Drogenproblematik im Görlitzer Park: Bandenkrieg und Selbstjustiz - in Kreuzberg kippt die Stimmung
In der Gegend um den Görlitzer Park drohen Bandenkriege und Selbstjustiz. Dass es so weit gekommen ist, hat mit der Bezirksbürgermeisterin und dem Innensenator zu tun. Warum eigentlich niemand den Mut hat, dagegen anzukämpfen, fragt sich Harald Martenstein. Ein Kommentar.
Wenn der Staat die öffentliche Sicherheit nicht mehr gewährleisten kann oder will, dann schlägt die Stunde der Bandenkriege und der Selbstjustiz. In Kreuzberg, rund um den Görlitzer Park, hat diese Phase begonnen. Wirte greifen mit Messern Drogendealer an, die ihnen die Gäste vertreiben. Die Dealer brennen als Antwort das Lokal nieder. Die Polizei schaut zu. Wenn es so weitergeht, gibt es bald Tote.
Dass es so weit gekommen ist, hängt einerseits mit der grünen Bezirksverwaltung zusammen. Deren Chefin Monika Hermann fällt als Sofortmaßnahme gegen den Beginn eines blutigen Chaos ein, die Sträucher im Görlitzer Park ein wenig stutzen zu lassen. Wer mit Polizisten spricht, erfährt, dass viele von ihnen demoralisiert sind. Die Polizei, die staatliche Gewalt, ist in der Ideologie mancher linker Grüner immer noch ein Feindbild. Aber wenn die Polizei nicht mehr da ist, brechen keine paradiesischen Zustände an, eher kommt das Gegenteil.
Deshalb kippt in Kreuzberg die Stimmung in den linksbürgerlichen Milieus, die lange fast reflexhaft grün gewählt haben. Auch in der Partei selbst verstehen viele die Kreuzberger Grünen nicht mehr. Wenn Eltern Angst davor haben müssen, mit ihren Kindern einen Park zu besuchen oder das Kind zur Tagesstätte zu bringen, hört der Spaß auf.
Es gibt aber noch einen zweiten Hauptverantwortlichen. Hat Berlin eigentlich einen Innensenator? Es sieht nicht danach aus. Frank Henkel tut hartnäckig so, als habe er mit der öffentlichen Sicherheit in dieser Stadt nicht viel zu tun. Sie ist aber der Kern seines Ressorts. Manche vermuten, dass Henkel sich von der Kreuzberger Blamage der Grünen wahltaktische Vorteile für seine CDU verspricht. So dumm, dass sie es belohnen, wenn ein Politiker vor den Problemen abtaucht, sind die Wähler vermutlich nicht.
Der New Yorker Bürgermeister Rudolph Giuliani hatte Erfolg mit einer „Null Toleranz“-Politik
Es nützt nichts, Flugblätter zu verteilen, auf denen mit netten Worten vor Kriminalität gewarnt wird. Es wird auch nichts nützen, den Park dealerunfreundlich umzugestalten. Das Problem wird sich dann in einen anderen Park verlagern. Erfahrungsgemäß führen zwei Wege heraus aus dem Berliner Schlamassel, leider sind beide unbequem und umstritten und wecken deshalb Unbehagen bei Berliner Politikern, denen eher das Verschieben und das Wegsehen angenehm ist.
Der New Yorker Bürgermeister Rudolph Giuliani hatte, bei noch extremeren Problemen, Erfolg mit einer „Null Toleranz“-Politik. Selbst kleine Verstöße wurden konsequent bestraft, die Polizei wurde vergrößert, das Recht verschärft. Die Liberalen waren entsetzt. Innerhalb weniger Jahre sank in New York die Zahl der Mordopfer von 2000 auf 400 im Jahr, Giuliani hat Tausenden das Leben gerettet. Heute sehen ihn fast alle positiv.
Der gegenteilige Weg, der in Berlin sicher mehrheitsfähiger wäre, führt über eine Legalisierung von „weichen“ Drogen, also Marihuana und Haschisch. Diese Substanzen können einen Menschen ruinieren, wie Alkohol. Bei maßvollem Gebrauch sind sie ziemlich harmlos, wie Alkohol. Schon heute kann jeder in Berlin diese Drogen in kleinen Mengen straffrei kaufen. Die Legalisierung entzieht den Dealern ihre Geschäftsgrundlage. Immer mehr US-Staaten gehen diesen Weg. Auch in Kreuzberg redet man darüber, aber die juristischen Hürden sind hoch.
Es müssten Gesetze geändert werden, jemand müsste den Mut haben, offensiv dafür zu kämpfen. Warum tun das die Grünen eigentlich nicht?