Berliner Chaos bei der Flüchtlingsaufnahme: Bayern kann es besser, Hamburg eher nicht
Die tagelangen Wartezeiten bei der Erstaufnahme im Berliner Lageso sind ein trauriges Beispiel für die Überforderung von Behörden. Wie läuft es in anderen Bundesländern? Ein Blick nach Hamburg und Bayern.
Das Dauerchaos bei der Registrierung der ankommenden Flüchtlinge am Lageso in Moabit und die Probleme der Berliner Politik, neue Unterkünfte herzurichten, hat sich inzwischen bundesweit herumgesprochen. Aber wie ist die Situation in anderen Großstädten und Bundesländern? Ähnlich chaotisch?
In Hamburg machte zuletzt ein ehemaliger Praktiker-Baumarkt Schlagzeilen, der Hals über Kopf zur Flüchtlingsunterkunft unfunktioniert wurde. Noch während der Einrichtung des Marktes kamen die ersten von insgesamt 850 Flüchtlingen an. Tagelang gab es kein fließend Wasser. Die gelieferten Duschcontainer konnten nicht an Wasserleitungen angeschlossen werden, berichtet die Hamburger Morgenpost.
4000 Flüchtlinge schlafen in Zelten
Mehr als 4000 von 16.000 vorläufig untergebrachten Flüchtlingen leben derzeit in Zelten; diese sollen bis zum Winter beheizbar gemacht „oder durch Holzbauten“ ersetzt werden. Auch in der zentralen Erstaufnahmeeinrichtung im Stadtteil Harburg wird vor dem Gebäude und auf den Fluren geschlafen. Es gebe „Rückstände“ bei der Registrierung der Flüchtlinge, sagte ein Sprecher der Hamburger Innenbehörde. Ein paar Wochen dauere es, bis ein Flüchtling mit den nötigen Papieren und Taschengeld ausgestattet sei. Künftig wolle man versuchen, mit mobilen Teams in den 25 Notunterkünften zu registrieren – in Berlin war dieser Versuch gescheitert.
Die meisten Flüchtlinge muss derzeit Bayern bewältigen. "Solche Probleme wie in Berlin beim Umgang mit den Flüchtlingen sind uns in Bayern nicht bekannt", sagt Stefan Frey, Sprecher des bayerischen Innenministeriums. Der Freistaat hat die ungewohnte Flüchtlingssituation organisatorisch gut im Griff - so scheint es zumindest. Zwar lässt Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) keine Gelegenheit aus, um vor chaotischen Zuständen zu warnen, wenn weiterhin so viele Flüchtlinge ins Land kommen wie jetzt, doch derzeit kommt der Freistaat mit der Lage ganz gut zurecht, obwohl er im Vergleich zu den anderen Bundesländern drei Mal mehr gefordert ist.
Bayern muss die meisten Flüchtlinge versorgen
Wie überall müssen jene Flüchtlinge versorgt werden, die nach dem "Königsteiner Schlüssel" regulär auf Bayern entfallen, das sind rund 15 Prozent. Zusätzlich kümmert sich der Freistaat aber um weitere Flüchtlinge, wenn die anderen Länder nicht bereit oder in der Lage sind, ihre Quote zu erfüllen. Und schließlich findet die Erstversorgung nahezu aller neu ankommenden Asylbewerber in Bayern statt.
Im Landkreis Freising, nördlich von München gelegen, aktivierten die Behörden in der vergangenen Woche den Asyl-Notfallplan. In kürzester Zeit wurden in der Turnhalle der Realschule des Städtchens Moosburg 300 Betten für Flüchtlinge aufgestellt, die gleich darauf belegt wurden. Zuständig für die Asylbewerber ist das Landratsamt. In der Halle erhalten die Menschen aus Syrien und anderswo eine Art Rundum-Versorgung. Von der Bezirksregierung Oberbayern, die für die Verteilung der Flüchtlinge zuständig ist, gibt es ein dickes Lob, Regierungspräsident Christoph Hillenbrand dankt für die "wiederholte Hilfsbereitschaft".
Flüchtlinge werden in der Unterkunft registriert
Der große Unterschied zwischen Bayern und Berlin bei der Organisation der Asylbewerber besteht darin, dass die Menschen in Bayern in der Regel in große Aufnahmelager kommen und dort die Dinge für sie und mit ihnen erledigt werden. Sie müssen nicht zu einem Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) mit seinen beschränkten Öffnungszeiten gehen und selbst die Dinge in Gang setzen. "In der Erstaufnahmestelle findet die Registrierung statt", erklärt Christina Rölz vom Regierungsbezirk Oberbayern. In München etwa ist die Erstaufnahme in einer neu errichteten Halle in einem Industriepark. Dort wird auch für alles andere gesorgt - Nahrung, Kleidung, medizinische Behandlung.
Bayern handelt fürsorglich, aber autoritär
Nach Absprache werden die Flüchtlinge zur Münchner Außenstelle des Bundesamtes für Migration gebracht, um ihren Asylantrag zu stellen. Geld wird nur in Ausnahmefällen an Flüchtlinge ausgezahlt. Das Verhalten und den Umgang der bayerischen Behörden kann man als fürsorglich, aber autoritär bezeichnen.
Wie in Berlin klagen die Mitarbeiter auch in München und anderswo über völlige Überlastung. Bayern will deshalb, so hat Seehofer angekündigt, mehrere tausend neue Stellen schaffen für Verwaltungsbeamte, Lehrer und Polizisten. Im Gegensatz zur darbenden Bundeshauptstadt stellt dies finanziell kein solch großes Problem dar, dem Haushalt geht es prächtig, die Steuereinnahmen sind hoch.