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Geknickt sind hier ganz schön viele. Jetzt ist am BER mal wieder von einem neuen Eröffnungstermin die Rede. Nächster Versuch: Herbst 2017.
© dpa

Erster Arbeitstag des neuen Regierenden: „BER-Einführungsseminar“ für Michael Müller

Sein erster Arbeitstag, das Rathausbüro: verwaist. So dürfte noch nie der Dienstantritt eines Regierenden Bürgermeisters ausgesehen haben. Michael Müller ist nicht in Berlin, sondern am BER. Und überrascht dort viele in Geheimrunden.

Blauer Schal, schwarzer Anzug, ein Lächeln, immerhin das. Die Dämmerung ist noch nicht verzogen, als kurz nach 8 Uhr an diesem nasskalten Dezembermorgen die beiden schwarzen Limousinen mit Berliner Kennzeichen im Halbdunkel am „Hotel Residenz“ in Motzen vorfahren, 50 Kilometer südlich von Berlin, eine knappe Autostunde entfernt. Und dann eilt Michael Müller schnurstracks vorbei an den wartenden Fernsehteams und Journalisten, durch den Korridor zwischen echten Flughafen-Absperrbändern mit Inschrift „BER“ hindurch, die vor dem Hotel extra gespannt worden sind. Nein, kein Kommentar, kein Statement des Neuen, nur kein falsches Wort.

Es ist sein erster Tag. Und was für einer. Keine 24 Stunden ist es her, dass Müller gewählt worden ist. Und so dürfte noch nie der Dienstantritt eines Regierenden ausgesehen haben, fernab von Berlin, fern vom Roten Rathaus, den ganzen Tag, als gäbe es in Berlin sonst nichts zu tun. Die Klausur des Aufsichtsrates ist bis 18 Uhr angesetzt, es wird viel später. Müllers ersten Arbeitstag wird der Flughafen fressen. Ein Omen? Eine erste Lektion, wie das Pannenprojekt, das den vorzeitigen Abgang seines Vorgängers Klaus Wowereit beschleunigte, auch ihn in Atem halten wird? Zumal am Ende des Tages offiziell feststeht, dass im Jahr der nächsten Abgeordnetenhauswahl 2016 – der ersten, die er selbst gewinnen müsste – der neue Airport draußen in Schönefeld immer noch nicht fertig sein wird. Aber es wird ein Termin genannt, „zwischen Juni und Dezember 2017“ soll der BER fertig sein, wie Hartmut Mehdorn und Vizeaufsichtsratschef Rainer Bretschneider auf einer Pressekonferenz am späten Nachmittag verkünden.

„Eine echte Herausforderung für Mehdorn“

Es ist eine Überraschung. Niemand hatte das nach den letzten Querelen erwartet. Müller – einfaches Mitglied im Gremium, aber ein Hauptgesellschafter – ist nicht mit auf der Pressekonferenz. Er steht draußen im Foyer, hinter den Absperrungen, telefoniert. Ein Statement? Er lehnt ab. Klar ist, dass auch er sein Okay gegeben haben muss, wenn nun doch bereits ein Starttermin präsentiert wird, dass auch ihn das Programm von Mehdorn und Technikchef Jörg Marks überzeugt haben.

Er war mit neugieriger Spannung erwartet worden. Es sei ja auch so etwas wie ein „BER-Einführungsseminar“ für den Berliner, hieß es vorher. Und da war auch der Schatten von Vorgänger Klaus Wowereit, der als Aufsichtsratschef die Sitzungen stets dominierte, aber auch seine persönliche provokant-sarkastische Art hatte, die einen wie Hartmut Mehdorn schon reizen konnte.

Und Müller? Es ist nicht viel, was aus der Sitzung nach draußen drang, aber aufschlussreich. Berlins Neuer hatte vorher angekündigt, er wolle sich erst einmal ein Bild machen. Das tat er auf seine Weise. Und überraschte manche. Er sei „sehr konzentriert, schnörkellos, unmissverständlich in seinen Beiträgen, in seinen Fragen“, erzählt einer. „Eine echte Herausforderung für Mehdorn.“ Es sei wohltuend, dass das Provokative seines Vorgängers fehle. Eine Gemeinsamkeit gibt es dennoch, Müller sei „sehr gut vorbereitet“ gewesen, wie früher Wowereit.

Es ist auch eine Versöhnung, eine Annäherung, die da in Motzen über die Bühne ging. Eine, die die erhitzten Gemüter der letzten Wochen beruhigte, in denen etwa Mehdorn auf die Barrikaden stürmte, weil ihm die Eigentümer externe Prüfer schicken, er von „Inquisition“ sprach. Zuletzt war noch publik geworden, dass es schon vertrauliche Sondierungen einer Nachfolge des 72-Jährigen gab, dessen Vertrag 2016 ausläuft. Nun bemühten sich alle so zu tun, als wäre das nicht passiert. Die ungewohnte Harmonie lag aber auch daran, wie der Vize-Aufsichtsratschef, Brandenburgs Flughafenstaatssekretär Rainer Bretschneider, die Sitzung leitete: ruhig, sachlich, ausgleichend. Er, der kein Öl ins Feuer gießen will, muss mit seinen 65 Jahren nichts mehr werden, wollte aber mal zeigen, dass auch er den Vorsitz könnte.

Gänseessen zu Ehren von Klaus Wowereit

Müllers erster Tag, dann gleich ein BER-Starttermin, seine spürbare Vorsicht blieb. Denn da sind die weiteren Minen und Risiken, etwa die Kosten, die steigen und steigen. Da sind, ganz aktuell, die 177 Millionen Euro, die Mehdorn zusätzlich zu den zuletzt vom Aufsichtsrat bewilligten 1,1 Milliarden Euro verlangt, um den zu kleinen BER rechtzeitig zu erweitern. Es werde teurer, bestätigte Bretschneider. Das Geld müsste 2015 bewilligt werden, sonst kann der von Mehdorn nun geplante Anbau an den Nordpier bis 2017 nicht rechtzeitig fertig werden. Aber, schon jetzt sind es die Parlamente leid, gehen etwa in Berlin selbst die Haushälter aus den Regierungsfraktionen auf die Barrikaden, wenn es überhaupt um Überweisungen an den Flughafen geht. Dabei kommt bislang das Geld noch aus den alten, nach der verschobenen Eröffnung 2012 bewilligten ersten 1,2 Milliarden Euro, die ratenweise reihum von Berlin, Brandenburg und dem Bund überwiesen werden. Berlins Finanzverwaltung hatte seit Wochen eine fällige 40-Millionen-Rate auf Eis gelegt, was die Flughafengesellschaft in ernsthafte Liquiditätsprobleme brachte. Das Geld sei angewiesen, hieß es nun von den Berlinern.

Der Termin 2017 wurde verkündet. Dann verschwanden wieder alle in die Klausur, die erst nach zwölf Stunden beendet war, kurz nach 20 Uhr. Es folgte das Gänseessen zu Ehren des langjährigen Aufsichtsratschefs Wowereit, zu dem auch Michael Müller blieb. Um 21.55 Uhr fuhr der neue Regierende zurück nach Berlin. Ein guter Start? Er sei zufrieden mit dem Tag, sagte Müller bei der Abfahrt.

Thorsten Metzner

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