Untersuchungsausschuss zum Berliner Flughafen: BER-Mentalität: Immer wieder Schulterzucken
Der BER-Untersuchungsausschuss unterstrich, wie Probleme beim Bau einfach verdrängt wurden. Auch der wegen Bestechlichkeit verurteilte Ex-Technikchef Jochen Großmann wurde angehört.
Im Flughafen-Untersuchungsaussschuss des Abgeordnetenhauses kennen sie das schon. Dieses Schulterzucken auf die Frage, ob in den Besprechungen in Sachen Probleme mit der Entrauchungsanlage nie mal einer den (geplanten) Eröffnungstermin im Juni 2012 in Zweifel gezogen habe. An diesem Freitag, in der 48. Sitzung des Untersuchungsausschusses BER war es Bauleiter Ralf Langenickel, der mit den Schultern zuckte.
Langenickel, Elektroingenieur und in den Monaten vor der ersten Nicht-Eröffnung für die Gepäckanlage zuständig, musste die Warum-Frage zwei Mal über sich ergehen lassen. Der CDU-Mann Stefan Evers hatte wissen wollen, ob keiner der Bauleiter-Kollegen in den Wochen vor dem Juni 2012 je ausgesprochen habe, die Inbetriebnahme sei gar nicht mehr zu schaffen.
Langenickel schüttelte den Kopf: Man habe Tag für Tag weitergearbeitet. Evers schüttelt ebenfalls den Kopf und nimmt das als Hinweis, „welcher Fiktion Sie alle unterlagen“.
Ein bisschen anders fragte die Linkspartei-Abgeordnete Jutta Matuschek. Sie wollte von Langenickel wissen, ob es Sanktionen gab, wenn ein Ingenieurbüro einen Auftrag nicht pünktlich erfüllte – das war offenbar nicht nur einmal der Fall. Langenickel stimmte zu, doch, ja, dann seien Honorare nicht angewiesen worden - aber ein paar Tage später doch gezahlt worden.
Dann sei es doch in der Kette der Verantwortlichkeiten zuletzt der oberste Bauleiter, der versagt habe? „Ja“, ächzte Langenickel, „lass’ ich offen...“ Es habe durchaus mal „dramatische Diskussionen“ gegeben, doch dann wieder diese „Gemengelage von gutem Glauben über Optimismus bis zum Vertrauen in die handelnden Personen“.
Wie im Bunker
Offenbar herrschte bei Langenickel und den für andere Teilbereiche des Flughafens zuständigen Bauleitern eine Art Bunkermentalität. Dass die sich so ausbreiten konnte, führt der Ingenieur (wie schon manche vor ihm) auf die Steuerung des Großprojektes zurück – beziehungsweise auf deren Mängel in der Führung des Bauherren Flughafengesellschaft. Mit „Hochtief“ - dem ursprünglich anvisierten Generalübernehmer – hätte es das Gebäude, das heute steht nicht gegeben, sagte Langenickel: Jede Änderung, angefangen mit dem Extrapier für besonders große Passagierflugzeuge, wäre mit „mehr Geld“ und „dauert sechs Monate bis zweieinhalb Jahre länger“ quittiert worden.
Noch vorsichtiger in seinen Bewertungen war Jochen Großmann, der zweite am Freitag geladene Zeuge. Der frühere Technikchef, von Hartmut Mehdorn geholt, später wegen Korruption entlassen und zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, vertröstete die Abgeordneten bei heiklen Fragen gern auf den „zweiten Teil“ des Freitagnachmittags, womit er den nichtöffentlichen Teil des Untersuchungssausschusses meinte.
Entrauchung ist machbar
Großmann, ebenfalls Ingenieur und noch dazu Professor, konnte immerhin auch für Laien verständlich erklären, worin das Grundproblem der Entrauchung des eigentlichen Flughafengebäudes bestand, nämlich darin, dass man mit gigantischen Lüftern im Brandfall nicht allein die große Halle entrauchen müsste, sondern zahllose kleine Räume in den darunter liegenden Etagen. In reinem Sächsisch erklärte er, dass der Einsatz riesiger Lüfter bei kleinen Räumen Unterdruck erzeuge – und dann bekomme man deren Türen nicht mehr auf.
Großmanns Einsatz am BER führte zu einer Aufteilung der Entrauchungsanlage in Segmente und zur Neukonzeption von deren Steuerung. Entrauchung, so konnte man am Freitag von Großmann lernen, ist machbar. Dem Ingenieur ist nichts zu schwer.
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