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In Berlin standen Menschen teils stundenlang in der Schlange vor den Wahllokalen.
© Hauke-Christian Dittrich/dpa

Zugewinne bei den Grünen, Verluste bei der AfD: Auszählung in Berlins Bezirken beendet – Wahlkrimi in Tempelhof-Schöneberg

Nach einem langen Wahltag mit langen Schlangen sind die Ergebnisse der Bezirkswahlen am Montagmorgen ausgezählt. In mehreren Bezirke gibt es Wechsel. 

Der Superwahltag hat in Berlin nicht nur lange Wartezeiten und Engpässe bei Stimmzetteln gebracht, sondern auch zwölf neue Bezirksverordnetenversammlungen. Die Grünen können in fast allen Bezirken zulegen, während Linke und AfD in vielen Bezirken Stimmen einbüßen müssen.

Am Montagmorgen hatten alle Bezirke die Stimmen zu Ende ausgezählt. Ein Überblick:

Mitte

Die Grünen sind mit 28,5 Prozent Prozent stärkste Kraft und liegen vor der SPD mit 18,5 Prozent. Stephan von Dassel feierte im Panke Club in Wedding, dass er Bezirksbürgermeister in Mitte bleiben wird. "Ich bin froh, dass das Ergebnis so klar ist", sagte er am Abend. In Prognosen vor der Wahl hatten die Grünen im Bezirk nur knapp vor der SPD gelegen.

Dass er als Bezirksbürgermeister "ehrlich und authentisch" ist, habe sich ausgezahlt. "Ich bin für die Menschen ansprechbar, das wurde mir auch im Wahlkampf zurückgespiegelt", sagte er.

Neben der Verkehrswende und dem Klimaschutz ist eine "funktionierende, digitale Verwaltung" sein wichtigstes politisches Vorhaben. Gerade der Wahlabend habe für ihn eindrücklich gezeigt, dass Berlin Verbesserungsbedarf hat. "Das Wahlchaos ist peinlich. Auch in Mitte sind Dinge schief gegangen". Neben den Grünen konnte nur die FDP ihr Ergebnis verbessern, sie liegt bei 6,7 Prozent.

Die Linke und CDU liegen jeweils etwas unter ihrem Wahlergebnis von 2016, mit respektive 16,8 und 12,8 Prozent. Die AfD rutschte um mehr als vier Prozentpunkte auf 4,8 Prozent.

Stephan von Dassel (Grüne), Bezirksbürgermeister von Berlin-Mitte.
Stephan von Dassel (Grüne), Bezirksbürgermeister von Berlin-Mitte.
© imago images / Bernd Friedel

Friedrichshain-Kreuzberg

Die bisherige Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) hat dieses Jahr nicht mehr kandidiert, stattdessen bewarb sich ihre Namensvetterin Clara Herrmann für das Amt.

Die Grünen sichern sich ihren Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg mit 34,6 Prozent der Stimmen. Damit legen sie im Vergleich zu 2016 ein Prozent zu. Zweitstärkste Kraft ist wieder die Linke, die ebenfalls ein Prozent zulegt und auf 21,6 Prozent kommt. "So wie es aussieht, konnten wir unsere führende Rolle im Bezirk ausbauen. Das spricht dafür, dass die Friedrichshainer*innen mit uns Grünen den Weg der Verkehrswende, des Klimaschutzes konsequent weitergehen möchten. Ich bedanke mich für das Vertrauen der Wähler*innen", sagte Herrmann.

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Die SPD verliert mehr als zwei Prozent und kommt mit 14,8 Prozent nicht einmal auf die Hälfte des Grünen-Anteils. Die CDU kann ihr Ergebnis von knapp acht Prozent halten, die FDP legt 1,5 Prozent zu und kommt auf 4,7 Prozent der Stimmen. Die AfD fällt auf 3,1 Prozent ab.

Michael Heihsel, Kandidat der FDP im Bezirk freut sich: "Wir freuen uns sehr über den Zuspruch der Xhainer:innen! Das ist ein starkes Signal!"

Monika Herrmann dagegen kandidierte im Abgeordnetenwahlkreis 4 in Friedrichshain-Kreuzberg um das Direktmandat. Doch dort erreichte sie nur den zweiten Platz: Die Linken bekamen 24,7 Prozent der Erststimmen, Herrmann nur 23,8 Prozent.

Lichtenberg

In Lichtenberg führt die Linke mit 24,8 Prozent. Allerdings hat sie im Vergleich zur vergangenen Wahl knapp 5 Prozentpunkte verloren. Bezirksbürgermeister Michael Grunst kann seinen Posten dennoch behalten.

Auf Platz zwei folgt die SPD mit 19,6 Prozent. CDU (13,2 Prozent), AfD (12 Prozent) und Grüne (13 Prozent) folgen mit etwas Abstand auf den Plätzen drei, vier und fünf.

Pankow

Auch im Bezirk Pankow liegt Bündnis 90/Die Grünen vorne, nach dem Ende der Auszählung verzeichnen sie 24,7 Prozent und liegen vor der SPD, die 17,1 Prozent holt.

Die Linken, die aktuell den Bezirksbürgermeister Sören Benn stellen, liegen mit 19,4 Prozent an zweiter Stelle. 2016 lag die Partei noch gleichauf mit den Grünen, mit je 21 Prozent.

Die AfD fällt auf 7,8 Prozent im Vergleich zu mehr als 12 Prozent 2016. Die FDP dagegen kann fast zwei Prozent zulegen und kommt auf knapp 5,8 Prozent.

Reinickendorf

In Reinickendorf liegt die CDU und damit Michael Wegner mit 29 Prozent vorne. Er war schon war schon von 1999 bis 2006 Bezirksstadtrat für Bau-, Grundstücks- und Gebäudemanagement in Reinickendorf und folgt nun Frank Balzer, CDU. Auf Platz zwei liegt die SPD mit 23,8 Prozent, mit etwas Abstand folgen die Grünen auf Platz drei mit 14,3 Prozent

Charlottenburg-Wilmersdorf

Platztausch in Charlottenburg-Wilmersdorf: Die SPD rutscht um drei Prozentpunkte auf Platz 2 mit 22,2 Prozent, die Grünen springen auf den ersten Platz mit 24,8 Prozent.

Ansgar Gusy, Geschäftsführer der Grünen in Charlottenburg-Wilmersdorf, ist mit der Arbeit seiner Partei zufrieden: "In ChaWi haben wir einen großen Straßenwahlkampf gemacht." Es habe viel Interesse an den Themen und Materialien gegeben. Laut Gusy waren Hauptthemen die Wohnungsfrage und Klimaschutz.

SPD-Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann trat bei der diesjährigen BVV-Wahl nicht erneut an, stattdessen hatte sich für die Sozialdemokraten Heike Schmitt-Schmelz beworben. Die Grünen schickten ein Spitzentrio ins Rennen, mit den Kandidatinnen Kirstin Bauch und Dagmar Kempf um Baustadtrat Oliver Schruoffenegger.

Spandau

In Spandau ist das Rennen zwischen SPD (27,6 Prozent) und CDU (27,3) knapp. Die SPD hatte 2016 noch den Bezirk mit 33 Prozent gegenüber 26 Prozent der CDU klar für sich gewonnen.

Bezirksbürgermeister Helmut Kleebank kandidiert jedoch dieses Jahr nicht wieder für das Amt, es zieht ihn in den Bundestag. Statt ihm kann nun die SPD-Frau Carola Brückner Bezirksbürgermeisterin werden.

Die Grünen verbessern ihr Ergebnis und kommen auf 11,9 Prozent, die AfD steht bei 10,2 Prozent.

Der bisherige Bezirksbürgermeister Helmut Kleebank (SPD) auf dem Rathausturm Spandau.
Der bisherige Bezirksbürgermeister Helmut Kleebank (SPD) auf dem Rathausturm Spandau.
© Kai-Uwe Heinrich

Steglitz-Zehlendorf

Bezirksbürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski (CDU) will auf ihrem bisherigen Posten bleiben. Mit dem Ergebnis von 27,2 Prozent ist das auch möglich.

Vergangene BVV-Wahl gewann die CDU mit 28 Prozent, gefolgt von der SPD mit 23 Prozent. Diesmal liegt die SPD mit 21,7 Prozent auf Platz 3.

Die Grünen sind mit 22,4 Prozent zweitplatziert - und freuen sich: Der bisherige Vorsitzende der grünen Fraktion in der Bezirksversammlung, Bernd Steinhoff, ist sich sicher, dass das gute Ergebnis im Bund und im Land sich auch im Bezirk widerspiegeln wird: "Das heißt zwei Stadträte und die stärkste grüne Fraktion eher."  Mit "genial, das ist ein geniales Wahlergebnis" fasst er den Wahlabend zusammen. 

Tempelhof-Schöneberg

Angelika Schöttler (SPD) hat bereits zwei Legislaturperioden als Bezirksbürgermeisterin hinter sich. Dass es nicht für eine dritte reicht, zeigte sich erst in den Morgenstunden: Die SPD liegt 0,1 Prozent hinter den Grünen, die auf 23,6 Prozent kommen. Die CDU schafft es mit 20,8 Prozent auf Platz drei, abgeschlagen liegen Linke (8,8), FDP (7) und AfD (5,8) auf den Plätzen vier, fünf und sechs.

Neukölln

SDP-Bezirksbürgermeister Martin Hikel kann sein Amt verteidigen. Die SPD holt 28,7 Prozent und liegt damit deutlich vor den anderen Parteien, obwohl sie im Vergleich zu 2016 leicht Prozentpunkte verloren hat.

Auf Platz zwei folgen die Grünen mit dem aktuellen Baustadtrat Jochen Biedermann und 17,6 Prozent, knapp gefolgt von der CDU mit Kandidat Falko Liecke, bislang Jugend- und Gesundheitsstadtrat im Bezirk.

Als Martin Hikel das Amt von seiner Vorgängerin Franziska Giffey 2018 übernahm, fürchteten viele einen Linksrutsch der Neuköllner SPD. Der blieb bislang allerdings aus. Stattdessen führt Hikel viele Giffey-Projekte weiter und konzentriert sich politisch auf Themen wie Müll und Verkehr.

Neuköllns Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD).
Neuköllns Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD).
© imago/Christian Ditsch

Treptow-Köpenick

Die SPD gewinnt in Treptow-Köpenick, doch liegt mit 25,2 Prozent knapp unter ihrem Ergebnis von 2016. "Das Ergebnis für die SPD, da sehe ich Licht und Schatten", kommentiert Bezirksbürgermeister Oliver Igel. "Ich hätte mir ein besseres Ergebnis fürs Abgeordnetenhaus gewünscht, auch für unsere Direktkandidatin für den Bundestag."

Für Igel als Bürgermeister dürfte das Ergebnis der BVV-Wahl reichen, dennoch sieht er noch schwierige Gespräche mit den anderen Parteien. Da die Linke stark verloren hat, könnte ein Dreierbündnis zur Wahl des Bürgermeisters nötig werden. 

Philipp Wohlfeil, Fraktionschef der Linken in der BVV, spricht von einem "Trend", dem sich die Linke auch in Treptow-Köpenick nicht habe entziehen können. Die Auswechslung der Spitzenkandidatin mitten im Wahlkampf "hat uns nicht in die Hände gespielt". Ines Feierabend, Staatssekretärin in Thüringen, hatte ihre Kandidatur fürs Bürgermeisteramt im August zurückgezogen.

Die CDU steht bei 13,2 Prozent nur minimal über dem Stand von 2016. Spitzenkandidat Bertram Wieczorek sagt: "Ich bin nicht unzufrieden. Es sieht so aus, dass wir unser Ergebnis im Bezirk halten können. Für einen Stadtratsposten reicht es auf jeden Fall." 

Gewinner des Abends sind die Grünen, die 4,1 Prozentpunkte zulegen konnten und auf 13,7 Prozent kommen. "Wir freuen uns sehr, dass wir so zugewinnen konnten, toll, dass wir vor CDU und AfD liegen", sagt Claudia Leistner, die bislang als Referentin für die grüne Fraktion im Abgeordnetenhaus arbeitet. Sie will Stadträtin werden.

Verlierer des Abends ist dagegen die AfD, sie rutscht von gut 20 auf 11,9 Prozent ab und verliert ihr Direktmandat fürs Abgeordnetenhaus. Spitzenkandidat Alexander Bertram ist dennoch ganz guter Dinge. Man habe sich "ein bisschen mehr gewünscht", aber die AfD stehe in Treptow-Köpenick weiterhin "stabil da", im Vergleich zu anderen Bezirken. Es habe eben "viel Gegenwind" gegeben.

Marzahn-Hellersdorf

In Marzahn-Hellersdorf war es ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen CDU und SPD. Dort führt am Ende die CDU mit 20,8 Prozent und somit Nadja Zivkovic. Sie ist aktuell die Bezirksstadträtin für Wirtschaft, Straßen und Grünflächen, und kann die bisherige Bezirksbürgermeisterin Dagmar Pohle von der Linken vom Chefinnen-Posten verdrängen - wenn sie denn eine Mehrheit für sich in der BVV organisieren kann. Abseits aller Politikersätze sagt Zivkovic ganz unumwunden: "Ich bin echt baff, hätte ich nicht gedacht."

[Lesen Sie mehr bei Tagesspiegel Plus: Im Osten was Neues: Wie die CDU im Berliner Osten die Linke ablösen will]

Die SPD liegt in Marzahn-Hellersdorf auf Platz zwei mit 20,3 Prozent. Die CDU konnte sich im Vergleich zur vergangenen Wahl um 3,5 Prozentpunkte steigern, während die Linke mit 6,3 Prozentpunkten beträchtliche Verluste hinnehmen muss und lediglich auf Platz drei liegt. Die AfD kommt auf 16,9 Prozent und hat damit im Vergleich zum vergangenen Mal 6,7 Prozentpunkte verloren.

"Der harte Kern ist noch da", erzählt Zivkovic bei einem Telefonat gegen Mitternacht und meint die Wahlparty der Wuhletal-CDU in einem Autohaus. "und wir alle starren auf den Bildschirm." Und können es selbst nicht fassen? "Ja, wirklich!" Ein Erfolg sind die Ergebnisse für die CDU in jedem Fall, wahrscheinlich stärkste Kraft in der Bezirksvertretung, dazu nimmt Mario Czaja der Dauersiegerin Petra Pau von der Linken das Direktmandat für den Bundestag ab. 

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