Zutritt für Männer verboten: Berlin-Marzahn bekommt eine Frauensporthalle
Nur ein Drittel der Mitglieder in Sportvereinen sind Frauen. Warum? Vielen sind die herkömmlichen Sportstätten zu heruntergekommen. Außerdem wären sie lieber unter ihresgleichen. Deswegen soll Berlin-Marzahn eine Frauensporthalle bekommen. Nicht alle sind von dem Modellprojekt begeistert.
„Wir sehen uns dann bei der Eröffnung am 1. Oktober 2014“, sagt Stefan Komoß zum Abschluss und lächelt zufrieden. Der Bezirksbürgermeister von Marzahn-Hellersdorf hat allen Grund dazu, denn seit einer Woche ist sein Herzensprojekt bewilligt. Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) stimmte den Plänen zu einer Frauensporthalle im Freizeitforum Marzahn zu. Eine große Halle, ein Fitnessraum und Kurse sollen an fünf Tagen in der Woche nur Sportlerinnen offenstehen.
Ende 2010 hatte sich die BVV mit den Sportmöglichkeiten für Frauen beschäftigt und festgestellt, dass nur ein Drittel der Mitglieder in Sportvereinen Frauen sind, sie in Fitnessstudios hingegen die Mehrheit stellen. Eva-Maria Beck von der Alice-Salomon-Hochschule führte daraufhin eine Umfrage unter Marzahn-Hellersdorferinnen durch, im Internet und bei einem Frauenfitnesstag im vergangenen August. Ergebnis: Zu heruntergekommen und schmutzig sei es den Frauen in den herkömmlichen Sportstätten. Außerdem stimme das Angebot nicht. „Frauen machen anders Sport“, sagt Marion Hornung, ehemalige Vizevorsitzende des Landessportbundes Berlin und selbst Besitzerin eines Sportklubs für Frauen. Anstatt gemeinsam einem Ball hinterherzujagen, wollen Frauen lieber tanzen, turnen und sich an Geräten stärken. Flexibel soll das Angebot außerdem sein, schließlich wollen nicht nur Berufstätige, sondern auch Mütter oder Schichtarbeiterinnen neben Kind und Job Sport treiben. Deshalb wählte der Lenkungsausschuss die Halle im Freizeitforum aus. In der Bibliothek oder im Jugendfreizeitzentrum können Kinder betreut werden, ein Sicherheitsdienst ist ohnehin vor Ort.
Und warum braucht es dazu eine Halle eigens für Frauen? „Es sind nicht nur muslimische Frauen, die lieber unter sich bleiben“, sagt Marion Hornung. Das Projekt soll auch vietnamesischstämmige oder deutsch-russische Sportlerinnen ansprechen, außerdem fühlten sich gerade ältere Frauen unter ihresgleichen wohler. Das Angebot wendet sich ausdrücklich an bisher unsportliche Frauen. „Gerade kräftigere Menschen trauen sich oft nicht“, sagt Hornung. „Da muss man Breitensport im wahrsten Sinn des Wortes betreiben.“ Ein weiteres Problem in den traditionellen Sportvereinen sei die Vereinsmeierei, sagt Bezirksbürgermeister Komoß. Tatsächlich traf das Projekt bei den großen Sportvereinen anfangs auf wenig Gegenliebe. Komoß erinnert sich an eine Sitzung, bei der ein Vereinsvertreter sich rundheraus weigerte, sein Sportangebot zu überdenken – schließlich habe es 70 Jahre lang gut funktioniert. „Die Frauensporthalle soll eine Chance für die Vereine sein, neue Mitglieder zu gewinnen“, sagt dagegen Marion Hornung.
Die bisherigen Nutzer sollen auf andere Hallen oder die beiden Tage ausweichen, an denen die Halle für gemischte oder rein männliche Sportgruppen geöffnet ist. Der Bezirk sucht nun nach einem Sportverein, der die Leitung übernimmt. Ob es ein neu gegründeter Frauensportverein oder ein etablierter Klub wird, steht noch nicht fest. Bevor es losgehen kann, sind aber wieder die Frauen selbst gefragt: Beim zweiten Frauenfitnesstag am 17. August dürfen sie eigene Wünsche äußern.
Nantke Garrelts