Vor dem geplanten Mietendeckel in Berlin: „Aufforderung zu Mieterhöhungen ist skurril“
Hausverwalter empfehlen Eigentümern, noch schnell die Preise anzuheben, bevor Berlins Senat den Mietendeckel beschließt. Die Politik kritisiert das.
Die Ankündigung von Berliner Hausverwaltern, in den kommenden Tagen Mieterhöhungsankündigungen versenden zu wollen, stößt in der Politik auf Kritik. "Ich finde es skurril, dass ein Vermieterverband seine Mitglieder dazu aufruft, kurzfristig die monatlichen Preise zu erhöhen", sagt Christian Gräff, wohnungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, dem Tagesspiegel.
Die Aufforderung entspricht laut Gräff nicht dem guten Umgang, den viele der rund 1,5 Millionen Kleinvermieter in der Stadt mit ihren Mietern pflegten. Dennoch ist der CDU-Politiker besorgt, dass es bis 18. Juni zu einer Welle von Mieterhöhungen kommen könnte. Dann will der Senat die Eckpunkte des geplanten Mietendeckels beschließen, der die Wohnungspreise fünf Jahre lang im Zaum halten soll. Auch moderate Mieterhöhungen für sinnvolle Modernisierungen könnten im Anschluss für Vermieter schwierig durchzusetzen sein.
FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja nimmt an, dass allein die jetzige Debatte zu steigenden Mieten führen dürfte. Bereits vor der Einführung der Mietpreisbremse vor ein paar Jahren sei zu beobachten gewesen, wie vielerorts die Preise in die Höhe schnellten, weil Vermieter die Folgen des Gesetzes fürchteten. "Statt einer Diskussion über ein Vorhaben, das auf rechtlich wackeligen Beinen steht, müssen wir uns über die richtigen Instrumente für Berlin unterhalten", sagt Czaja dem Tagesspiegel. Die FDP fordert eine "kostensenkende Neubauoffensive" und eine Halbierung der Grundsteuer.
Generell fällt Mietrecht in den Aufgabenbereich des Bundes. Ob das Land Berlin hier also ein Gesetz erlassen kann, gilt als fraglich. "Es ist unklar, ob ein Mietendeckel verfassungsrechtlich machbar ist", sagt auch CDU-Politiker Christian Gräff.
Mieterhöhungen nach dem 18. Juni könnten ungültig sein
Eigentlich soll das von der rot-rot-grünen Koalition angestrebte Gesetz dabei helfen, die Mieten auf gleichbleibendem Niveau zu halten. Inkrafttreten soll es erst im kommenden Jahr, jedoch geht etwa der Chef des Berliner Mietervereins, Reiner Wild, davon aus, dass eine Verordnung zur Deckelung der Mieten "rückwirkend zum Datum des Senatsbeschlusses gelten wird". Allenfalls bis zum 18. Juni hätten die Vermieter demnach noch Zeit für Mieterhöhungen. Spätere Erhöhungen wären ungültig.
Wie der Tagesspiegel am Wochenende berichtete, hatte beispielsweise der mittelständisch geprägte Verband Haus und Grund seine Mitglieder gedrängt, Mieterhöhungen zu verschicken. "Ich fordere alle vermietenden Eigentümer in Berlin auf, die Mieten zu erhöhen", sagte der Chef des Berliner Landesverbandes, Carsten Brückner. Der Verband schlägt Vermietern vor, kurzfristig ihren ganzen Spielraum für Mieterhöhungen zu nutzen – 15 Prozent innerhalb von drei Jahren.
Der von der rot-rot-grünen Koalition in Berlin angestrebte Mietendeckel könnte also zunächst genau das Gegenteil von dem bewirken, wofür er eigentlich vorgesehen ist. Weil erst vor wenigen Wochen der neue Mietspiegel mit abermals gestiegenen ortsüblichen Vergleichsmieten veröffentlicht wurde, ist ohnehin wieder Spielraum für Erhöhungen.
Ausnahmen für energetische Sanierungen gefordert
Während die FDP die Debatte um die Mietenstopp in Gänze ablehnt, fordert die CDU klare Regelungen für das Vorhaben. "Der Deckel darf nicht greifen, wenn mit steigenden Wohnungspreisen etwa klimagerechte Sanierungen oder Umbauten für alte Menschen in Häusern umgesetzt werden", sagt Christian Gräff. "Das Gesetz darf kein Bürokratiemonster sein, das Vermieter, die etwa einen Fahrstuhl für ältere Hausbewohner einbauen wollen, abschreckt."
Bisher sind noch keine konkreten Details über die Ausgestaltung des Mietendeckels bekannt. Es wird davon ausgegangen, dass der Senat am 18. Juni nur Eckpunkte verabschiedet, die noch Varianten enthalten. Wie aus Koalitionskreisen verlautet, favorisiert Rot-Rot-Grün aktuell ein Modell, dass die Mieten für fünf Jahre einfriert. Hausbewohner, die allerdings verglichen mit dem Mietspiegel schon jetzt zu viel zahlen, sollen zusätzlich das Recht bekommen, ihren Monatspreis zu senken.
Nach Einschätzung der Grünen würde diese Variante drastischen, kurzfristigen Erhöhungen die Grundlage zu entziehen. "Das Gesetz muss dreisten Vermieter, die vor Inkrafttreten noch schnell ihre Mieten verdoppeln, später dazu zwingen, sie wieder zu senken", sagt Fraktionsvorsitzende Antje Kapek zum Tagesspiegel. Die Ankündigung von Haus und Grund zeige aber, wie dringend Berlin den Mietendeckel brauche - "nämlich, um solchen profitorientierten Umtrieben einen Riegel vorzuschieben".
Beim Berliner Mieterverein war bis zum Wochenende kein ungewöhnlich hohes Aufkommen von Mieterhöhungen bekannt. Erfahrungsgemäß brauche dies aber seine Zeit, sagt Reiner Wild.
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