"Nextbike" startet Testphase: Berlin bekommt 5000 Leihräder
Ein neuer Anbieter, Nextbike, hat sich gegen die Bahn durchgesetzt und betreibt künftig das öffentliche Leihräder-System. Nun hat die Testphase begonnen. Es soll sich so einiges ändern.
Die Bahn baut ab – ihr Konkurrent baut auf. Aber langsam. Vorübergehend wird das viel gelobte Entleihen von Fahrrädern im öffentlichen System deshalb nicht möglich sein. Die Bahn geht am 15. November mit ihrem Call-A-Bike-System in die Winterpause, der neue Anbieter Nextbike startet im Frühjahr mit zunächst rund 500 Stationen und knapp 2000 Fahrrädern. Ende 2018 sollen es 5000 Räder an 700 Stationen sein – weit mehr als bisher. Auch die Bahn will im nächsten Jahr auf den Markt zurück, nennt aber noch keine Details. In einer Ausschreibung des Senats hatte sich Nextbike aus Leipzig gegen die Bahn durchgesetzt, die erfolglos gegen die Vergabe geklagt hatte. Durch das juristische Verfahren hat sich der Neubeginn verzögert.
Nextbike geht zunächst mit einem Test ins Rennen. Das Unternehmen ist zwar bereits in 18 Ländern aktiv, in denen es nach Angaben von Sprecherin Mareike Rauchhaus rund 30 000 Leihräder anbietet. In Berlin gebe es aber einige Neuerungen. So wird jedes Fahrrad mit einem „Bordcomputer“ ausgestattet, der das Ausleihen erleichtert. Er könne Kunden, die vergessen haben sollten, das Rad wieder zu einer Station zu bringen, nach 24 Stunden sogar darauf hinweisen, sagte Rauchhaus am Dienstag beim Start des Pilotbetriebs in Lichtenberg.
Dort können zunächst 50 Tester das neue Nextbike-System vier Wochen lang an sechs Stationen mit zusammen 50 Rädern testen. Dabei wolle man auch erfahren, ob die Standorte der Ausleihstationen richtig gewählt worden seien, sagte der Stadtentwicklungs-Stadtrat Wilfried Nünthel (CDU). Lichtenberg eigne sich für den Test, weil Stationen außerhalb des S-Bahn-Rings erprobt würden. Die Bahn hatte sich auf den Raum innerhalb des S-Bahn-Rings konzentriert.
Die Nextbike-Preise stünden noch nicht fest, sagte Rauchhaus. Wahrscheinlich koste das Ausleihen für eine halbe Stunde 1,50 Euro. Hinzu sollen Abos mit unterschiedlichen Laufzeiten kommen, bei denen, wie bisher bei der Bahn, die erste halbe Stunde gratis ist. Die Tarife liegen nach derzeitigem Stand unterhalb der bisherigen Bahn-Angebote. Dies ist möglich, weil der Senat in der Vertragslaufzeit von fünf Jahren das Projekt mit insgesamt 7,5 Millionen Euro fördert.
Die Bahn, die seit 2002 Fahrräder in Berlin verleiht, hatte zuletzt 2013 und 2014 jeweils rund eine Million Euro erhalten. Zunächst konnten die Räder innerhalb des S-Bahn-Rings freizügig entliehen und abgestellt werden. 2011 stieg die Bahn auf ein Stationsmodell um – und „verschönerte“ die Stadt für das Abstellen der Räder mit klobigen Betonklötzen. Diese müssen jetzt nach Auslaufen des Vertrags abgebaut werden. Nextbikes Anlagen kommen mit Stahlbügeln aus, die im Stadtbild weit weniger auffallen.
Dies war mit ein Grund, dass die Leipziger die Ausschreibung für Berlin gewonnen haben. Die Senatsverkehrsverwaltung sei aber auch mit dem System der Bahn nicht zufrieden gewesen, sagte ihr oberster Verkehrsplaner Burkhard Horn. Dass von den rund 1500 Rädern an 150 Stationen jedes Rad rechnerisch nur ein Mal am Tag genutzt worden sei, sei zu wenig gewesen. Nextbike strebe eine wesentlich höhere Nutzung an.
Das Ausleihen erfolgt wie bisher: am einfachsten per App, was innerhalb weniger Sekunden geht, mit einer Karte nach einer Anmeldung oder auch telefonisch. Ziel sei es, dass Kunden auch mit der elektronischen Karte des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg Fahrräder entleihen können, sagte Horn.
Wie die Bahn ohne Zuschuss aus der Landeskasse auf dem Markt bleiben will, ist unklar. Sie betont zwar, dass ihr Angebot wirtschaftlich sein müsse, hatte in der Vergangenheit aber zugegeben, dass das Geschäft ohne Zuschuss nicht rentabel sei. Möglicherweise versucht sie, den Umsatz durch besonders günstige Preise anzukurbeln. Ob alle Anbieter dann aber auch durchhalten könnten, müsste sich zeigen.
Klaus Kurpjuweit