Nachhaltigkeit statt Rummel: Baumblütenfest in Werder fällt 2020 aus
Das größte Volksfest Ostdeutschlands findet 2020 nicht statt. Grund sind Unstimmigkeiten mit dem bisherigen Betreiber der Festmeile. Ein neues Konzept soll her.
Das Baumblütenfest im brandenburgischen Werder (Havel), das größte Volksfest in Ostdeutschland, fällt im nächsten Jahr aus. Das erfuhr der Tagesspiegel am Dienstag von mehreren Seiten aus Kreisen der Stadtpolitik. Das Rathaus bestätigte dann, dass das Vergabeverfahren für das Fest im Jahr 2020 erfolglos blieb.
„Wir haben einen Partner gesucht, mit dem wir das Baumblütenfest unseren Vorstellungen entsprechend neu ausrichten können“, teilte Bürgermeisterin Manuela Saß am Dienstag mit. Das sei nicht gelungen. „Es hat sich gezeigt, dass wir für einen echten und nachhaltigen Richtungswechsel eine andere Herangehensweise und mehr Zeit benötigen.“
Den Angaben zufolge hat die Stadt im Landkreis Potsdam-Mittelmark nach der Ausschreibung für das Betreiben der zentralen Festmeile kein - aus Sicht des Rathauses - passendes Angebot bekommen. Zwar habe der bisherige Veranstalter, die Wohlthat Entertainment GmbH, ein Angebot vorgelegt, dies soll aber nicht zufriedenstellend gewesen sein, erfuhr der Tagesspiegel.
Es habe etwa zu der vom Veranstalter verlangten Geldsumme und über die Kostenübernahme für die Sicherheitsvorkehrungen keine Einigkeit erzielt werden können, hieß es aus der Stadtpolitik. Fragen, wie mit dem Thema Sicherheit infolge des Terroranschlags am Breitscheidplatz in Berlin 2016 und einem sich verändernden Publikum künftig umgegangen wird, hätten mit zum Scheitern der Vergabe beigetragen, erklärte das Rathaus.
Ohnehin setzen Stadtpolitik und Rathaus auf eine Neuausrichtung des Festes: weniger Rummel und Bambule, mehr Tradition, Festumzug und Nachhaltigkeit. Grund ist die wachsende Belastung für die Anwohner - durch Betrunkene, die in Garten und an Häuser urinieren, Sexszenen vor Hauseingängen, Drogenkonsum und Gewalt unter Besuchern.
(Unter diesem Tagesspiegel-Link lesen Sie einen Spaziergang mit dem Polizeichef übers Festgelände. 2018 wurde das Baumblütenfest "Brandenburgs größte Drogenparty" genannt. (Hier finden Sie "10 Tipps, wie Sie das Baumblütenfest überstehen")
Unter den Stadtverordneten war bereits im August die Rede davon, dass es im Zuge eines neu zu erarbeitenden Konzeptes für das Baumblütenfest ein oder zwei Jahre lang keine Festmeile geben könnte - als Zäsur für eine inhaltliche Neuaufstellung.
Das Vergabeverfahren war im März eröffnet worden, der Vertrag mit dem bisherigen Dienstleister war ausgelaufen. Bevor es eine neue Ausschreibung gibt, will die Stadt nun gemeinsam mit Anwohnern und Stadtverordneten nach einer langfristigen Lösung suchen.
„Wir gehen davon aus, dass wir in zwei Jahren wieder ein Fest veranstalten können“, sagte Stadtsprecher Henry Klix. Das Baumblütenfest genieße eine herausragende Bedeutung für das Image des Staatlich anerkannten Erholungsortes, dem müsse Rechnung getragen werden.
Die Aufhebung des Vergabeverfahrens sei unbefriedigend, erklärte das Rathaus. Dies sei aber auch eine Chance für eine nachhaltige Neuausrichtung dieses wichtigsten Jahresereignisses in Werder (Havel).
Den Fraktionsvorsitzenden der Stadtverordnetenversammlung sei dazu bereits ein Arbeitspapier vorgestellt worden und soll auf der nächsten Sitzung des Stadtparlaments diskutiert werden.
„Unterm Strich wird es darum gehen, unter neuen Vorzeichen eine gemeinsame Basis für ein zeitgemäßes Baumblütenfest zu finden, das zugleich an dessen Ursprünge anknüpft“, sagte Bürgermeisterin Saß. Dafür werde sich die Stadt die nötige Zeit nehmen.
In diesem Jahr fand zum 140. Mal das Baumblütenfest in Werder (Havel) statt. Das Baumblütenfest hinter der westlichen Berliner Stadtgrenze ist das größte Volksfest in Ostdeutschland. In den vergangenen Jahren hatte es bei den Festen öfter gewalttätige Auseinandersetzungen gegeben.
Alexander Fröhlich