BER: Baufirmen verweigern die Arbeit am Flughafen
Die am BER tätigen Unternehmen zweifeln an der Liquidität der Flughafengesellschaft. Dies hat nach Tagesspiegel-Informationen zu einem Stillstand auf der Baustelle geführt, welcher nun den Eröffnungstermin im Oktober 2013 gefährdet.
Der Terminplan für den BER-Flughafen wackelt nach Angaben von Planern schon wieder. Wahrscheinlich könne der Flughafen Berlin-Brandenburg erst im Jahr 2014 eröffnet werden, sagen Insider, die sich auf der Baustelle bestens auskennen. Die für Mitte November angekündigte Wiederaufnahme der Arbeiten in großem Stil ist nach Tagesspiegel-Informationen jedenfalls nicht erfolgt. Und in diesem Jahr sei auch nicht mehr damit zu rechnen, sagen die Fachleute, die nicht genannt werden wollen. Die Flughafengesellschaft erklärte, die Arbeiten würden sukzessive wieder hoch gefahren und bestätigte, dass noch nicht alle Gewerke vollständig arbeiteten. Dadurch sei der Eröffnungstermin aber nicht gefährdet.
Nach Tagesspiegel-Informationen geht es vor allem ums Geld. Nach Angaben aus Flughafenkreisen versuchten die Baufirmen, finanziell das „Maximum“ herauszuholen, was man nicht erfüllen wolle. Umgekehrt verweisen Insider darauf, dass die Flughafengesellschaft derzeit die Forderungen der Technikfirmen auch kaum erfüllen könne, weil die Kassen und Konten fast leer seien. Die Liquidität sei nur bis zum Jahresende gesichert, hatte die Flughafengesellschaft schon vor Monaten mitgeteilt. Berlin und Brandenburg wollen zwar jeweils insgesamt 444 Millionen Euro bereitstellen, doch die erforderlichen 312 Millionen Euro des Bundes sind immer noch gesperrt. Einige Firmen sollen inzwischen bereits verlangen, dass die Flughafengesellschaft Bürgschaften vorlegt; ohne „Vorkasse“ seien sie nicht bereit zu arbeiten.
Zudem gibt es nach Angaben der Insider bis heute keine rechtsverbindliche Ergänzungsvereinbarung mit auch nur einer Firma, die eine termingerechte Leistungserbringung zusichert. Da die Firmen ihre Mitarbeiter inzwischen andernorts einsetzen, dauere es mindestens vier bis sechs Wochen, ehe sie nach Schönefeld zurückkehren könnten, heißt es. Dort zählt aber schon fast jeder Tag, wenn der Termin gehalten werden soll. Und die Firmen haben nach Tagesspiegel-Informationen auch gar kein großes Interesse, schnell zu bauen. Unter der Alleinführung der Flughafengesellschaft durch ihren vorübergehend einzigen Geschäftsführer Rainer Schwarz seien viel zu teure und uneffektive Verträge mit Firmen abgeschlossen worden, die zuvor für die Planungsgemeinschaft BBI gearbeitet hatten. Diese hatte nach der Terminverschiebung im Mai die Kündigung erhalten. Die Folge: Je länger die Arbeiten dauern, desto mehr können die Firmen kassieren.
Gegen die Begründung von Schwarz, die Planungsgemeinschaft habe völlig unzureichende Unterlagen abgegeben, will das Architekturbüro gmp (Gerkan, Marg und Partner) nach Tagesspiegel-Informationen jetzt gerichtlich vorgehen. Eine Stellungnahme dazu gab es von gmp aber nicht.
Sobald der BER eröffnet, sind nach einem neuen Gutachten des internationalen Airportplaners Dieter Faulenbach da Costa stundenlange Wartezeiten, „schlechterer Service“ als heute in Tegel und auf Jahre rote Zahlen programmiert. Nach der am Dienstag in Potsdam vorgestellten 75-Seiten-Expertise im Auftrag der brandenburgischen CDU-Landtagsfraktion reichen die Abfertigungskapazitäten für die ab Herbst 2013 erwarteten 26 bis 27 Millionen Passagiere pro Jahr nicht aus. In Tegel und Schönefeld (alt) gebe es 176 Check-in-Schalter, am BER werden es nach aktuellen Angaben der Flughafengesellschaft 112 sein. Am BER gibt es acht Gepäckbänder, in Frankfurt am Main 38, in München 21. Laut da Costa müsste sofort mit BER- Erweiterungen begonnen werden, was die Flughafengesellschaft weiter zurückweist. Die Check-in-Kapazitäten seien für 27 Millionen Passagiere ausreichend und mit den Airlines abgestimmt, hieß es. Flughafenchef Rainer Schwarz verwies auf die bislang 45 Probebetriebstage, die keine Hinweise auf Engpässe geliefert hätten.
Für da Costa bleibt das „Kardinalproblem“, dass durch das BER-Terminal sowohl Premium-Fluggäste als auch die Passagiere der Billig-Airlines geschleust werden. Die regulären Airlines werden, so das Gutachten, daher höhere Landeentgelte nicht akzeptieren – was wiederum Einnahmeausfälle zur Folge habe. Dass der BER „gegen alle internationalen Standards“ sofort nach dem Start an Grenzen stoße, führe zudem zwangsläufig zu Verspätungen und einem Druck auf die Abend- und Nachtstunden. Da Costa empfiehlt, mittelfristig die Regionalflughäfen Neuhardenberg und Cottbus/Drewitz als Satelliten für Billig-Airlines zu entwickeln. Es sei mit dem BER-Planfeststellungsbeschluss vereinbar, würde aber eine Anpassung des Landesentwicklungsplans für Brandenburg und Berlin erfordern.