Krankenstand in der Verwaltung: Berlin hat kein zentrales Gesundheitsmanagement
Die Berliner Verwaltung hat bundesweit den höchsten Krankenstand. Dennoch gibt es kein zentrales Gesundheitsmanagement. Jede Behörde setzt auf eigene Maßnahmen. Ein Amt bietet als Prävention Lachkurse an.
Die hohen Krankenstände im Berliner Landesdienst lassen für den Deutschen Gewerkschaftsbund Berlin-Brandenburg vor allem einen Schluss zu: Der Senat als öffentlicher Arbeitgeber ist seiner Fürsorgepflicht gegenüber den Beschäftigten nicht nachgekommen. Wie berichtet, melden sich nach einer Untersuchung der Senatsfinanzverwaltung die Mitarbeiter des Berliner öffentlichen Dienstes durchschnittlich an 38 Kalendertagen im Jahr krank. Das ist viel öfter und länger als bei ihren Kollegen in Bundesbehörden oder bei Arbeitnehmern allgemein. Der Bericht beschäftigte gestern auch den Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses.
Sowohl seitens des DGB als auch der Opposition werden der Sparkurs des Senats sowie der radikale Stellenabbau in der Verwaltung in den vergangenen Jahren und die damit einhergehende Überalterung als Hauptursachen für den hohen Krankheitsstand genannt. Außerdem gebe es kein richtiges Gesundheitsmanagement im Land Berlin, kritisiert DGB-Chefin Doro Zinke. Die Linken-Abgeordnete und frühere Arbeitssenatorin Carola Bluhm vermisst eine Koordinierung und Vernetzung: „Jede Behörde macht, was sie für richtig hält.“ In einem Fall werde etwa „ein teurer Lachkurs“ für die Beschäftigten angeboten.
Als vorbildlich nennt Bluhm das Gesundheitsmanagement im Bezirk Tempelhof-Schöneberg, wo ein Psychologe tätig sei und sämtliche Maßnahmen gut koordiniere. Bei der statistischen Betrachtung der Fehltage im Bezirksamt macht sich dies aber nicht bemerkbar: Mit 36 Krankheitstagen liegt Tempelhof-Schöneberg etwa im Durchschnitt aller Bezirksämter.
Die Senatsverwaltung für Inneres, in deren Bereich auch das Gesundheitsmanagement fällt, will den aktuellen Krankenstandsreport nicht kommentieren. Ein entsprechender Bericht werde erst Ende Februar fertig sein, vorher wolle man die Daten nicht interpretieren. In einer Vorlage zum Vorjahr heißt es, Ursachenforschung sei nicht möglich, da man die Gründe der Krankmeldungen nicht kenne. Aber auch die Innenverwaltung führt zumindest den hohen Altersdurchschnitt in den Behörden als einen möglichen Grund auf.
Besonders oft fehlen Jobcenter-Mitarbeiter
Bisweilen sind die Unterschiede für Fehltage schon innerhalb einer einzigen Behörde extrem hoch. Beispielsweise in den zwölf Jobcentern, die von den Bezirken und der Bundesagentur für Arbeit getragen werden. Im Jobcenter Neukölln etwa fehlten die Beschäftigten, die vom Bezirksamt kommen, knapp neun Wochen, während die Beschäftigten der Arbeitsagentur nur dreieinhalb Wochen krank waren. In Treptow-Köpenick waren die bezirklichen Mitarbeiter knapp 31 Tage krank, während die Bundesbeschäftigten knapp drei Wochen ausfielen. Behördenexperten führen diese Unterschiede teils darauf zurück, dass die kommunalen Beschäftigten sich in die Jobcenter abgeschoben fühlen und die Arbeit deswegen als belastender empfinden. Die vielen Fehlzeiten führen auch dazu, dass die anderen Mitarbeiter überlastet sind.
Bei der Auswertung der Statistik fielen auch überraschend hohe Krankenstände bei verschiedenen Altersgruppen und Behörden auf. Beispielsweise waren die Mitarbeiter zwischen 30 und 40 Jahren in der Landeshauptkasse im Jahr 2012 wie berichtet durchschnittlich 98 Tage krank. Dieser statistische Ausreißer ist allerdings nur bedingt aussagekräftig, da er sich nur auf sieben Mitarbeiter bezieht. „Bei dieser Größenordnung reicht ein schwer kranker Mitarbeiter, der ein Jahr fehlt, um zu einem solchen Durschnittswert zu kommen“, heißt es. Ähnlich sieht es bei der Behörde mit dem statistisch höchsten Krankenstand, der Landeszentrale für politische Bildung aus: Dort gibt es ebenfalls nur sieben Stellen.
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