Umweltschutz: Autofreie Tage nur per Gesetz
Am 22. September ruht in vielen Metropolen der Verkehr. Berlin will nicht mitmachen – die rechtlichen Voraussetzungen fehlen.
Aufs Auto verzichten, um die Umwelt zu schützen – Berlin wollte in der Vergangenheit von diesem europaweiten Zeichen nicht viel wissen. Während zahlreiche Metropolen wie Paris oder Rom seit Jahren um den 22. September für jeweils einen Tag die Autos aus der Innenstadt verbannen, darf in Berlin auch in der europaweit ausgerufenen „Woche der Mobilität“ aufs Gaspedal gedrückt werden. Das, fordert der Berliner Europaabgeordnete Michael Cramer (Grüne) in einem Brief an Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD), müsse sich ändern.
Noch ist es nach der Straßenverkehrsordnung lediglich erlaubt, Straßen zu sperren, wenn gebaut wird oder wenn ein Straßenfest stattfindet. Deshalb kann fast im Monatsabstand zum Beispiel die Straße des 17. Juni komplett dicht gemacht werden, denn sie gilt als Berlins Partymeile. Doch Cramer will mehr – ganz unabhängig von der Umweltzone. Auch in Deutschland sollten Städte und Gemeinden autofreie Tage organisieren und damit ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten können, fordert er in seinem Schreiben an Tiefensee. Der Weg dahin ist laut Cramer ganz einfach: Man müsse nur bei der nächsten Novelle der Straßenverkehrsordnung einen entsprechenden Passus schaffen.
Die Planer im Verkehrsministerium schweigen zu dem Vorschlag. Auf die Frage, ob sich der Minister eine solche Änderung vorstellen könne, gab es bisher keine Antwort. Und selbst wenn rechtliche Probleme gelöst würden, wäre Berlin noch nicht automatisch dabei. Sich jetzt über einen autofreien Tag Gedanken zu machen, sei zu früh, heißt es bei der Stadtentwicklungsverwaltung. Erst müsse man abwarten, ob die rechtlichen Voraussetzungen dafür überhaupt geschaffen würden.
Bisher hat sich der Senat darauf beschränkt, einzelne Sonntage zu autofreien zu erklären – auf freiwilliger Basis. Die Resonanz war stets gering, die Straßen waren kaum leerer als sonst.
Genau deshalb, sagt Cramer, müsse ein autofreier Tag durch besondere Angebote im Nahverkehr ergänzt werden. Er denkt dabei an ein günstiges Sonderticket oder gar an Gratisfahrten. Doch selbst bei einem Nulltarif füllen sich Bahnen und Busse nicht zwangsläufig. 2002 hatten sich die BVG und die S-Bahn quasi in letzter Minute entschieden, zur europäischen Mobilitätswoche Gratisfahrten anzubieten. Viele Berliner und Touristen glaubten dem Angebot jedoch nicht und kauften trotzdem einen Fahrschein.
Die Idee des autofreien Sonntags ist nicht neu. 1973 gab es sie nach dem Jom-Kippur-Krieg im Nahen Osten und dem anschließenden Ölembargo. Und 1978 wollte der damalige Senat weitere autofreie Sonntage prüfen. Dabei ist es allerdings geblieben. Klaus Kurpjuweit