüßt wird, sieht vor, eine eigene Abteilung für Internetkriminalität bei der Berliner Staatsanwaltschaft zu etablieren und dafür fünf neue Stellen zu schaffen. Außerdem sollen jährlich 250 000 Euro extra investiert werden, um IT-Experten anzustellen.
Damit würde das Parlament eine Forderung erfüllen, die Polizei und Staatsanwaltschaft seit langem stellen. Der Vorstoß sei überfällig, sagte der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Bodo Pfalzgraf. Vor allem der Anteil von Betrugs- und Erpressungsfällen, die im Internet begangen würden, erhöhe sich seit Jahren, sagte er. Spezialisten dafür brauche es daher nicht nur bei der Polizei, sondern auch bei der Staatsanwaltschaft. „Außerdem benötigen wir nicht nur Polizisten, sondern auch Softwarespezialisten.“ Auf lange Sicht solle die Polizei außerdem mit Programmen ausgestattet werden, die das Internet nach bestimmten Suchworten durchforsten. Die Technik dazu gebe es bereits, sie werde aber in Berlin noch nicht eingesetzt.
Auch Ralph Knispel, Vorsitzender der Vereinigung Berliner Staatsanwälte, begrüßte den Vorstoß. Die Mittel sollten auch zur Verbesserung der IT-Ausstattung der Behörde verwendet werden, sagte er. Ob die Strafverfolgung aufgrund der neuen Schwerpunktsetzung insgesamt besser wird, ist aber noch offen. Denn den fünf neuen Stellen stehen fast 200 Stellen gegenüber, die bei den Strafverfolgungsbehörden langfristig eingespart werden sollen. Knispel warnt, dass in anderen Teilbereichen die Arbeit dadurch zum Erliegen kommen könnte.
Eine ähnliche Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft für Internetkriminalität gibt es derzeit bereits in Cottbus. Die Polizei ist schon lange spezialisiert. Seit 2001 leitet Klemens Müller das Kommissariat „Qualifizierte Cyberkriminalität“ beim Landeskriminalamt Berlin. Müller geht davon aus, dass das Bedrohungspotenzial im Internet sogar größer ist als in der Offline- Welt. Man könne nahezu jede Straftat im Internet planen, sagte Müller. Eigene Straftatbestände ergeben sich dadurch nicht. Nur der „Tatort“ ist ein anderer.
Da Verbrechen im Internet aber grenzüberschreitend begangen werden, sind die Länderpolizeien allein oft machtlos. Im Januar wurde deshalb das European Cybercrime Centre gegründet, das die Arbeit der Polizei in den Staaten der EU koordinieren soll.
Welchen Schaden richtet Cyber-Kriminalität an?
Die Zahl der Verbrechen im Internet ist in den vergangenen fünf Jahren deutlich angestiegen. Insgesamt erfasste die polizeiliche Kriminalstatistik bundesweit 63959 Fälle sogenannter "Cybercrimes", also solcher Delikte, die unter Ausnutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnik erfolgten. Ein Anstieg von acht Prozent im Vergleich zum Vorjahr:
2008: 37900 Fälle
2009: 50254 Fälle
2010: 59839 Fälle
2011: 59494 Fälle
2012: 63959 Fälle
Während die Zahl der Delikte zunimmt, gab es bei den registrierten Schäden einen Rückgang von rund 40 Prozent auf etwa 42,5 Millionen Euro:
2008: 37,2 Millionen Euro
2009: 36,9 Millionen Euro
2010: 61,5 Millionen Euro
2011: 71,2 Millionen Euro
2012: 42,5 Millionen Euro
Der tatsächliche Schaden könnte allerdings weit höher liegen, denn die Statistik erfasst verbreitete Phänomene wie Betrug beim Online-Banking (Phishing) oder Erpressungen im Zusammenhang mit DDoS-Attacken nicht unter Cyberkriminalität geführt werden, sondern unter den Delikten Erpressung beziehungsweise Betrug, und nicht extra aufgeschlüsselt sind.
Hinzu kommt ein extrem großes Dunkelfeld. Das Bundeskriminalamt sieht dafür mehrere Gründe. Erstens komme eine Vielzahl der Straftaten aufgrund verbesserter Sicherungssoftware nicht über das Versuchsstadium hinaus und werde von den Geschädigten gar nicht angezeigt. Andere Firmen zeigen Cyberattacken nicht, weil sie um ihren guten Ruf als "sicheres" Unternehmen fürchten.
Immer mehr Menschen sind aber bereits für Cyberkriminalität sensibilisiert. Darin jedenfalls sieht das BKA den Grund für einen Rückgang beim Diebstahl digitaler Identitäten, also dem Fremdzugriff auf Nutzer-Accounts. Besonders drastisch ist der Rückgang im letzten Jahr beim sogenannten "Phishing", bei dem sich Betrüger Zugriff zu fremden Onlinebanking-Accounts verschaffen:
2008: 1778 Fälle
2009: 2923 Fälle
2010: 5331 Fälle
2011: 6422 Fälle
2012: 3440 Fälle
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