Droschken in Berlin: Auch Kutschpferde haben ein Recht auf Pause
Bei Hitze sollen Pferde alle zwei Stunden eine Ruhepause einlegen, doch in Berlin halten sich nicht alle Kutscher daran. Eine CDU-Politikerin schlägt sogar einen freien Tag pro Woche vor.
Kutschfahrten durch die Innenstadt sind vor allem bei Touristen sehr beliebt. In Berlin sind gut zwei Dutzend Kutschen und Gespanne registriert. Was die einen mit Romantik und Entschleunigung im Großstadtdschungel gleichsetzen, ist für andere Klamauk und Tierquälerei.
Die Pferde müssen nämlich Ruhezeiten erhalten. Besonders an heißen Tagen sind die Kutscher verpflichtet, ihre Pferde regelmäßig aus dem Droschkenverkehr herauszunehmen. Offenbar verstoßen viele Betriebe gegen geltende Richtlinien, wie der Tierschutzbeauftragte Horst Spielmann jetzt mitteilte.
An den heißen Tagen Anfang Juli habe der für Mitte zuständige Amtstierarzt Ulrich Lindemann festgestellt, dass mehrere Kutscher eine besondere Ruheregelung für ihre Pferde nicht eingehalten hätten. Diese Pausensonderregelungen seien offenbar nicht allen Kutschern bekannt gewesen. „Der Amtsveterinär hat Belehrungen durchgeführt, einige Ordnungswidrigkeiten festgestellt und Nachkontrollen angekündigt“, sagte Carsten Spallek (CDU), zuständiger Bezirksstadtrat in Mitte.
2009 hatte der Senat den Kutschern rechtliches Zaumzeug angelegt: die „Berliner Leitlinien für Pferdefuhrwerksbetriebe“. Die Kutscher müssen volljährig sein sowie Führerschein und ein Fahrabzeichen aus dem Pferdesport vorweisen. Sie müssen in einem Fahrtenbuch die Einsatz- und Pausenzeiten dokumentieren. Das zulässige Gesamtgewicht der Kutsche darf die doppelte Summe der Körpergewichte der Pferde nicht übersteigen.
Ein freier Tag pro Woche für die Pferde?
Die Pferde selbst müssen mindestens fünf Jahre alt sein, einen „rutschfesten Rundumbeschlag“ und „zugelassene Fahrgebisse“ tragen. Sie dürfen nicht länger als neun Stunden im Einsatz sein – inklusive An- und Heimfahrt. Die Kutscher müssen ihnen Pausen gewähren: Während der Einsatzzeit brauchen die Tiere mindestens zwei Pausen von mindestens einer halben Stunde oder eine Pause von mindestens einer Stunde „zur ungestörten Futter- und Wasseraufnahme“. Die erste Pause muss spätestens vier Stunden nach dem Anspannen erfolgen, an heißen Tagen mit Werten von 30 Grad im Schatten ab 10 Uhr vormittags alle zwei Stunden. Die Kutscher müssen Tränkeimer, Trinkwasser und Futtermittel mit sich führen.
Im November debattierte das Abgeordnetenhaus lebhaft über Kutschfahrten. Die Piraten forderten ein Verbot in der Innenstadt. Pirat Philipp Magalski sagte, die Kutscherei sei Tierquälerei „allein zum Amüsement gut betuchter Touristen“. Auch die Grünen-Tierschützerin Claudia Hämmerling kritisierte, die Tiere müssten sich durch dichten Straßenverkehr quälen und täglich vom Stadtrand bis in die City laufen.
Die Koalition wies ein Verbot zurück. SPD-Politiker Daniel Buchholz sagte, dass mit den Leitlinien eine Marktbereinigung unter den Kutschbetrieben stattgefunden habe. Die CDU-Politikerin Cornelia Seibeld äußerte einen Verbesserungswunsch: einen freien Tag pro Woche für die Pferde, an dem sich die Tiere auf der Koppel „frei von Menschen“ bewegen könnten.