Flüchtlinge in Berlin: Auch Privatschulen richten bald Willkommensklassen ein
Auch freie Bildungsträger richten jetzt Lerngruppen für Flüchtlingskinder ein. Die Zahl der Willkommensklassen hat sich seit 2012 bereits verdreifacht.
In Zukunft wird es auch an Privatschulen in Berlin Willkommensklassen geben. In diesen Klassen werden Kinder aus Einwanderer- und Flüchtlingsfamilien ohne Deutschkenntnisse unterrichtet, bis sie in Regelklassen integriert werden können. Das teilte die Senatsbildungsverwaltung am Freitag mit. Schulen der Evangelischen Schulstiftung, des Erzbistums Berlin, des Bundes der Waldorfschulen und das Canisius-Kolleg haben sich demnach bereit erklärt, solche Lerngruppen einzurichten.
Seit Dezember habe es dazu Verhandlungen zwischen freien Trägern und der Senatsverwaltung gegeben. „Die Bildung von Flüchtlingskindern ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe – eine Aufgabe, der sich alle Berliner Schulen stellen sollten, sowohl die öffentlichen als auch die Schulen in freier Trägerschaft“, sagte Senatorin Sandra Scheeres (SPD). Bereits jetzt würden auch an Privatschulen Schüler aus Flüchtlingsfamilien unterrichtet, allerdings nicht in Willkommensklassen.
Die Zahl dieser – wie sie offiziell heißen – „Lerngruppen für Neuzugänge ohne Deutschkenntnisse“ hat sich in Berlin nach Angaben der Senatsverwaltung seit 2012 verdreifacht. In diesen Gruppen, an denen höchstens zwölf Schüler teilnehmen sollen, wird intensiv Deutsch unterrichtet. Nach spätestens einem Jahr sollen die Schüler so gute Sprachkenntnisse haben, dass sie dem Unterricht in Regelklassen folgen können.
An 166 öffentlichen Schulen gibt es derzeit Willkommensklassen, 317 Gruppen waren es im Dezember. Viele Schulen stoßen mittlerweile an ihre Grenzen, vor allem, was die Räumlichkeiten betrifft. Besonders eng ist die Situation in Lichtenberg. Wie berichtet, warten im Flüchtlingsheim an der Herzbergstraße Kinder teilweise seit Oktober auf einen Schulplatz. Jetzt soll eine Notlösung her: Nach den Winterferien erhalten sie Unterricht in Räumen ganz in der Nähe der Unterkunft.
An dem Heim ist an diesem Freitagvormittag kaum jemand zu sehen. Hin und wieder schauen Bewohner hinterm Vorhang hervor. Bunte Wäsche hängt zum Trocknen aus dem Fenster und verleiht dem sonst recht tristen Gebäude ein paar Farbtupfer. Die zukünftigen Unterrichtsräume befinden sich im Vorderhaus, über dem Foyer, in einem fabrikähnlich aussehenden Backsteingebäude.
„Es ist doch super, dass es für unsere Kinder jetzt endlich losgeht“, sagt ein Mitarbeiter aus dem Flüchtlingsheim. Dass die Schüler nicht an Regelschulen untergebracht werden – und damit auch nicht mit anderen Schülern in Kontakt kommen – sieht er nicht als Problem: Für die Kinder ist die Herzbergstraße ohnehin nur eine Übergangsstation, weil die Familien in der Erstaufnahmeeinrichtung nur wenige Monate bleiben. Die meisten Bewohner kommen aus Syrien, einige auch aus Balkanstaaten, sagt der Sozialarbeiter. Die Hauptsache sei, dass die rund 60 Kinder jetzt die Zeit sinnvoll verbringen und auf die Schule vorbereitet werden. Die benachbarte Schule am Grünen Grund organisiert den Unterricht. Wie es in den künftigen Klassenzimmern aussieht, weiß der Mitarbeiter allerdings nicht: „Wir haben noch keine Schlüssel.“ Sylvia Vogt/Martin Niewendick