Streit um Herzbergstraße in Lichtenberg: Bausenatorin fordert Ende des Ausstellungsverbots
In der Herzbergstraße soll es keine großen Kunstausstellungen geben. Eine Stadträtin befürchtet die Gentrifizierung des Gewerbegebiets. Bausenatorin Lompscher sieht das anders.
In dem Gewerbegebiet Herzbergstraße in Lichtenberg haben sich in den letzten Jahren auch viele Künstler angesiedelt. Doch der Bezirk verbietet es, größere Ausstellungen zu machen und droht mit Strafe. Lediglich die Produktion von Kunst ist erlaubt. Auch der Kunstsammler Axel Haubrok hätte hier gerne eine Kunsthalle errichten, in der ehemaligen Fahrbereitschaft der DDR, die er vor einigen Jahren gekauft hat. Doch Lichtenbergs Stadträtin für Stadtentwicklung, Birgit Monteiro (SPD), möchte das Gewerbegebiet schützen und ausbauen. Eine halbe Million Euro Strafe hat sie der Fahrbereitschaft angedroht, sollten noch einmal Ausstellungen stattfinden. Die Künstler, die in dem Projekt Fahrbereitschaft arbeiten, sind unsicher, was für sie erlaubt ist, und was nicht.
Für Monteiro ist es ein Kampf gegen Gentrifizierung. Sie befürchtet, dass Ausstellungen die Gegend aufwerten, die Mieten dadurch steigen und Gewerbetreibende verdrängt werden. Besonders eine Kunsthalle würde Touristen und weitere Künstler anlocken, die in dem Gebiet arbeiten möchten, wodurch beispielsweise dort ansässige Tischler ihre sichere Existenz verlieren könnten. Eine große Kunsthalle würde die Infrastruktur massiv verändern und das Gewerbegebiet auflösen. Lichtenbergs Bürgermeister Michael Grunst (Linke) ist für eine Kunsthalle, die Fronten sind verhärtet. Die Künstler der Herzbergstraße wollen sich derzeit kaum öffentlich zum Thema äußern, aus Angst vor Sanktionen von Stadträtin Monteiro.
Künstler haben Angst vor Sanktionen
Noch im Juli hatten einige von Ihnen einen Brief an die Stadträtin verfasst, mit der Bitte, endlich ausstellen zu dürfen. Haubrok hat er seine Mitgliedschaft beim Kulturrat Lichtenberg gekündigt. Am 18. September fand der letzte Runde Tisch zum Thema statt, mit Vertretern der Senatsverwaltung für Wirtschaft und Kultur, sowie Bezirksvertretern. Verdrängung von Gewerbe habe es bisher nicht gegeben, sagte Monteiro dort. Dies sei jedoch zu befürchten, sollte die Kunsthalle entstehen. Zu diesem Zeitpunkt hat sie bereits ein Schreiben von Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) vorliegen. „Ausstellungen sind an allen Standorten auf dem Areal Herzbergstraße, an denen Kunst produziert wird, genehmigungsfähig“, schreibt Lompscher an Monteiro, mit der Bitte, den Runden Tisch über das Schreiben zu informieren.
"Alles andere wäre kontraproduktiv"
Monteiro sagt auf Nachfrage, sie habe das Schreiben, das am 18. September versendet wurde, erst nach dem Runden Tisch lesen können, sie sei an dem Tag ununterbrochen in Terminen gewesen. Lompscher schreibt, die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung habe bei der Errichtung einer Kunsthalle sowie bei Durchführungen von Ausstellungen keine Bedenken. Denn für das Gebiet gebe es zurzeit keine verbindlichen Bebauungsplanregelungen. „Ich gebe Ihnen die Zusicherung, dass Sie den Konflikt um die Fahrbereitschaft lösen können, also die Genehmigung von Ausstellungen planungsrechtlich absichern können.“ Der Senat werde sich dem nicht verschließen. „Alles andere wäre kontraproduktiv.“
Lompscher fordert Monteiro auf, Ausstellungen unverzüglich zu genehmigen und nicht auf den Abschluss konzeptioneller Prozesse zu warten. Monteiro sagte dazu auf Nachfrage, sie vertrete eine andere Rechtsposition als Lompscher. Sie sei sich mit den Vertretern der Senatsverwaltung für Wirtschaft beim Runden Tisch einig gewesen, dass Ausstellungen nur an einigen Terminen im Jahr stattfinden können, es aber keine Kunsthalle oder ähnliches geben kann.
"Die Künstler stehen ja in keiner Konkurrenz zum Gewerbe"
Am 25. September veranstaltet Monteiro ein Treffen mit beteiligten Unternehmen der Herzbergstraße, um den Gewebestandort nachhaltig zu festigen. „Es ist einer der letzten innerstädtischen Produktionsstandorte unsere Stadt und damit besonders wichtig für die Zukunft der Industrie und Handwerk“, so Monteiro in der Einladung.
Der beim Runden Tisch vorgestellte Entwurf des Rahmenplans, welcher vom Stadtentwicklungsamt Lichtenberg erstellt wurde, sieht vor, die bestehenden Nutzungen in dem Gebiet zu erhalten. Neuer Wohnungsbau soll untersagt sein, ebenso wie die Ansiedlung von Einzelhandel, Bürogebäuden oder Dienstleistungen. Bereits bestehende Wohnhäuser können bleiben. Durch diese „eingeschränkte Nutzung“ soll das bestehende Gewerbe geschützt und ausgebaut werden. Einzig in der Herzbergstraße soll die eingeschränkte Nutzung „erweitert“ und Genehmigungen für Ausstellungen „geprüft“ werden. „Die Künstler stehen ja in keiner Konkurrenz zum Gewerbe“, sagte der stellvertretende Leiter des Stadtentwicklungsamtes, Güttler-Lindemann. Das entstandene Kunstgewerbe sei bereits Teil des Gebietes geworden und solle erhalten bleiben.
Eine neue Kulturmeile solle die Herzbergstraße jedoch nicht werden, so Güttler-Lindemann. Es war der letzte Runde Tisch zum Thema, ein Ergebnis würde es erst in zwei Jahren geben, hieß es am Ende. Viele Beteiligte kritisierten, dies sei zu lang, die Künstler sowie die Gewerbetreibenden bräuchten endlich Planungssicherheit.
Dieses Thema wird auch im Tagesspiegel-Newsletter für den Bezirk Lichtenberg besprochen, der jeden Montag erscheint.