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Schattenseiten am BER - nicht nur auf diesem Bild, sondern auch im Management. Das sieht zumindest der Brandenburger Landesrechnungshof so.
© Ralf Hirschberger/dpa

Vorwurf des Rechnungshofs: BER-Management wurde nicht unabhängig kontrolliert

Ein BER-Bericht des Brandenburger Landesrechnungshofs fordert, erneut zu prüfen, ob die einstigen Aufsichtsräte für das Desaster haftbar sein können.

Es ist ein amtlicher Prüfbericht einer unabhängigen Behörde. Das Dokument, in dem Brandenburgs Landesrechnungshof jetzt frühere und aktuelle Fehlentwicklungen bei der Steuerung und Überwachung des unvollendeten BER-Hauptstadtflughafens rügt, hat 401 Seiten und 1038 Fußnoten. Noch ist es vertraulich. Aber den Fragenkatalog des Tagesspiegels zu den Ergebnissen der BER-Prüfung hat der Landesrechnungshof jetzt präzise und umfangreich beantwortet – womit erstmals die wichtigsten Rügen und Empfehlungen publik werden (hier das PDF zum Download). Damit gerät nun vor allem der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) in Zugzwang, der Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft ist. Ein Überblick.

Was genau wurde geprüft?

Es ist die aufwendigste Prüfung, die die oberste Finanzkontrollbehörde Brandenburgs seit 1990 überhaupt vorgenommen hat und zugleich die bisher intensivste BER-Prüfung. Nachdem der Bundesrechnungshof 2014 in einem 20-Seiten-Report das Berichtswesen am BER bemängelt hatte, untersuchte die Brandenburger Behörde die Steuerung und Überwachung durch Regierung, Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung in den Jahren von Juni 2010 bis Februar 2013 – also die Vorgeschichte der geplatzten Eröffnung und das Krisenmanagement danach. Das geschah zwar mit dem Fokus auf Brandenburg, doch die Befunde treffen weitgehend auch auf Berlin zu.

Was ist die wichtigste Rüge?

Berlin, Brandenburg und der Bund vernachlässigen – wie vor der geplatzten Eröffnung 2012 – ihre Rolle als Eigentümer. Zitat: „Nach den Feststellungen des LRH (Landesrechnungshof) war die Rolle der Gesellschafterversammlung der FBB (Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg), die eigentlich oberstes Willensbildungsorgan der Gesellschaft ist, insgesamt auf die eines formal notwendigen Aufsichtsratsannexes reduziert.“ Die Konstruktion heute ist noch die gleiche.

Wie oft hat das Gremium getagt?

Das Prüfergebnis spricht für sich. „Zwischen Juni 2010 und Februar 2013 fanden zehn Gesellschafterversammlungen statt. Diese dauerten teilweise wenige Minuten und insgesamt rund 2 Stunden. Daneben fanden einige Umlaufbeschlussverfahren statt.“ Dabei ist die Gesellschafterversammlung gegenüber der Geschäftsführung des Flughafens sogar weisungsbefugt, was jedoch nie erfolgte. Zitat: „Die Ausübung des Weisungsrechts wäre jedoch in einigen Fällen angezeigt gewesen.“ Aus Sicht des Rechnungshofes müsste die Gesellschafterversammlung und nicht wie bisher der Aufsichtsrat über eine so grundlegende Frage wie den BER-Eröffnungstermin entscheiden.

Wo sieht der Hof den Strukturfehler?

Nach Einschätzung des Rechnungshofs können Regierungschefs und Minister Aufsichtsratsmandate bei einem Milliardenprojekt wie dem BER nicht angemessen wahrnehmen. Brandenburg ist dieser Empfehlung gefolgt. In der Gesellschafterversammlung, die vom FBB-Aufsichtsratschef geleitet wird – früher Klaus Wowereit, heute Michael Müller – sitzen für Berlin und Brandenburg unterstellte Ministerialbeamte. Die Frage, ob diese Konstruktion sachgerecht ist, beantwortet der Hof klar: „Nein.“ Denn das Gremium steht über dem Aufsichtsrat. Wenn diesem aber der Regierungschef wie Müller oder ein Minister/Senator angehören, gibt es eine Interessenkollision.

Nach der Prüfung hat der Aufsichtsrat – Vorsitzender war Wowereit, sein Vize der damalige brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) – nicht so gearbeitet wie nötig. Die Frage, ob der Aufsichtsrat politischen Druck hinsichtlich einer früheren Inbetriebnahme ausgeübt hat, beantwortet die Behörde so: „Der LRH fand diesbezüglich bei seiner Prüfung einige Anhaltspunkte für politisch motivierte Entscheidungen.“

Sollten Ex-Aufsichtsräte für das BER-Fiasko in Regress genommen werden?

Der Rechnungshof empfiehlt, die Haftung der Aufsichtsräte noch einmal zu prüfen. Die Begründung ist hoch brisant: Das bisherige Verfahren sei fehlerhaft, die Entlastung voreilig erteilt worden. Zwar hatten die BER-Gesellschafter 2013 durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und eine Kanzlei prüfen lassen, ob der Aufsichtsrat Pflichten verletzte. Unter Verweis auf diese Gutachten hatte die Gesellschafterversammlung den Aufsichtsrat entlastet. Nun rügt der Rechnungshof, dass diese Prüfung „formale und inhaltliche Mängel“ hatte. „Betroffene Aufsichtsratsmitglieder hatten Einfluss auf die Aufbereitung der rechtlich zu begutachtenden Sachverhalte.“ So sei die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft von Aufsichtsratsmitgliedern ausgewählt worden, der Auftrag an die Rechtsanwaltskanzlei zu eng gefasst: „Bis auf Gespräche mit einigen Aufsichtsratsmitgliedern führte die Rechtsanwaltskanzlei auftragsgemäß keine eigenen Sachverhaltsermittlungen durch.“ Dieses Gutachten hätte „nicht zur Grundlage von Entlastung und Nichtverfolgung eventueller Schadenersatzansprüche gegen den Aufsichtsrat gemacht“ werden dürfen. Der Landesrechnungshof spricht sich für ein neues, sauberes Verfahren aus.

Wie sieht der Rechnungshof das Krisenmanagement nach der Nicht-Eröffnung 2012?

Der BER-Prüfbericht rügt, dass die Kündigung des Generalplaners – neun Tage nach der geplatzten Eröffnung – falsch und voreilig war. Auch wird kritisiert, dass der Aufsichtsrat bis heute kein von der FBB unabhängiges, nur ihm verantwortliches Controlling eingeführt hat, was 2012 angekündigt, dann aber mit dem Antritt von Flughafenchef Hartmut Mehdorn 2013 gestrichen worden war. „Durch die Neubesetzung der Geschäftsführung erübrigte sich ein solches Instrument nicht“, heißt es. Zumal kontinuierlich schwerwiegende bauliche und organisatorische Probleme auftraten.

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