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Zugezogene Feierlaune. Der gemeine Berliner ist nicht immer für seine Karnevalsfreudigkeit bekannt.
© dapd

Karneval beginnt: Berlin, alaaf you

In Berlin war der 11. November einst ein Tag wie viele andere. Doch dann kamen die Rheinländer.

Der Karneval beginnt für Thomas Hacker um elf Uhr in der Nacht. Er sperrt seine Bäckerei in Prenzlauer Berg auf, schiebt sich durch den Raum, in dem Mehlsack über Mehlsack liegt und steht dann in der Backstube. Er sieht die Leiste, in der dutzende Zettel klemmen. Jedes Blatt eine Pfannkuchenvorbestellung und davon gibt es in diesem Jahr viele. Also steht Hacker, 47 Jahre, abends auf und backt.

Bäckerei Hacker. Stargarder Straße 69. Familienbetrieb. Seit 1982. Damals endet Hackers Berlin am Falkplatz, wo heute der Mauerpark liegt. Dann fällt die Mauer, neue Menschen ziehen in den Kiez und mit ihnen neue Backwaren in die Auslage. Auch Pfannkuchen. „Früher war das nicht so.“ Mal kam eine Schulklasse, jeder aß einen. Jetzt hat Hacker das Klemmbrett und hundert Vorbestellungen.

Sonst backt Hacker 70, heute 700 Pfannkuchen

Nacht für Nacht backt Hacker selten mehr als 70 Pfannkuchen, heute wird er 700 in den Ofen schieben. Mehl, Hefe, Wasser, Ei, Salz, Fett und Zucker. Familienrezept. „Jeder sagt, seins ist das beste.“ Und was, Herr Hacker, sagen Sie? „Meins ist das beste.“

Er lehnt sich über einen Topf, rührt den Pudding, hebt ihn vom Herd und drückt ihn auf die Bodenkacheln. „Das wird von Jahr zu Jahr schwerer.“

Backt in der Nacht zum 11. November 700 Pfannkuchen: Thomas Hacker.
Backt in der Nacht zum 11. November 700 Pfannkuchen: Thomas Hacker.
© Nico Schmidt

Drei Sorten Pfannkuchen wird Hacker am Morgen auf den Tresen legen. Eierlikör, Pflaumenmus und Vierfruchtmarmelade. Wenn die Kunden dann im Laden stehen, hat nicht nur der Karneval begonnen, auf einigen Kalendern steht dann auch Martinstag. Deshalb werden die Verkäuferinnen neuerdings gefragt, habt ihr auch Martinsmänner im Angebot? Nein. Hacker sagt: „Damit kann ich gar nichts anfangen.“

Auch die Sankt-Martins-Umzüge bestimmen den 11. November.
Auch die Sankt-Martins-Umzüge bestimmen den 11. November.
© dpa

"Nicht wirklich eine Karnevalshochburg"

Der Karneval beginnt für Klaus Heimann um elf Uhr mittags. Er steht dann auf dem Richard-Wagner-Platz, mit ihm vielleicht 200 Karnevalisten. Sie warten bis die Uhrzeiger am Charlottenburger Rathaus auf 11.11 Uhr wandern. Dann rennen sie.

In Berlin sind 22 Karnevalsvereine gemeldet. Heimann, 47, leitet den Landesverband. Rosenmontag, Aschermittwoch. Das feierte Heimann früher im Rheinland. Troisdorf, 74 000 Einwohner, 19 Kilometer von Köln entfernt. Wenn er nicht im Karnevalsumzug mitläuft, arbeitet er im Bonner Bundestag. Der zieht 1999 nach Berlin. „Nicht wirklich eine Karnevalshochburg.“ Heimann packt seine Kartons und zieht mit. 2006 wird er Karnevalsprinz in Berlin.

Karneval im Roten Rathaus? "Ein dickes Brett"

Wie schwer es sich als Karnevalist an der Spree lebt, erfährt Heimann in den vergangenen Jahren. Was in Troisdorf unvorstellbar wäre, passiert in Berlin: 2014 und 2015 fällt der Karneval aus. Erst sammeln die Karnevalsvereine zu wenig Geld, dann entscheidet der Senat, der Umzug sei zu laut. Im kommenden Jahr wollen die Karnevalisten am 19. Februar durch die City West ziehen.

Doch es gibt auch Berliner, die ihre Türen aufsperren, wenn die Karnevalisten kommen. Deshalb das Rathaus Charlottenburg. Seit Reinhard Naumann (SPD) zum Bezirksbürgermeister gewählt wurde, öffnet er am 11.11. das Rathaus. Denn: „Das Rote Rathaus ist nach wie vor verschlossen.“

Naumann – „kein Rheinländer oder sowas“ – findet das gut. Warum? „Ich hab 1994 meinen Mann am Rosenmontag kennengelernt.“ Das verbindet. Ob er den Regierenden Bürgermeister gebeten habe, das mit dem Karneval zu überdenken, sein Rathaus aufzusperren? Nein. „Da muss ein dickes Brett gebohrt werden.“ Er freut sich auf den Besuch. Pfannkuchen gibt es dann übrigens auch.

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