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Unter Konstruktion: Für das Jahr 2012 stehen so einige Bauprojekte auf dem Plan, die das Gesicht der Stadt nachhaltig verändern werden.
© ddp

Stadtplanung 2012: Berlin bleibt nicht Berlin

Das Jahr 2012 wird das Gesicht der Metropole entscheidend prägen. Es geht um die Ausrichtung einer Bauausstellung, die Zukunft der alten Mitte und ehemaligen Flugfelder. Aber auch in der City West, am Ostbahnhof und Alexanderplatz geht es sichtbar voran.

Die zentralen Orte Berlins bekommen in diesem Jahr ein neues Gesicht: Die City West rund um die Gedächtniskirche, der Schlossplatz, das Gebiet der Mediaspree – wo keine Bagger Baugruben ausheben, da stehen Pläne vor dem Abschluss, werden Altbauten saniert oder Neubauten eröffnet. Nicht nur im Zentrum werden die Weichen für das Neue Berlin gelegt, sondern auch an Verkehrszentren: Der Großflughafen öffnet, südlich vom Hauptbahnhof wird der Washingtonplatz fertig, nördlich davon das Hochhaus „Total Tower“ und die Debatte um die stillgelegten Airportareale in Tempelhof und Tegel wird entschieden.

Diese Beispiele zeigen: Es geht nicht nur um ein paar neue Bauprojekte, sondern um das Herz Berlins – die kulturelle Identität der Stadt wird neu geprägt. Weil das Einheitsdenkmal auf den Weg gebracht wird. Weil das Schloss zum Forum der Wissenschaften und Kulturen der Welt werden soll. Und weil über die großen innerstädtischen Leerstellen entschieden wird.

„2012 ist ein entscheidendes Jahr auch für die Internationale Bauausstellung“, sagt Senatsbaudirektorin Regula Lüscher. Lange wurde nach einem Leitmotiv für die IBA 2020 gesucht. Nun steht fest: Wohnen – Wissen – Wirtschaft in der „gemischten Stadt“ stehen im Zentrum der Schau. Damit könnte der Senat an die IBA 1984-87 anschließen, bei der zahlreiche Wohnhäuser in der südlichen Friedrichstadt entstanden. Zugleich schließt das Thema die zeitgenössischen sozialpolitischen und architektonischen Debatten mit ein. Ein „Mekka der Wohnforschung“ könnte Berlin nach Lüschers Worten werden, effiziente und wirtschaftliche Häuser könnten entstehen und die Großgebiete der Nachkriegsmoderne so „nachgerüstet“ werden, dass sich auch dort gemischte Kieze bilden.

Auf dem Gebiet der Tempelhofer Freiheit soll noch in diesem Jahr die Genehmigung für den Bau der „Zentral- und Landesbibliothek“ ergehen, so Lüscher weiter. Sie nennt es das „einzige und einzigartige Großprojekt“, das sich das Land auf Jahre hinaus leisten könne. Die „Bibliothek fürs Volk“ direkt am größten öffentlichen Park Berlins werde Strahlkraft in ganz Europa haben. Das Konzept sei städtebaulich vergleichbar mit den Plänen in Mitte – mit dem Humboldtforum und der Freifläche, die Lüscher östlich davon „ergänzend zum Lustgarten“ auf dem Marx-Engels-Forum anlegen möchte, mit einem abgetreppten Zugang bis hinunter zur Wasserkante der Spree. Offene freie Flächen neben Bibliothek oder Museum, „wo man sich erholt von den vielen Eindrücken aus den Kultureinrichtungen“.

Wie sich die Quartiere im Einzelnen verändern werden.

IM HERZEN VON MITTE

Erholen kann man sich an der Spree beispielsweise vom Besuch des Schlosses, dessen Baufeld bereits in diesem Jahr vorbereitet wird, die Grundsteinlegung folgt 2013. Die 590 Millionen Euro teure, historisierende Rekonstruktion des Schlüterbaus wird zusammen mit angrenzenden Projekten die bedeutendste Großbaustelle Berlins: Am Schlossplatz wird Ende des Jahres der Sockel des früheren Kaiser-Wilhelm-Denkmals saniert, damit er die „Einheitswippe“ tragen kann: das Einheits- und Freiheitsdenkmal des Designers Johannes Milla und der Choreografin Sasha Waltz. Platz für Bauwagen braucht auch die BVG, um Tunnelröhren zu legen und einen Bahnhof zu bauen für die U 5, die unter dem Schlossplatz verlaufen wird. Schräg gegenüber, vor dem früheren Staatsratsgebäude, baut Thyssen-Krupp seine neue Konzernrepräsentanz. Den Architektenwettbewerb hatten Ende vergangenen Jahres Schweger und Partner gewonnen. Die geheim gehaltenen Pläne sowie Details zur Bauphase will der Konzern in Kürze preisgeben. Weiter westlich, neben Schinkels Friedrichwerderscher Kirche, entstehen die Kronprinzengärten: luxuriöse Wohnungen samt Schwimmbad auf der Dachterrasse. Am Schinkelplatz vis-à-vis beginnt der Bau von Townhäusern auf sieben Parzellen, die der Liegenschaftsfonds verkauft hatte. Das Herz von Berlins Mitte beginnt wieder zu schlagen.

EINE KRONE FÜR DEN ALEX

Zwölf Jahre nach der Aufstellung des Bebauungsplans ist es am Alexanderplatz so weit. Die Firma Hines, so wird geraunt, legt den Grundstein für die „Krone Berlins“: Das erste von zehn Hochhäusern kommt in diesem Jahr, 150 Meter hoch, nördlich des Bahnhofs. Der Turm wird aus einem bestehenden Block herauswachsen, den der Elektronikmulti Saturn nutzt. Genehmigt ist der Bau längst, und der US-Entwickler verhandelt mit Kaufinteressenten. Die einen wollen das Hochhaus als Geschäftsgebäude nutzen, die anderen als Wohnturm. Auch vom Finanzinvestor Blackstone heißt es, er wolle Bauflächen am Alexanderplatz abstoßen. Der Fonds besitzt die früheren Interhotel-Flächen: das Park-Inn-Hotel und zwei Bauflächen für Hochhäuser sowie den dort gelegenen langgezogenen Altbau. Das Grundstück neben dem Hines-Turm richtet Blackstone für den Verkauf her, heißt es.

HIMMELSTÜRMER IM WESTEN

Weniger Zeit zwischen Planung und Bau der Türme verging im anderen, westlichen Zentrum der Stadt: Waldorf Astoria eröffnet in diesem Jahr den 118 Meter hohen Hotelturm gegenüber der Gedächtniskirche. Der andere Teil des neuen „Tors“ für die City West, das „Atlas“ genannte Hochhaus nach Plänen von Christoph Langhof, geht ebenfalls dieses Jahr in Bau. 250 Millionen Euro will die Strabag investieren, im Jahr 2015 soll der Turm stehen. Die beiden Hochhäuser sind Teil einer Frischzellenkur für das westliche Stadtzentrum. Dazu trägt auch die laufende, 100 Millionen Euro teure Sanierung des Bikini-Ensembles bei. Die Sanierung der gegenüberliegenden Gedächtniskirche soll in diesem Jahr abgeschlossen werden. Auch die Volksbank an der Budapester Straße, ein Bau „aus der schwermütigen West-Berliner Zeit“, wie Lüscher sagt, wird aufgestockt und aufpoliert.

AUFTRIEB IM OSTEN

Doch dies alles wird voraussichtlich der 3. Juni in den Schatten stellen: Nach sechsjähriger Bauzeit wird Berlins neuer Großflughafen eröffnet. Der erste Zugstopp zwischen Airport und Alex ist der Ostbahnhof, mitten im Gebiet der Mediaspree. Auch dort tut sich viel in diesem Jahr. Auf dem Anschutz-Areal steht ein weiteres Grundstück, westlich der Warschauer Brücke, kurz vor dem Verkauf. Und die Post verhandelt eifrig mit Investoren für ihre Altbauten nahe Ostbahnhof. Am Osthafen hat der Bau der Coca-Cola-Zentrale bereits begonnen.

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